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Im Land der Mond-Orchidee

Im Land der Mond-Orchidee

Titel: Im Land der Mond-Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Witt de
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auch, und so wurde sie schon am nächsten Vormittag
in das Arbeitszimmer des Pastors geleitet. Mit seinen düsteren Tapeten, der
hohen Standuhr und den weit ausladenden Möbeln war es ganz von deutschem
Geschmack geprägt. Der Geistliche erwies sich als ein kräftig gebauter
glatzköpfiger Mann mit einem blonden Apostelbart. In Hemd und Hosenträgern saß
er an seinem Schreibtisch und fächelte sich, während er mit der Rechten an
einem Dokument schrieb, mit der Linken mit einem Palmblatt Kühlung zu. Die
Trockenzeit war auf ihrem Höhepunkt, eine alles ausdörrende Hitze herrschte,
und der in schweren Wellen über das Land rollende Monsun tat das Seine dazu.
Als Neele, die noch sehr schwach auf den Beinen war, sich ohne lange Höflichkeiten
in einen der u-förmigen Ledersessel sinken ließ, nickte er ihr zu. »Einen
Augenblick noch, gleich bin ich bei Ihnen.«
    Nachdem er sein Dokument mit Streusand abgelöscht hatte, setzte er
sich ihr gegenüber, ließ vom Dienstmädchen kaltes Wasser und Arrak bringen und
eröffnete das Gespräch mit der Frage: »Sie sind also tatsächlich die Frau
Selmaker, von der die Zeitung berichtete?« Dabei
reichte er ihr das zusammengefaltete Blatt.
    Sie schlug es an der angegebenen Doppelseite auf. Unter einer
zweizeiligen Schlagzeile berichtete ein dramatisch aufgemachter Artikel von den
rätselhaften Geschehnissen im Jagdhaus. Neele stiegen die Tränen in die Augen,
als sie las, dass man Ameyas Leichnam nicht gefunden hatte, und vermutete, er
sei von einem Raubtier weggeschleppt worden. Die schreckliche Erinnerung an die
Nacht, in der der Jaguar Pastor Ormus getötet hatte, kehrte zurück. Nicht
einmal ein anständiges Grab würde ihr Gatte bekommen. Seine Knochen würden
niemals in einem Sarg ruhen, sondern verstreut unter den Überresten von Tieren
vor der Höhle des Tigers liegen!
    Sie las, dass man über den tatsächlichen Hergang des Verbrechens
noch rätselte, auf jeden Fall aber einen dritten Mann suchte, da man keiner der
beiden verschwundenen Frauen zutraute, dass sie Jürgens Leiche ins Feuer
geschleppt und die des Wedono verborgen hatte.
    Â»Richard Hagedorn«, murmelte sie halblaut vor sich hin.
    Â»Was sagten Sie?« Der Pastor merkte auf.
    Â»Jürgen Simms hatte einen engen Freund, Richard Hagedorn. Er war der
dritte Mann. Er war mit Jürgen gemeinsam gekommen, und einer von beiden hat
meinen Mann mit einem Pfeil getötet. Richard verfolgte mich ein Stück weit in
den Wald hinein, aber ich konnte ihm entkommen.«
    Â»Und wer hat Herrn Simms getötet? Ihr Gatte? Er wurde mit einem Kris
getötet, steht in der Zeitung.«
    Â»Ja, aber es war nicht mein Gatte, der das getan hat. Ich war es.
Ich zog den Dolch aus seiner Schärpe und stieß ihn Jürgen in den Hals, als der
sich auf mich warf und mich zu vergewaltigen versuchte.«
    Sie merkte, dass der Pastor ihr nicht glaubte. Er runzelte die
Augenbrauen und schüttelte den Kopf. Dass es einer Frau gelang, jemand mit
dieser schwierig zu handhabenden Waffe zu töten, erschien ihm unwahrscheinlich.
Er ließ die Frage aber für den Augenblick offen und bat sie, ihm zu erzählen,
was geschehen war und wie es kam, dass sie einige Tage nach der Bluttat halb
tot auf seiner Schwelle zu Boden gefallen war.
    Sie berichtete wahrheitsgetreu, ließ aber ihre Übernachtung auf der
verlassenen Plantage aus. Es war nicht wichtig, und sie wollte keine Verbindung
zwischen sich und dem Diebstahl des Geldes herstellen – man wusste nie, ob
nicht doch etwas davon auf irgendwelchen Umwegen an die Ohren der Räuber oder
Aufständischen drang. »Irgendwo unterwegs«, sagte sie, »muss ich mir den Typhus
geholt haben.«
    Zu ihrer Überraschung schüttelte der Pastor den Kopf. »Das ist nicht
gut möglich, Frau Selmaker. Typhus hat eine Inkubationszeit von ein bis drei
Wochen, Sie müssen also schon eine ganze Weile vor Ihrer Flucht durch die
Wildnis infiziert gewesen sein, damit die Krankheit jetzt ausbrechen konnte.
Aber lassen wir das, es gibt Wichtigeres zu besprechen. Wie soll es jetzt mit
Ihnen weitergehen? Wie können wir Ihnen helfen?«
    Darüber hatte sie bereits nachgedacht. Sie erzählte ihm von Dr. Bessemer und bat ihn, sie zu diesem zu bringen, da sie ihre Papiere im Jagdhaus
gelassen hatte und ohne Pass nicht an Bord eines Dampfers gekommen wäre.
    Â»Haben Sie denn Geld

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