Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
Vom Netzwerk:
einen weiteren Teufelsspuk? Nein, das durfte nicht sein.
    Mit zittrigen Händen wischte sie sich die Augen. Das Gestammel des Mannes klang ihr noch in den Ohren und drang in ihr Herz. Sie hob etwas Helles auf, das zu ihren Füßen lag wie eine versteinerte Träne. Ein Lederband mit einem kleinen weißen Anhänger.

38. Das Fuggerlachen
    Hoffentlich hatte das Mädchen im Wehrgang seine Warnung verstanden und floh. Gleich würde er, auch wenn der Leibdiener sich schützend vor den Fugger warf, zustechen und zustechen, bis der letzte Tropfen Blut aus dem Ungeheuer gewichen war. Der schien nichts bemerkt zu haben, hakte eine Fackel aus der Wand. Geschickt schob Kellenbenz den Dolch wieder in den Ärmel. Ein Gedränge im Wehrgang, weiter nichts. Sie stiegen den Turm nach unten und gelangten in ein weitläufiges Gewölbe.
    Ganz aus Gold, wie in seinem Traum auf dem Dach, sah es in dem Herrenhaus nicht aus, wenn auch alles vielfarbig verziert und behängt war. Teppiche, Bilder, Fenster. Die Fugger mussten sich keine Schweineblasen in die Luken stellen wie die Handwerker, die diesen ganzen Prunk herstellten. Wenigstens schön hatte es Bianka hier gehabt, wenn sie nicht irgendwo eingesperrt gewesen war. Kellenbenz stöhnte laut.
    Schwere Stoffe waren über blinde Fenster drapiert. Ein leerer Vogelkäfig hing am Fenstergriff. Ob dem Fugger der gelbe Vogel entflogen war? Überall waren Kerzen in Glaskelchen aufgestellt und tauchten den Keller in warmes Licht. Tiegel und Glaskolben in allen Größen füllten die Borde. Zwischen den Retorten und Kühlhelmen mit langen Glasnasen ragte das Ofenrohr des Athanors hervor. Vor ihnen lag ein riesiges Buch aufgeschlagen auf einem Tisch, ein großes Stundenglas stand daneben. Ja, deine Zeit ist abgelaufen, Fugger, dachte Kellenbenz.
    »Herr Graf, der Kürfner wäre da!«, rief der Diener. Kellenbenz kniff die Augen zusammen und erkannte im hinteren Teil des Gewölbes unter einem weiteren Kreuzbogen ein federgeschmücktes Barett auf einer breiten Schaube. Der Fugger drehte ihnen den Rücken zu. Die weiße Straußenfeder trug er nicht, sondern eine kleinere von einem braunen Vogel, auch war er anders gekleidet als damals. Aber diese Reichen zogen sich alle paar Wochen um und verheizten wahrscheinlich ihre alten Sachen.
    »Gehe Er nur vor.« Der Diener schubste Kellenbenz in die Turmkammer und schloss die Tür hinter sich, um wieder nach oben zu steigen.
    Sollte es so einfach sein? Er allein mit dem Grafen. Der Fugger hielt sich wohl für unverwundbar, ganz ohne Wachen, das hatte Kellenbenz schon in der Teufelsnacht gewundert, als er glaubte, Bianka am Fenster gesehen zu haben. Aber es konnte auch dieses größere Mädchen gewesen sein. Doch er wischte alle Zweifel beiseite, legte den Hirschkopf auf das aufgeschlagene Buch und zog den Dolch. Er stieg über Rollen, Kisten und Zuber und schlich sich, den Blick fest auf das Barett geheftet, an. Der Graf wirkte gedrungener, seine Schulter fielen steil ab. Damals in der Abenddämmerung auf dem Pestberg hatten sein Haar und Bart golden geleuchtet. Von hinten konnte man nun gar keine Haare erkennen, auch schien er keinen Hals zu haben. Vielleicht färbten die Patrizier sich jetzt auch schon selbst, mal Gold, mal Silber, mal Schwarz, mal rasiert, mal mit Perücke. Er war ganz einfach fetter geworden, beruhigte sich Kellenbenz. Um so weniger würde er sich wehren und umso leichter würde es sein, ihn zu töten.
    »Bringe Er das Tier nur herbei«, erklang eine Stimme. Ja, kein Zweifel, das war die Stimme des Grafen. Kellenbenz hob den Silberdolch hoch über das Barett. Er würde ihn in den Hals stechen und während er ausblutete, sollte er ihn um Verzeihung bitten, für das, was er Bianka angetan hatte. Kellenbenz stolperte über ein paar leere Flaschen. Es klirrte. Er fing sich am Athanor ab, verbrannte sich. Er fluchte stumm, der Dolch fiel ihm aus der Hand. Das Lachen ertönte, genau dasselbe Lachen wie auf dem Pestberg, mit dem der Graf den Pater verhöhnt hatte, der Bianka für eine Katze gehalten hatte. Kellenbenz bückte sich, suchte zwischen Kisten und Büchern nach dem Dolch.
    »Sei Er nur vorsichtig, hier geht es sich nicht leicht. Aber ich habe den Dienern verboten aufzuräumen. Wer Ordnung hält, lässt seine Vorstellungskraft verkümmern«, brabbelte der ahnungslose Fugger. Zwischen Buchseiten aufblitzend, entdeckte Kellenbenz den Dolch und griff ihn hastig. Er holte aus und stieß mit ganzer Kraft, seiner unendlichen Wut und seinem

Weitere Kostenlose Bücher