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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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sie schon bei der steinernen Treppe angekommen, die zu einem hölzernen Steg führte. Kleine Boote waren daran angebunden, die sie zum Schiff, das auf der Reede vor Anker lag, bringen würden. Das Gedränge war so heftig, dass ein kleines Kind beinahe ins Wasser fiel. Entsetzt schrie Elisa auf, doch gerade noch rechtzeitig packte es die Mutter am Kragen.
    Im nächsten Augenblick saß sie schon im Boot, und anstatt ihre Gedanken an den Abschied zu verschwenden, kämpfte sie lediglich um ausreichenden Sitzplatz.
    Die anderen Passagiere sprachen aufgeregt über den Dreimaster. 130 Fuß lang, 35 Meter breit und ebenso hoch sei er, wurde getuschelt, doch als Elisa nach dem Schiff Ausschau hielt, war seine Ansicht von Köpfen versperrt.
    Vier Matrosen ergriffen die Ruder. »Sett aff!«, kommandierte einer von ihnen, woraufhin sich das Boot in Bewegung setzte.
    Elisa hörte ein Kind kichern, wahrscheinlich das gleiche, das eben noch fast ertrunken wäre. Sie wagte nicht, nach ihm zu spähen, sondern klammerte sich mit beiden Händen an das rauhe Holz der schmalen Bänke. Das Schaukeln wurde so stark, dass sie das Gefühl hatte, ihr aufgewühlter Magen würde im Leib auf und ab springen, doch irgendwann wurden die spitzen Wellen runder, die Fahrt zügiger, und nach einer Weile erreichten sie den Dreimaster. Vom Hafen aus hatten sie das Schiff heute Morgen beeindruckt gemustert, doch nun galt ihr Blick nicht den wuchtigen Segeln, sondern einzig der Strickleiter, die man herabgelassen hatte und auf der die Passagiere hochklettern sollten. Elisa klammerte sich noch fester an das Holz der Bank. So unsicher die Nussschale ihr eben vorgekommen war – noch gefährlicher schien es ihr, diese zu verlassen. Erst als sie sah, dass auch Annelie blass geworden war, fasste sie Mut. Annelie mochte sich die Schwäche erlauben, aller Welt ihre Furcht zu bekunden – sie hingegen würde das tapfere Mädchen sein, auf das die Mutter stets große Stücke gehalten hatte und eigentlich auch der Vater, wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, sich nach einem Sohn zu sehnen oder die zarte zweite Ehefrau zu trösten.
    So war sie die Erste in dem Boot, die die Leiter bestieg. Zwei Männer hielten sie straff, weswegen sie unter ihrem Gewicht weniger schaukelte, als sie befürchtet hatte. Die Hanfstricke bissen sich zwar schmerzhaft in ihre Handflächen, doch in Windeseile war sie hinaufgestiegen und wurde von zwei Matrosen am Arm gepackt, die ihr über die Reling halfen.
    Annelie folgte als Nächste, langsamer und zögerlicher als Elisa, doch mit zusammengepressten, entschlossenen Lippen. Als sie oben ankam, war sie noch bleicher, aber immerhin war kein Wort der Klage laut geworden.
    Im Gesicht des Vaters stand diese Angst nicht, als er nachkam – jedoch tiefes Misstrauen, als er sich umblickte. »Das Gepäck«, murmelte er, »die Koffer …«
    Diese befanden sich noch im kleinen Beiboot, doch anstatt mit eigenen Augen überprüfen zu können, wie sie sicher auf das Schiff gewuchtet wurden, baute sich ein Schrank von einem Mann vor ihnen auf und trieb sie auf eine Tür zu. Sein Hut, ein Südwester, war steif in die Stirn gedrückt.
    »Vorwärts! Schnell!«, befahl er ihnen. »Wenn hier alle rumstehen, gibt’s hinterher ein solches Durcheinander, dass keiner mehr seine Kajüte findet.«
    Der zaudernde Ausdruck, der so oft in Richard von Grabergs Gesicht gestanden hatte, schnitt ihm auch jetzt tiefe Furchen in die Stirn.
    Doch ehe Elisa etwas zu sagen wusste, zupfte Annelie ihn vorsichtig am Ärmel. »Es wird schon alles seine Richtigkeit haben. Wir kriegen unsere Koffer sicherlich später.«
    Es waren die ersten Worte, die Elisa seit Stunden aus ihrem Mund hörte – und sie klangen erstaunlich energisch.
    Der schrankförmige Mann mit dem Südwester drängte sie nicht nur auf die Tür zu, sondern dort eine schmale Holztreppe hinab, deren Stufen sich irgendwie weich anfühlten, so als würde sich das Holz im salzigen Meerwind langsam auflösen.
    In einen Gang ging es, derart niedrig, dass ihr Vater den Kopf einziehen musste. Die fünfte Kajüte von rechts wurde ihnen zugewiesen.
    Dies war eine der Bedingungen gewesen, die Richard von Graberg gestellt hatte. Auch wenn er sich schließlich bereit erklärt hatte, seine Heimat zu verlassen – er würde es nicht mit Scharen von namenlosen Menschen im düsteren Zwischendeck tun, wo für diese ein Massenlager aufgeschlagen war, sondern er wollte eine eigene Kajüte im oberen Deck. Obwohl ihnen

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