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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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Ulrich eingestellt hatte. Nur die Himmelschmeckernase war ihm geblieben. Drei Monate hatte er mit ausgerenkten Gliedern auf Anweisung von Philipp noch im Kerker verbringen müssen. Die Finger hatten sie ihm auch gebrochen. Nie mehr würde er seinen Beruf ausführen können. Der baumlange Diener, der ihm von der Kutsche in einen Rollwagen half, war Severin. Er hatte wieder einmal die Dienststelle gewechselt.
    Barbara in der Ecke und die Wehfrau auf der Bettkante waren eingenickt und schreckten hoch, als Anna schrie. Ihr Leib schien nur noch aus Schmerz zu bestehen.
    »Leg dich nieder. Du musst kaum noch Kraft haben.« Barbara stützte sie.
    »Ich kann nicht mehr«, keuchte Anna.
    »Ich weiß«, sagte die Wehfrau. »Ihr kommt in die Austreibung, da wollte sich noch jede davonmachen.«
    Eine Wehe folgte der nächsten.
    »Bringt eine Brühe, Barbara, und etwas Xocotlatl, damit sie wieder zu Kräften kommt. Und verlangt nach der Frau des Stallmeisters.«
    »Die Frau des Stallmeisters?«, fragte Barbara.
    »Sie hat mit schwierigen Tiergeburten Erfahrung. Das Kind hat sich noch mal gedreht.«
    Barbara eilte davon. Nur verschwommen verfolgte Anna alles. Als sie die Augen wieder öffnete, standen drei Salige um ihr Bett. »Virginia, Sidonia und Bianka?«, rief sie. Doch sie waren es nicht, Anna gab sich erneut einer Wehe hin. Als sie wieder aufsah, wischte ihr Barbara den Schweiß ab und ließ sie an einem nassen Lappen saugen. Die Stallmeistergattin drückte auf ihrem Leib herum, während die Wehfrau zwischen ihren Beinen stocherte.
    Plötzlich drängte etwas gewaltig nach unten, zerrte sie auseinander.
    »Der Kopf. Pressen, Gräfin, pressen.«
    »Gleich, Anna, hast du es hinter dir, los.«
    »Schert euch alle zum Teufel«, schrie sie und bäumte sich auf, ihre Augen drohten aus den Höhlen zu quellen.
    Die Frauen stießen Gnadengebete zum Himmel und liefen hinaus. »Die Herrin redet vom Leibhaftigen«, hörte Anna sie hinter der Tür mit Heinrich sprechen, der dort anscheinend ausgeharrt hatte. Endlich war sie allein in der Kammer. Sie ließ sich in die Kissen sinken und drückte mit der nächsten Wehe sanft nach vorne. Etwas glitt aus ihr heraus. Es schrammte brennend, als teilte es sie mitten durch. Ein Geräusch setzte ein, ein Quäken wie von einem kleinen Kätzchen, dann kräftiger und lauter. Genauso hätte es Bianka nachgeahmt.
    Heinrich trat leise ans Bett, schloss das Kind in die Arme und küsste Anna sanft. »Ein Mädchen, Liebste, sie ist jetzt schon so schön wie du.«
    Dann schlief sie ein. Und als sie wieder zu sich kam, flößte ihr Barbara eine Suppe ein, die Severin angewiesen hatte. Eine Amme sorgte sich um die Kleine. Dabei wollte Anna anders als ihre Mutter nur für ihr Kind da sein. Wie oft in ihrem Leben würde sie noch schwach im Bett liegen und umsorgt werden müssen?

8. Der Kaiser
    »Schade, dass du dein Stundenbuch im Kloster gelassen hast, Anna.« Viele Stunden hatte Barbara nun ihrer Lebensgeschichte gelauscht.
    »Ich habe ein neues Buch begonnen, für die Zeit in Freiheit und mit meinen Liebsten. Dazu gehörst auch du, sieh her.« Anna zeigte ihr die Zeichnung, die sie von Barbara gemacht hatte, wie sie an ihrem Bett mit offenem Mund eingenickt war.
    »O, als Bildnis zur Brautschau kommt das wohl nicht in Frage.« Barbara lachte und blätterte weiter. Bei der Porträtzeichnung Hörmanns verdüsterte sich ihre Miene. »Es ist als hättest du die Seele meines Bruders festgehalten oder das bisschen, das die Folter ihm noch gelassen hat. Und wer ist das?« Sie zeigte auf eine vielfach überkritzelte Zeichnung.
    »Ach, da habe ich versucht Kaiser Rudolf von einer Münze abzuzeichnen. Hoffentlich unterstützt er uns weiterhin im Kampf gegen das Papsttum.« Anna sinnierte. »Seinem Vorgänger wollte mein Vater die Rezeptur für das todbringende Feuer geben. Ich habe doch erzählt, dass er es nur mir anvertraut hat, oder?«
    »Ja, dein Vater wollte dich als Gehilfin aus dem Kloster locken.«
    Barbara hatte gut zugehört. »Wie schön, Anna, es geht dir besser.« Sie umarmte sie freudig und sprang auf. »Dann werde ich Severin gleich bitten, eine neue Suppe aufzutragen.« Barbara eilte hinaus.
    »Nein, warte«, rief ihr Anna hinterher. Aber Barbara war schon weg. Der Kaiser, woher wusste Philipp von der Rezeptur? Plötzlich begriff sie. Vater wollte ihm die Kaiserrezeptur nicht anvertrauen. Auch wenn ihr Bruder sich als Alchimist stümperhaft angestellt hatte, so war er doch zugegen gewesen, als sie

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