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Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Im Land der Kaffeeblüten (German Edition)

Titel: Im Land der Kaffeeblüten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Antoni
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sprach sie ihren Gedanken laut aus. Gemeinsam mit Juan traute sie sich zu, sich allen Gefahren zu stellen. Nie wieder wollte sie ein so einsames Jahr verbringen wie in Bremen. Ihre Kehle schnürte sich zu, als sie an die Nächte dachte, in denen sie leise in ihre Kissen geweint hatte, nur damit ja niemand erfuhr, wie unglücklich sie war. Die Sorge, dass Juan sie vergessen hatte. Die Angst, dass ihm etwas geschehen war. Nein, so etwas wollte sie nicht noch einmal durchmachen müssen. »Mit dir würde ich auch überallhin gehen. Aber Deutschland würde uns nicht freundlich aufnehmen.«
    »Mexiko? Es ist nah genug und bietet sicher Arbeit für mich«, schlug Juan vor. In dem Augenblick wurde Margarete bewusst, dass er schon länger über eine Flucht nachgedacht haben musste. Sie lächelte und drehte sich in seinen Armen, bis sie sein Gesicht sehen konnte.
    »Mexiko ist zu nah.« Zärtlich küsste sie ihn auf den Mund. »Mein Vater könnte mich suchen lassen. Aber Nordamerika, was hältst du davon? Ich spreche ein wenig Englisch.«
    »Ich kann nur Kekchí und Spanisch.« Juan lächelte, doch in seinen Worten lag Bitterkeit. Nur zu gut erinnerte sich Margarete an die Nachmittage, die sie damit verbracht hatten, gemeinsam in ihren Büchern zu lesen. Schon damals hatte Juan sie dafür bewundert, dass sie Deutsch und Spanisch fließend sprechen und lesen konnte. Auf ihren Einwand, dass sie kaum Kekchí konnte, obwohl er sich so sehr bemühte, es ihr beizubringen, hatte Juan nur abwehrend die Hand gehoben und gesagt, das sich niemand für Maya-Sprachen interessierte, während die Deutschen ihre Sprache in die Welt trugen. »Dann musst du in der ersten Zeit für uns reden.«
    »Ich habe in der Zeitung gelesen, dass es in Nordamerika wieder Goldfunde gibt«, sagte sie träumerisch. Je mehr sie darüber nachdachte, desto erstrebenswerter erschien ihr ein Neuanfang. Warum nicht? Wenn Juan und sie reich wären, könnte sie zurückkehren, La Huaca zurückerobern, und ihr Vater würde sie mit offenen Armen aufnehmen. »In Alaska. Ganz im Norden. Aber wir bräuchten Geld …«
    »Pssst.« Sanft legte er ihr den Finger auf den Mund. Eine Geste voller Zärtlichkeit, die Margarete die Tränen in die Augen trieb. »Ich weiß, was du sagen willst. Bitte schweig. Lass uns heute träumen.«
    Margarete schluckte und versuchte, die Tränen zurückzudrängen. Sie schloss die Augen und schmiegte sich enger an Juan, an seine Brust und hörte sein Herz schlagen. Ja, träumen. Von einer gemeinsamen Zukunft, in der ihre Herkunft sie nicht trennen würde. Träumen von einer gemeinsamen Familie. Ohne Anfeindungen. Ohne Diskriminierungen. Warum nicht? Wenn sie beide sich nur liebten, dann würde sich alles andere finden.

43
    Elise stürzte in die Tiefe des Abgrunds. Sie schien zu fliegen, fürchtete, das Bewusstsein zu verlieren, als auch schon das eiskalte Wasser über ihr zusammenschlug. Wild schlug sie um sich, Wasser drang ihr in die Augen, lief in Mund und Nase. Verzweifelt strampelte sie mit den Armen und Beinen, hielt angestrengt den Atem an und versuchte, mit letzter Kraft nach oben zu schwimmen. Prustend durchbrach ihr Kopf die Wasseroberfläche. Luft. Endlich Luft. Sie lebte. Nachdem sie zu Atem gekommen war, versuchte sie, sich zu orientieren. Das Wasser floss gleichmäßig und ruhig um sie herum. Sie musste sich in einem Fluss befinden. Im Licht der Sterne konnte sie am Rand nur eine dunkle Masse erkennen, wahrscheinlich Bäume oder Schlingpflanzen am Ufer. Beide Seiten erschienen ihr gleich weit entfernt.
    »Georg? Georg?«, rief sie ins Dunkel der Nacht. Keine Antwort. Ihre Kehle schnürte sich zu. »Georg!« Panik übermannte sie. Ohne ihn wäre sie verloren. »Georg! Georg!«
    Schweigen. Nur die Geräusche des Flusses und die Rufe einiger Nachtvögel waren zu hören. Tränen liefen ihr über das Gesicht, als sie mit kräftigen Schwimmzügen auf das linke Ufer zuschwamm. Plötzlich spürte sie etwas an ihrem Bein. Ein Krokodil? Eine Würgeschlange? Panisch trat sie aus. Da wurde sie fester umschlungen. Sie kämpfte, um nicht unterzugehen. Tränen raubten ihr die Sicht.
    »Elise. Lise«, hörte sie da Georgs Stimme und sein Kopf war plötzlich neben ihr. Er klang vollkommen erschöpft. »Bist du verletzt?«
    Elise blinzelte ins Dunkel, nahm, ohne nachzudenken, sein Gesicht in beide Hände und bedeckte es mit Küssen. Ihr Überschwang überraschte ihn und er ging unter. Elise ruderte zurück, erschrocken über die Peinlichkeit ihres

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