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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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sekundierte der Onkel. »Sehr bescheidene!«
    »Sie frönen keinem Laster! Nicht der Trunksucht, nicht der Eitelkeit, nicht der Habgier!«
    »Nein! Keinem einzigen Laster!«
    Zacharias richtet sich zur ganzen Größe auf, so wie er das jeden Sonntag bei der Predigt tat, wenn er hoch zur Kanzel schritt, um seine Gemeinde über Gottes Willen zu belehren. Für diese Augenblicke, da er sich ereifern konnte, bis ihm Schaum in die Mundwinkel trat und sein Kopf so rot anschwoll, dass man meinte, er würde platzen, lebte er. Nun gut, nicht nur für diese, sondern vor allem auch für das Mittagsmahl danach. Und dennoch: Ein guter Prediger war er, das konnte niemand in Abrede stellen, nicht zuletzt, weil er in dieser Stunde die Schäfchen in ausreichendem Abstand auf den Kirchenbänken sitzen sah und sie ihn nicht mit den Nöten und Sorgen ihres Lebens behelligen konnten.
    »Sie können solch ehrbare Leute doch nicht einsperren!«, rief Cornelius.
    »Genau!«, rief Pastor Zacharias. »Wohin kämen wir denn, wenn die Gerechten und Anständigen im finsteren Kerker sitzen müssen, während andernorts die Frevler neue Untat aushecken.«
    Cornelius kämpfte darum, ernsthaft zu nicken, anstatt zu grinsen.
    Ungläubig blickte der Mann zwischen ihnen hin und her. Schwerlich war auszumachen, von welchem der beiden er sich mehr genarrt fühlte. Doch auch wenn Pastor Zacharias’ pathetischer Tonfall ihn sichtlich daran zweifeln ließ, dass er richtig im Kopf war, glitten seine Augen kundig über ihrer beiden Kleider – und schienen schnell auszumachen, dass, ganz gleich, welche Posse sie ablieferten, ehrbare, wohlgeborene Männer vor ihm standen.
    Verdrießlich spuckte er schließlich aus. »Wenn ihr für sie bürgt …«, setzte er an.
    »Mit der Heiligkeit meines Amtes, ja!«, rief Pastor Zacharias begeistert.
    »Ein bisschen weniger könnte es auch sein …«, nuschelte der Mann in seinen Kragen.
    Diesmal konnte sich Cornelius das Grinsen nicht verkneifen. Der andere bemerkte es gottlob nicht, sondern war damit beschäftigt, den Schlüssel hervorzukramen und damit in die Lagerhalle zu stapfen.
    Pastor Zacharias aber stieß ihn an. »Kannst du mir jetzt sagen, worum es eigentlich geht?«
    Cornelius musste lachen, als er in das verwirrte Gesicht seines Onkels sah.
    »Ich denke, es war auf jeden Fall eine gute Tat«, meinte Cornelius, »aber mehr erzähle ich dir später.«
    In seiner Verwirrung vergaß Pastor Zacharias, nach dem Teller Suppe zu fragen, den er ihm eigentlich in Aussicht gestellt hatte. Wieder musste Cornelius lachen, doch diesmal blieb ihm der Laut in der Kehle stecken.
    Eben war der Hafenarbeiter mit der jungen Frau und dem Knaben aus der Halle gekommen – und im gleichen Augenblick kam ein Fremder auf sie zugestürzt, die Hände drohend erhoben. »Wie?«, schrie er ihnen schon von weitem zu. »Sie lassen sie frei? Was fällt Ihnen ein! Das dürfen Sie nicht!«

3. KAPITEL
    S o erleichtert Elisa auch war, dem stickigen Gefängnis entronnen zu sein, so heftig war der Schreck, als sie plötzlich Lambert Mielhahn auf sich zukommen sah. Gerade hatte sie sich bei dem Fremden bedanken wollen, der sich für sie eingesetzt hatte, um dann eilends nach ihrem Vater zu suchen, doch nun stellte sich ihnen dieser widerwärtige Mann erneut wütend in den Weg.
    Der Arbeiter, der aufgesperrt hatte, duckte sich. Ihr Retter hingegen blickte fragend von Poldi zu ihr.
    Ehe einer die Lage erklären oder Lambert sein wütendes Geschrei fortsetzen konnte, war Poldi von einem Knäuel aus schmutzigen Händen und nackten Füßen umgeben. Elisa hatte die Kinderschar nicht kommen sehen, ihre Augen vielmehr vor der blendenden Sonne abgeschirmt. Doch nun schienen alle gleichzeitig auf ihn einzureden – zwei Burschen, etwas größer als er, hager und ebenfalls mit geflickter Kleidung, und drei Mädchen, von denen das jüngste gerade mal laufen konnte und sich jammernd an einer der größeren Schwestern festklammerte.
    »Wo bist du gewesen?«
    »Mutter hat uns geschickt, damit wir dich suchen!«
    »Sie hat sich schrecklich geärgert!«
    »Wie kannst du dich nur allein im Hafen herumtreiben?«
    So klangen die Kinder – offenbar seine Geschwister – wild durcheinander. Poldi grinste. »Eingesperrt waren wir!«, prahlte er. Nicht mehr der Schrecken über das eben Erlebte klang durch seine Stimme, sondern Stolz. »Und das alles nur wegen … dieses Mannes!«
    Er fuhr herum und deutete auf Lambert Mielhahn. Zu Elisas Erstaunen hatte sich

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