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Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Titel: Im Land der Kaffeeblüten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Antoni
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Guatemala nicht nur ihre Familie, sondern auch ihre Freundinnen, vielleicht sogar einen Freund zurückgelassen hatte. »Habt ihr noch viel Kontakt?«
    »Ich vermisse meine Freundinnen, aber …« Isabell zögerte und Julia schaute auf. »… irgendwie ist es anders. Selbst mit Skype bekomme ich nur noch ein Viertel von dem mit, was passiert. Ich fühle mich nirgendwo richtig zu Hause, bin nicht mehr ganz in Guate, bin aber auch hier noch nicht richtig angekommen.«
    »Irgendwie hängt man echt in der Luft.« Julia nickte. »Aber du weißt ja immerhin, dass du nach dem Abi zurückgehen wirst.«
    »Manchmal habe ich Angst, dass ich nach Guate fliege und nichts mehr von dem da ist, was mir wichtig war«, platzte es aus Isabell heraus. »Und dann sitze ich da und weiß überhaupt nicht mehr, wohin. Meine Eltern werden mit einem neuen Kind beschäftigt sein. Lina hat ein eigenes Leben und ich …?«
    »Ich habe manchmal Angst, dass ich zur Uni gehe, in vier Jahren meinen Master mache und mich dann frage, ob esdas wirklich war.« Julia leckte sich über die trockenen Lippen. Nicht einmal Hannah und Bea gegenüber hatte sie das bisher zugegeben. »Wollen meine Eltern, dass ich die Firma übernehme, oder will ich das? Ich habe mir oft gewünscht, ich hätte einen Bruder oder eine Schwester, die den Job übernehmen könnten.«
    Isabell schaute sie ungläubig an. »Und ich dachte, du hättest überhaupt keine Zweifel.«
    »Das hatte ich von dir auch gedacht.« Julia schwieg einen Moment. Wenn Hannah und Bea sie so sehen würden, wie sie mit Isabell ein Problemgespräch führte, wie Bea das abwertend nannte, dann wäre Julias Ruf für immer ruiniert. »Du bist doch Miss-ich-geh-zurück-nach-Guatemala-und-mein-Leben-ist-klar.«
    »Das sagt Prinzessin-ich-werde-mal-Papas-Firma-übernehmen«, lautete Isabells trockene Antwort.
    Einen Moment schwiegen sie beide. Dann brachen sie in lautes Lachen aus.

35  Guatemala 1902
    »Siehst du die Frauen dort?« Elises Mutter zeigte auf die drei Indio-Frauen, die am Straßenrand Obst verkauften. »Sie tragen die landestypische Tracht, dunkelblaue Röcke und bunte Blusen. Die Oberteile, die huipil, unterscheiden sich von Ort zu Ort und die Frauen weben alles selbst.«
    »Das ist bestimmt viel Arbeit«, antwortete Elise geistesabwesend und beobachtete, wie Georg mit einer der Frauen scherzte. Ein kleiner Stich durchfuhr sie und sie wünschte sich, mit der Indio-Frau zu tauschen, die Georgs Aufmerksamkeit bekam.
    Henni Hohermuth musterte ihre Tochter fragend und trieb dann ihr Pferd weiter. Elise hielt Nemo zurück, bis Georg sie erreicht hatte. Er lächelte und wirkte sehr zufrieden.
    »Hier, probier mal.« Er reichte Elise ein Stück Ananas. Die Früchte erhielt man überall für einen Medio, was in etwa sechs Cents entsprach. Der Saft der süßen Frucht lief sein Kinn herunter und Elise hätte am liebsten ein Taschentuch genommen, um ihn abzuwischen. Aber sie fürchtete, dass Georg ihre Hand wegstoßen würde. Die Kränkung hätte sie nicht ertragen. Oder, schlimmer noch, er wäre mit einem Scherz darüber hinweggegangen und sie hätte sich gefühlt wie ein dummes kleines Mädchen, nicht wie die Frau, die sie für Georg so gern wäre.
    »Meine Mutter sagte, dass wir nach Cobán reisen, mein Vater sagte etwas von Alta Verapaz.« Elise lächelte Georg Hilfe suchend an. »Verstehst du das?«
    »Cobán heißt die Stadt. Alta Verapaz – das heißt ›echter Frieden‹«, sagte er bedeutungsschwer. »Alta Verapaz ist die Provinz oder das departamento. « Georg hatte viel Zeit mit ihren Eltern verbracht und hörte sich manchmal genauso an wie sie. »Es ist übrigens die einzige Provinz, in der die spanischen Eroberer den christlichen Glauben ohne Waffengewalt verbreiten konnten.«
    »Wie kam das? Waren die Indios hier besonders aufgeschlossen?« Elise hoffte, dass ihre Frage Georg dazu verleitete, noch länger neben ihr zu reiten.
    »Nein, nein. Der Dominikanermönch Fray Bartolomé de Las Casas hatte sich beim spanischen König dafür eingesetzt, die Indios friedlich zu missionieren«, antwortete Georg und Elise fragte sich wieder einmal, woher er das alles wusste. Sie hatte ihn weder auf dem Schiff noch jetzt auf der Reise lesen gesehen. »Der Mönch lebte mit den Indios und übersetzte die Bibel in die Sprache der Kekchí und pocomam. So gelang es ihm, die Menschen hier vom Christentum zu überzeugen und sie nicht dazu zu zwingen, ihren alten Glauben aufzugeben.«
    Bevor Elise ihn noch mehr

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