Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
Vom Netzwerk:
stellen?«, hatte Elisa entsetzt gefragt.
    Cornelius hatte den Kopf geschüttelt. »Wir sollten mit Christine Steiner reden. Sie scheint die Mielhahns zu kennen. Vielleicht kann sie Greta beruhigen und Viktor …«
    Greta hatte eigentlich nicht den Eindruck gemacht, man müsste sie beruhigen. Elisa war sie sogar viel zu ruhig erschienen, wie sie da mit aufgerissenen Augen unter dem Tisch hockte, den blutüberströmten, reglosen Bruder an sich gepresst. Ewigkeiten hatte es gedauert, bis sie ihnen erzählt hatte, was geschehen war: dass der Vater Viktor halb tot geprügelt hatte, dass der es zwar noch bis hierher geschafft hatte, dann aber ohnmächtig zusammengebrochen war und dass ihr nichts anderes eingefallen war, als sich hier vor dem strengen Vater zu verstecken – ob der schnarchende Schiffsarzt nun nach Branntwein stank oder nicht.
    »Also«, fragte Jule ungeduldig. »Ist euch der fürchterliche Klabautermann über den Weg gerannt?«
    »Viktor …«, brach es aus Elisa heraus. Sie blickte sich suchend um. Emma Mielhahn lag in der Koje und hatte sich ihre Wolldecke über das Gesicht gezogen. Von Lambert war nichts zu sehen. Obwohl sie unendlich wütend auf ihn war, war sie zugleich erleichtert. Es war das eine, ihn im Stillen zu verfluchen, etwas ganz anderes aber, ihn zur Rede zu stellen. »Viktor … Viktor rührt sich nicht mehr. Er blutet aus der Nase … und aus dem Mund …«
    Elisa brach ab. Täuschte sie sich, oder hatte Emma die Decke noch höher gezogen?
    »Hab mir vorhin ja schon nichts Gutes gedacht, als der Vater ihn rausgezerrt hat«, meinte Jule und klang verdrießlich. »Zumindest hat er nicht gewagt, ihn vor unseren Augen zu verdreschen.«
    »Er ist ohnmächtig«, schaltete sich Cornelius ein, »und er atmet nur mehr ganz schwach. Ich habe kaum einen Puls gefühlt, und …«
    »Greta hat ihn zum Schiffsarzt gebracht!«, fiel ihm Elisa ins Wort. »Aber der ist völlig betrunken! Er schläft tief und fest und hat die beiden gar nicht bemerkt.«
    Jule stellte die Zinnschüssel mit den sonderlichen Frikadellen ab. »Na großartig!«, stieß sie aus. »Eigentlich wollte ich heute Koch spielen, und stattdessen muss ich nun ein Schiffsarzt sein! Was ist?«, fuhr sie Cornelius und Elisa ungeduldig an, die überrascht waren, ausgerechnet von der schroffen Frau Eiderstett Hilfe zu erhalten. »Kommt ihr mit oder bleibt ihr hier?«
    Mit entschlossenen Schritten stieg sie nach oben, und Cornelius und Elisa folgten ihr rasch, wenn auch unsicher darüber, was sie von Frau Eiderstett erwarten durften. Immerhin zeigte sich diese hilfsbereit, wohingegen Christine Steiner, die der Erzählung kopfschüttelnd gelauscht hatte, keine Anstalten machte, sie zu begleiten.
    Juliane Eiderstett schien die Krankenstube nicht zum ersten Mal aufzusuchen; sie kannte den Weg und betrat sie schließlich so resolut, als stünden ihr sämtliche Räume auf dem Schiff zur Verfügung.
    In der Zwischenzeit hatte sich nichts geändert: Immer noch kniete Greta neben ihrem Bruder unter dem Tisch, immer noch schnarchte der betrunkene Schiffsarzt. Vergebens hatten Elisa und Cornelius vorhin versucht, Greta zu trösten. Auch als sie ihr beteuerten, dass sie jemanden holen würden, der ihrem Bruder helfen könnte, hatte sie sie nur mit großen Augen angestarrt. Als sich Jule nun zu Viktor kniete, versteifte sie sich.
    »Atmet er noch?«, fragte Jule knapp. Weder nickte Greta noch schüttelte sie den Kopf.
    Jule schüttelte Viktor vorsichtig an den Schultern, und da er sich nicht rührte, zog sie ihn behutsam unter dem Tisch hervor, hob ihn hoch und trug ihn auf eine der Kojen. Dass diese völlig verdreckt war, schien ihr noch die geringste Sorge zu bereiten. Sie beugte sich über ihn und zog ihm die Lider über die Augen, um die Pupillen des Knaben eingehend zu mustern.
    »Kein starrer Blick«, stellte sie fest. »Er weicht dem Licht aus – das ist gut.«
    Sie hatte die Worte kaum gesagt, als ein Stöhnen ertönte – so leise, dass Elisa es kurz für einen Sinnestrug hielt. Doch dann sah sie, wie ein Ruck durch Viktors Leib ging und er seinen Kopf Jules Griff zu entziehen versuchte. Als sie ihn losließ, kniff er die Augen rasch wieder zusammen. »Na also!«, verkündete Jule stolz.
    »Gott sei Dank, er lebt!«, stieß Cornelius aus.
    »Er wird ein ordentliches Schädelbrummen davontragen, aber keine ernsten Verletzungen.«
    »Aber er blutet doch so schlimm!«, warf Elisa ein.
    »Aus der Nase, nicht aus dem Ohr. Letzteres wäre

Weitere Kostenlose Bücher