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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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deutete auf den Sack: »Was ist da drin?«
    Der Steward presste seine Lippen aufeinander, doch der Matrose knurrte schließlich: »Wir müssen das Schiff ausräuchern. Wir gehen alle drauf, wenn wir die giftigen Dämpfe nicht verjagen. Tag für Tag krepieren mehr an dieser elenden Krankheit. Auch die Besatzung hat’s mittlerweile erwischt. Es muss etwas getan werden!«
    »Von wegen!«, schnaubte der Steward. »Abfackeln will er uns alle! Aber ohne Zustimmung des Kapitäns werde ich ihm meine Erlaubnis nicht geben.«
    »Das Schiff ausräuchern?«, fragte Cornelius verwundert. In den letzten Tagen waren verschiedene Maßnahmen diskutiert worden, die Krankheit einzudämmen – so auch, sämtliche Kranke ins unterste Orlopdeck zu legen, doch von einer Ausräucherung war nicht die Rede gewesen.
    »Ja doch!«, meinte der Steward missmutig. »Man kann Weinessig nehmen oder Wacholderbeeren. Oder – was dieser Narr hier tatsächlich vorhat – es mit Teer versuchen. Doch wenn man das wirklich machen will, so bedarf’s verschiedener Vorsichtsmaßnahmen. Man kann nicht einfach hingehen …« Er brach ab. »Verdammt noch mal!«
    Während er auf Cornelius eingeredet hatte, hatte sich der Matrose unbemerkt von dannen geschlichen. Eben stürzte er auf den Niedergang zum Zwischendeck zu und verschwand prompt in der Luke.
    »Verdammt noch mal!«, schrie der Steward wieder. »Er will doch nicht …«
    Er lief ihm nach, Cornelius folgte rasch. »Bleiben Sie stehen! Sie können ohne Zustimmung des Kapitäns …«
    Vor Aufregung verfehlte der Steward eine der Stufen und fiel fast über die Leiter. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich festhalten. Cornelius folgte ihm langsamer. Als er endlich im Zwischendeck ankam, sah er den Steward auf den Matrosen zustürmen, der ein Teerfass aus dem Sack gezogen hatte und es öffnete.
    Der scharfe Geruch des Teers stieg Cornelius durchdringend in die Nase.
    »Hören Sie sofort auf damit!«, brüllte der Steward.
    Die Passagiere hatten sich aus ihren Kojen erhoben und kamen misstrauisch näher.
    »Womit soll er aufhören?«, fragte Jule Eiderstett.
    »Abfackeln will er uns alle!«, plärrte der Steward. Sein Schädel war so rot, als würde er gleich platzen.
    Der Matrose schüttelte den Kopf: »Das ist nicht wahr! Retten will ich euch vielmehr, ihr solltet mir dankbar sein! Wenn wir das Schiff nicht ausräuchern, gehen wir alle an der Krankheit zugrunde!«
    Er tauchte die Fackel tief in den schwarzen Teer. Die Steiner-Kinder husteten. Ihre Mutter Christine blickte ausgerechnet die verfemte Jule hilfesuchend an, als könnte diese entscheiden, was zu tun wäre.
    »Er hat keine Einwilligung des Kapitäns!«, rief der Steward. »Und außerdem: Kein Passagier darf im Zwischendeck anwesend sein, wenn es wirklich ausgeräuchert wird. Er handelt eigenmächtig …«
    Erneut ging er auf den Matrosen los, um ihn an seinem Werk zu hindern, doch plötzlich wurde er von kräftigen Männerhänden zurückgerissen. Es war Lambert Mielhahn, der sich ihm unbemerkt genähert hatte und ihn nun vom Matrosen wegzerrte.
    »Uns sterben lassen willst du, nicht wahr? Die armselige Brut im Zwischendeck zählt ja nichts! Wenn es uns dahinrafft wie die Fliegen, so sitzt ihr gemütlich in euren Kajüten und fresst den Braten, den wir schon so lange nicht mehr bekommen.«
    Gemurmel erhob sich – bei den einen klang es zustimmend, bei den anderen zweifelnd.
    Nunmehr ungehindert tauchte der Matrose die Fackel in den Teer und entzündete sie mit einem Luntenfeuerzeug. Als das Feuer aufloderte, zuckte nicht nur Cornelius zurück. Der Mann schwang die Fackel wie eine Waffe. »Lasst mich einfach meine Arbeit tun, ja? Der Rauch wird die Krankheit vertreiben! Es ist zu unser aller Schutz!«
    »Den Teufel wirst du!«, schrie der Steward. Von Lamberts Angriff überrascht, hatte er sich zunächst von ihm fortzerren lassen, doch nun begann er, sich zu wehren, und schlug wild um sich. Lambert erwies sich als nicht weniger hartnäckig. Nachdem es ihm nicht mehr gelang, den anderen mit festem Griff zu bändigen, schlug er mit Fäusten auf ihn ein. Irgendeine der Frauen schrie auf.
    »Hör auf, Lambert!«, zischte Christine Steiner. »Bist du verrückt geworden? Du kannst doch nicht …«
    Doch Lambert Mielhahn war wie von Sinnen. Nachdem der Steward unter der Wucht seiner Schläge zu Boden gegangen war, trat er mit seinen Füßen in dessen feisten Leib, das Gesicht verzerrt von einem Hass, der viel unerbittlicher, viel glühender

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