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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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sitzen; er hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen, lugte aber immer wieder zwischen dem Spalt seiner Finger hindurch, um nach seinem Neffen Ausschau zu halten.
    »Katherl!«, schrie Poldi.
    »Cornelius!«, schrie Elisa.
    Endlich tauchte sein Kopf wieder aus den Fluten auf. Hilflos hob er die Hände, um zu zeigen, dass es nicht gelungen war, das Kind zu erhaschen. Er schien damit zu ringen, noch einmal unterzutauchen.
    »Hilft alles nichts!«, hörte Elisa einen der Matrosen sagen. »Die Kleine ist ersoffen. Die beiden sollten zusehen, dass sie aus dem kalten Wasser kommen, sonst holen sie sich den Tod.«
    Doch in diesem Augenblick – die Frau neben ihr schlug ein Kreuzzeichen – tauchte Fritz wieder auf, und über seine Schultern hing ein lebloses Bündel.
    Elisa sank kraftlos zurück. Ihre Glieder fühlten sich so steif und kalt an, als wäre sie selbst im eisigen Wasser geschwommen; ihre Brust schmerzte. Gott sei Dank.
    »Katherl! Katherl!«, rief Christine.
    Die beiden Männer waren zum Boot der Steiners geschwommen, das mittlerweile sicher zum Wasser niedergelassen worden war; Fritz reichte das leblose Kind hoch und ließ sich dann erst selbst ins Boot ziehen.
    Elisa fühlte, wie Poldi sich an sie schmiegte: »Lebt das Katherl noch?«, stammelte er schreckerstarrt.
    Nicht Christine beugte sich über das Kind, sondern Jule. Zunächst erkannte Elisa nicht, was sie mit ihr anstellte, dann sah sie, dass Jule dem Kind die Nase zuhielt, ihren Mund auf den seinen presste und allen Atem, den sie hatte, in die Kehle stieß.
    Nach einer Weile glaubte Elisa, ein prustendes Geräusch zu hören, aber sie war sich nicht sicher, ob es von Jule stammte, von der nunmehr schluchzenden Christine oder tatsächlich von dem Kind. Mehrere Leiber verstellten ihr die Sicht. Während aller Augen eben noch auf Katherls Rettung ausgerichtet waren, deuteten die Menschen nun aufgebracht auf das lichterloh brennende Schiff. Eine dicke Rauchwolke zog von diesem hierher und hüllte die Rettungsboote ein. Mit allen Kräften ruderten die Matrosen davon.
    Elisa konnte sich nicht vergewissern, ob das Katherl noch lebte und Cornelius wohlbehalten auf das Rettungsboot gezogen worden war.
    Eben wurde auf dem Schiff das letzte Boot besetzt. Es war viel zu klein, um alle Menschen aufzunehmen, die sich schreiend darum drängten. Die beiden Mielhahn-Kinder saßen schon darin, Lambert hingegen, er trug etwas Schweres auf den Schultern, wurde zurückgedrängt. War es seine ohnmächtige Frau, die er nach oben gezerrt hatte? Oder sein Besitz?
    Aus der Entfernung konnte Elisa es nicht erkennen, nur, dass er den Ballast abwarf, sich nunmehr mit Fäusten vorkämpfte und sich schließlich ins Boot schwang.
    Dann wurde es bereits heruntergelassen. Greta saß ganz steif und schien zu lächeln.
    Viktor hingegen heulte und schrie. Wahrscheinlich, so dachte Elisa, schrie er nach seiner Mutter. Da hob Lambert seine Hand, ballte sie wieder zur Faust und schlug auf seinen Sohn ein, bis der sich nicht mehr rührte.
    Wie kann er ihm das antun?, fragte sich Elisa, in diesem Augenblick, da die Kinder die Mutter verloren haben …
    Sie hustete, hatte das Gefühl, ihre Kehle würde bersten, und konnte die Augen kaum offen halten. Immer weiter entfernte sich das Rettungsboot vom brennenden Schiff. Verzweifelt griff Elisa nach ihrem Rock und zog den Stoff vor ihr Gesicht, um es vor dem ätzenden Gestank und der Hitze des Feuers zu schützen. Dann schloss sie die Augen.

    Als Elisa wieder zu sich kam, hatte sich der Rauch gelegt und die Hitze war eisiger Kälte gewichen. Ihre Augen fühlten sich verquollen an; nur einen Spaltbreit konnte sie sie öffnen, um den grauen Himmel über sich zu erkennen, der wild hin und her schaukelte. Erst nach einer Weile erkannte sie, dass nicht der Himmel schaukelte, sondern das Boot unter ihr. Sie richtete sich auf. Ein stechender Schmerz fuhr ihr durch den Kopf, vor allem aber durch Nase und Kehle.
    Sie war nicht die Einzige, die gequält hustete. Alle schnappten nach Luft und klagten über Schmerzen, die Kälte, die steifen Glieder. Verlorene, verwirrte Gesichter waren es, in die sie blickte. Nur Poldi war neben ihr eingeschlafen, und seine entspannten Züge verrieten nichts von dem ausgestandenen Grauen.
    Die Stimme des Matrosen, der immer noch ruderte, krächzte, als er nach einer Weile verkündete: »Land in Sicht!«
    Elisa fuhr herum und nahm in der Ferne tatsächlich einen schmalen Küstenstreifen wahr. Auch dieser wankte vor

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