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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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Pavillon bewegte sich etwas. Kellenbenz duckte sich flach auf das Dach und spähte hinunter. Rührte sich die Statue und drohte mit dem Dreizack? Kellenbenz wollte sich schon aufrichten, da löste sich aus dem Schatten der Steinfigur etwas Grauenvolles. Ein Schauder durchflutete Kellenbenz. Der Teufel, schwarz und mit riesigen Hörnern trat hervor. Würde er ihn mit einem Feuerstrahl vom Dach werfen? Kellenbenz zwang sich genauer hinzusehen. Der Höllenfürst trug einen Rock, nein, eine Kukulle, Kellenbenz begriff: Wasti war auferstanden! Es war der Novize, den er F getauft hatte. Er hatte sich Wastis Gehörn aufgesetzt und sein Fell übergestülpt. Kellenbenz war vor seinem eigenen Werk erschrocken.
    Hier sollte also das Spektakel stattfinden. Hoffentlich sah F nicht aufs Dach. Kellenbenz duckte sich flach auf die Dachziegel. Im ersten Stock des Wohnhauses öffnete sich ein Fenster und ein kleines Licht, wie von einem Kienspan, flackerte auf und erhellte das Gesicht eines Kindes! Bis an die Kehle schlug sein Herz. Eigentlich müssten davon auch die Ziegel pochen. Das Kind beobachtete den Teufelsmönch, genau wie er. Ob es rote Haare hatte, konnte Kellenbenz nicht erkennen.
    F schien sich sicher zu fühlen. Er sprang über die Labyrinthhecken, stakste quer durch den Garten bis zum Wasserbecken und betrachtete sein Spiegelbild. Er rückte das Gehörn gerade und sah plötzlich zum ersten Stock hinauf. Sofort verschwand das Kindergesicht, das Licht verlosch. F hielt sich die Hörner und hechtete unter die Arkaden, seine Kukulle flatterte um seine breitmauligen Schuhe. Wastis Hufe klapperten um seinen Leib. Dann wurde er von der Dunkelheit verschluckt. Lauerte er unter dem Gewölbe oder war er irgendwie ins Haus gelangt? Kellenbenz musste auch hinein und Bianka herausholen, bevor ihr F etwas antat.
    Doch wie sollte er vom Dach ins Wohnhaus klettern? Er fixierte das Portal, würde Bianka gleich herauskommen? Sie kannte doch Wasti, aber auch er selbst hatte sich erschreckt. Womöglich lief sie dem Teufel einfach so in die Arme? Die Mondsichel stand ruhig und klar am Himmel, einzelne Sterne funkelten. Was ging im Hause vor sich? Die Erschöpfung machte sich in ihm breit. Seine Augenlider wurden schwer. Er ruckte an seinen Gliedern, tausend Ameisen schienen seine Beine hochzukrabbeln.
    Die Glocke von St. Ulrich und Afra schlug. Einmal, zweimal. Den dritten Schlag hörte er nicht mehr. Er sah sich selbst flink vom Dach springen und unten weiter über die Büsche des Labyrinths hüpfen bis zu einem beleuchteten Fenster im Erdgeschoss, das nur angelehnt war. Er stieg hinein und wurde geblendet. Die Wände des Zimmers waren aus Leder mit Goldfäden durchwirkt, der Boden wie Wolken und im glitzernden Himmelbett türmten sich seidene Kissen. Ein Rotschopf lag darin. Kellenbenz weinte vor Freude, seine Tränen fielen auf die Kissen und wuchsen zu silbernen Blumen. Er hob die schlafende Bianka an, wollte sie in seine Schaube wickeln, da drehte sie sich um. Er blickte in die Fratze des Ziegenbocks, der Biankas Haare trug. Wasti fletschte die Zähne, begann zu schreien, hoch und schrill. Kellenbenz wandte sich ab …
    … und fiel fast vom Dach. Er musste eingenickt sein. Er zog sich wieder über die Traufe. Da schrie wirklich jemand, mehrmals hintereinander, dann war es wieder still. Kellenbenz hielt es nicht mehr aus. Er lockerte einen Dachziegel, zog ihn heraus, stapelte so mehrere Platten auf dem Dach. Er lugte durch das freigelegte Loch in absolute Finsternis und schnupperte hinein. Ein schwacher Duft nach Sommer stieg ihm in die Nase. Konnten diese Reichen jetzt schon Wiesenblumenessenz herstellen lassen, um damit ihre Salons zu besprengen? Er lauschte hinunter, hörte ein Schnauben und Rascheln. Es half nichts, er zwängte sich zwischen den Dachlatten durch die Öffnung, rutschte ab und fiel. Schon glaubte er, es wäre um ihn geschehen, er würde irgendwo aufschlagen. Doch er landete weich, mitten in einem Heuhaufen. Am liebsten wäre er liegen geblieben, hätte seine Glieder entspannt. Ein Pferd wieherte, unter ihm befand sich der Stall. So wie es vom Dach ausgesehen hatte, waren alle Häuser miteinander verbunden. Er wollte durch eine Luke über die Leiter nach unten klettern, als er den Fuggerdiener hereinkommen sah. Er zerrte eine kreischende Frau in einem blutbespritzten Nachthemd mit sich. Ihre Zöpfe peitschten hinter ihr her, leuchteten im Mondlicht, das durch die geöffnete Stalltür fiel. Kellenbenz sah die Umrisse

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