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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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inniglich an sich gezogen hatte.
    Nun lachte und hustete sie zugleich. Derart mit den Kindern beschäftigt, hatte Christine nicht bemerkt, dass der alte Steiner noch in seiner Koje lag. In Angst und Panik hatte er sich dorthin verkrochen, als wäre dies der einzig sichere Ort. Jakob Steiner, der seinem Vater bis aufs Haar glich, obwohl er doch so viel älter war, und den Greta kaum jemals etwas sagen gehört hatte, schrie laut und verzweifelt: »Nun komm, Vater! Komm!«
    Ähnlich panisch hatte Lambert Emma angeschrien.
    Der alte Steiner rührte sich nicht, selbst dann nicht, als die Koje Feuer fing. Sein Mund stand weit geöffnet, aber es kam kein Laut heraus.
    Und auch Emma schrie nicht, sondern saß ganz ruhig da. Aus der Entfernung konnte Greta nicht genau sagen, ob sich nicht doch etwas Furcht in ihren ausdruckslosen Blick geschlichen hatte. Doch eines erkannte sie, erkannte es nur allzu gut: dass der Mund ihrer Mutter verzerrt war. Sie schien zu lachen – genau wie sie selbst.

9. KAPITEL
    E lisa träumte von Cornelius. Zunächst wusste sie nicht, wer es war, der an ihrer Seite ging und ihre Hand hielt, nur, dass es sich gut anfühlte, nicht allein zu sein. Durch einen dunklen Wald stapften sie, wo die Bäume so dicht und hoch standen, dass kaum Licht auf den schlammigen Boden fiel. Elisa hätte sich restlos verloren gefühlt, wäre sie in dieser menschenleeren Wildnis auf sich allein gestellt gewesen, doch es gab die Hand, die sie führte, es gab Cornelius, der bei ihr war. Sie war so glücklich, dass sie im Schlaf lächelte. Doch plötzlich zog zwischen den dichten Bäumen und dem Gestrüpp Nebel auf, der alles verschluckte. Sie sah nichts mehr, stolperte blind weiter, klammerte sich immer fester an seine Hand – bis sie auf einmal nicht mehr zu spüren war. Er war fort. Cornelius war fort.
    Sie schrie seinen Namen, als sie mit enger Kehle erwachte, und stellte erleichtert fest, dass sie in keinem dunklen Wald irrte, sondern wohlbehalten in ihrer Koje lag. Doch dann sah sie den Nebel aus ihrem Traum – nur dass es nicht länger Nebel war, sondern Rauch.
    Auch Annelie hatte ihn bereits gerochen. Er war von den Ritzen des Bodens hochgestiegen, und weil sie in der unteren Koje lag, war sie rasch davon eingehüllt worden. Wie nun auch Elisa, schnupperte sie prüfend. »Was ist das?«
    Endgültig fielen Schlaf und dunkle Träume von Elisa ab. Sie warf einen angstvollen Blick auf ihren Vater, der sich verwirrt die Augen rieb. Im nächsten Augenblick brach Lärm aus: Spitze Schreie kamen vom Zwischendeck; hektische Schritte tönten vom Gang. Richard sprang aus der Koje, doch noch ehe er selbst die Tür aufreißen konnte, wurde sie geöffnet.
    Der schrankförmige Steward fiel förmlich in die Kajüte. »Es brennt!«, schrie er. »Schnell! Wir müssen alle runter vom Schiff! Zu den Rettungsbooten!«
    Annelie hustete und warf Elisa einen angstvollen Blick zu.
    Richard indes blieb fassungslos stehen.
    »Nun kommen Sie schon!«, brüllte der Steward. Er packte ihn an den Schultern und wollte ihn mit sich ziehen. »Zu den Booten!«
    »Aber ich kann doch nicht … unser sämtliches Reisegepäck …«
    Eben noch war Richard von Graberg wie erstarrt gewesen, doch jetzt wehrte er sich erstaunlich heftig gegen den Übergriff des Stewards. Gar mit Fäusten schlug er auf ihn ein, um sich aus dem festen Griff zu wenden. Die Verwirrung in seinem Gesicht hatte Panik Platz gemacht.
    Der Steward wich zurück.
    »Meinetwegen«, knurrte er, »wenn Sie lieber verbrennen wollen – ich halte Sie ganz gewiss nicht auf.«
    Sprach’s und war schon auf dem Weg zur nächsten Kajüte. Dass er sich ihrem Schicksal gegenüber als so gleichgültig erwies, brachte Richard wieder zu Sinnen.
    »Zieht euch warm an!«, rief er.
    Annelie war schon aufgestanden und in ihren Mantel geschlüpft. Elisa tat es ihr gleich, obwohl ihre Hände so heftig zitterten, dass sie ihr Cape nicht zubinden konnte. Richard hingegen drehte sich suchend um. »Ich weiß gar nicht …«, stammelte er, »wo meine Sachen …«
    »Nimm die Decke!«, befahl Annelie knapp, ehe sie nach draußen stürmte. Verwundert sah Elisa ihr nach – wie konnte es sein, dass ausgerechnet die sonst so stumme, ängstliche, schwächliche Frau am schnellsten von ihnen handelte?
    »Vater …«
    Er hatte sich die Decke um die Schultern geworfen. »Zu den Booten, du hast es doch gehört.«
    Hastig liefen sie den Gang entlang, und Elisa hatte das Gefühl, dass es mit jedem Schritt

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