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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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einen Schleier mit dem dicken grünen Strich auf Scheitelhöhe, wie es die Kleiderordnung für Hübschlerinnen vorschrieb. Kellenbenz sah, dass das Gesicht der Frau über und über getupft war wie das von Bianka. Der Schmerz überrollte ihn, er wandte sich ab.
    »He, bleib da.« Der Geck hielt ihn zurück. »Sollen wir schauen, ob wir für dich auch eine finden, oder willst du gleich diese?« Er wollte ihn ins Haus hineinziehen aus dem helles Frauenlachen erklang. Ob auch eine dralle Hellhaarige mit dicken Zöpfen dabei war?, fragte sich Kellenbenz.
    Der Jüngling begann ein Lied zu trällern:
     
    »Jesuiter in Teufels Gestalt,
    ward erstochen von Weibergewalt,
    darum hüt’ dich vorm schwarzen Rock,
    trägt er Hörner dazu, wie ein Bock,
    nicht der Satan ist’s, der da stiert,
    ein Jesuiter hat sich drunter verirrt.
     
    Wenn der Teufel schleicht in dein Haus bei der Nacht,
    zu bekehren dein luther’sches Wesen mit Macht,
    heb nie seinen schwarzen Rock empor,
    dort lugt kein Teufelsschwanz hervor,
    sondern eher unbedeutend klein,
    der eines armen Jesuitenlein.«
     
    Alle lachten und grölten, eine Schwarzhaarige, die nur noch ihren Schleier trug, kletterte vom Schoß eines Mannes und kam auf Kellenbenz zu. Er erschrak, als er den baumlangen Fuggerdiener erkannte, der die Frau am Schleier wieder zu sich zurückziehen wollte.
    War es eine Falle? Kellenbenz hastete zu seiner Karre zurück.

27. Der Schlangenbiss
    Anna bat die Mägde, mit dem Servieren des Frühstücks zu warten, und breitete ihr Werk auf der Tafel aus, platzierte an den Enden, links und rechts, eine Obstschale. Von Weitem gesehen zog sich eine gleichmäßige gezackte Linie über die Länge des Tisches. Eine Altardecke durfte nicht zum Speisen benutzt werden, das war Anna bewusst. Sie würde sie gleich zusammenfalten, wenn sie sie ihrer Mutter gezeigt hatte, doch es gab sonst keinen geeigneten Tisch mehr im Haus. Endlich hörte sie die Stimme ihrer Mutter im Stiegenhaus, sie sprach mit jemandem.
    »Ihr meint, man muss dafür sorgen, dass der Teufel nur einen eingeschränkten Spielraum bekommt?«
    »Schnelligkeit, Raffinesse und reichlich Erfahrung sind der Vorteil der Buhlschaft gegenüber dem einfachen Menschen, Gnädigste.« Die Stimme des Paters, Anna seufzte, er kam also schon nach der Frühmesse mit. Canisius auf nüchternen Magen, das war hart.
    »Wir allerdings, von uns Gottberufenen einmal abgesehen, können nichts, was auf magische Fähigkeiten beruht und so stiftet der Höllenfürst die Hexen zu Tierverwandlung, Hexenflug und Sabbat an. Er lockt sie mit seiner stärksten Waffe …«
    »Bitte, Pater Canisius, tretet ein.« Annas Mutter öffnete die Salontür. »Er …, er hat eine Waffe? Ihr meint seinen Ofenspieß?«
    »Das ist nur Beiwerk, Gräfin. Sein stärkstes Geschütz ist die Verblendung. Damit verführt der Satan nicht nur die Schwachen, sondern versucht auch die Frommen.«
    Ursulas Blick fiel auf den Tisch. »Seht doch, Pater, was meine Drittälteste wieder gemacht hat.« Sie traten näher. »Die Muster sind für den gedachten Zweck vielleicht etwas zu farbenprächtig, was meint Ihr?«
    Pater Canisius, der etwas ungehalten schien, weil er bei seiner Predigt unterbrochen worden war, betrachtete die Tischdecke und nickte beiläufig.
    »Diese winzigen verschlungenen Verzierungen, sind die dir alle einfach so eingefallen?«, fragte Ursula und strich mit den Fingerspitzen über die Tischdecke.
    Anna strahlte. Ihre Mutter hob die Obstschale, um das Ende der Bordüre zu betrachten und stöhnte auf. Ein züngelnder Schlangenkopf sprang ihr entgegen. Die Formen waren so plastisch gestickt, dass sie sich aus der Decke zu erheben schienen. Ursula bekreuzigte sich hastig.
    Sie ist katholisch geworden, dachte Anna. »Das ist die Schlange aus dem Paradies«, versuchte sie zu erklären. »Ich hörte gestern, wie Ihr davon spracht, Hochwürden. Und am Kopfende«, Anna hob den Kerzenleuchter und zeigte es, »sind Adam und Eva.«
    »Anna!«, fuhr sie ihre Mutter an.
    »Mit einem Feigenblatt, Mutter, natürlich, aber das grüne Garn war aus, ich war so bei der Sache gestern, da habe ich ein rotes Garn genommen, jetzt schaut es ein bisschen so aus, als hätte jemand Adam da …, da hineingebissen.«
    Ihre Mutter hielt sich am Korsett und stützte sich schnaufend am Diwan ab. Stumm hatte Canisius alles betrachtet, schritt Annas Werk vom Schlangenkopf bis zum Paradiesbild ab.
    »Ruht Euch ein bisschen aus, Gräfin«, sagte er. »Und überlasst mir

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