Im Land der Mond-Orchidee
und
trank. Obwohl es im Haus stickig schwül war und die Ratten hinter der Täfelung
einen gewaltigen Lärm machten, wiegten der starke Alkohol und der mit Opium und
Bilsenkraut gemischte Tabak ihn schon bald in den Schlaf.
Mitten in der Nacht wachte Hagedorn davon auf, dass ihm das Licht einer Laterne in die Augen schien und etwas
Kaltes sich an seine Schläfe presste. Mit dem Gefühl, aus Meerestiefen an die
Oberfläche zu schwimmen, kam er langsam zu Bewusstsein und blinzelte träge. Undeutlich
in dem gelben Licht sah er eine Gruppe von einem halben Dutzend Javanern vor
sich, alle in bunte Bauernlumpen gekleidet und bis an die Zähne bewaffnet. Das
Kalte, das er an der Schläfe spürte, war die Mündung eines Revolvers.
Richard war so verwirrt vom plötzlichen Auftauchen der Männer, dass
er kein Wort hervorbrachte. Halb betrunken, wie er war, starrte er sie nur
verständnislos an. Auch als ein alter Mann ihn auf Holländisch anredete, gab er
keine Antwort. Da sie sahen, dass er sie nicht verstand, versuchte einer es in
gebrochenem Deutsch.
»Wo Geld?«, fragte ein älterer Mann.
Ausrauben wollte das Gesindel ihn also. Nun, gegen sechs oder sieben
Bewaffnete konnte er nichts ausrichten, also zerdrückte er einen Fluch zwischen
den Zähnen und wies auf seine Satteltaschen, die er am FuÃende des Sofas
abgestellt hatte. Zu seiner Ãberraschung interessierten die Kerle sich jedoch
gar nicht dafür. Der ihn angeredet hatte, wiederholte mit vor Zorn bebender Stimme:
»Wo unser Geld, Dieb?«
Hagedorn hatte keine Ahnung, was sie von ihm wollten, wusste aber
nicht, wie er ihnen das beibringen sollte. Allmählich klärte sich der
Alkoholnebel in seinem Gehirn. Als er den Kopf hob, sah er, dass sie seine
Satteltaschen bereits durchwühlt hatten. Gewiss war sein Geld bereits in ihren
Händen, aber was sie mit »unser Geld« meinten und warum sie ihn einen Dieb
nannten, blieb ihm schleierhaft. Er verstand nur, dass der Diebstahl, wer immer
ihn begangen hatte, sie in eine nahezu viehische Wut versetzte. Sie fletschten
die Zähne, und ihre dunklen Augen glitzerten im Laternenlicht wie die von
Raubtieren.
Der Alte wiederholte die Frage, und als der Deutsche schwieg, gab er
seinen Gefährten ein Zeichen. Zwei von ihnen packten zu, warfen Richard zu
Boden und hielten ihn fest, und plötzlich fuhr ein sengender Schmerz über sein
GesäÃ. Das Zischen, das dem Schmerz unmittelbar voranging, verriet ihm, dass
jemand mit einem Rohrstock zugeschlagen hatte. Er schrie wütend auf und versuchte,
sich zu befreien, aber die braunen Hände hielten ihn wie Eisenklammern, und nun
schnürte ihm auch noch einer mit Reepschnur die Handgelenke zusammen, und ein
anderer zerrte ihm die Hose bis zu den Knöcheln herunter.
Richard brüllte vor Wut über diese Demütigung und bot alle Kraft
auf, sie mit seinen gestiefelten FüÃen von sich wegzutreten, aber da zischte
ein weiterer Schlag über seine Oberschenkel, und sein Gebrüll verwandelte sich
in ein Schmerzgeheul. Angst mischte sich in seinen Zorn. Er verstand zwar nicht,
was geschehen war, aber eines war ihm klar: Diese Räuber waren entschlossen,
aus ihm herauszuprügeln, wo er ihr Geld versteckt hatte, und sie würden ihm
nicht glauben, dass er nichts davon wusste.
Keuchend vor Wut und Schmerz versuchte er, ihnen auf Deutsch und in
gebrochenem Holländisch zu sagen, dass sie den falschen Mann hatten. Das trug
ihm jedoch nur weitere Schläge ein. Richard geriet in Panik. Er war kein
Feigling, aber er sah keine Chance, sich gegen eine Ãberzahl von bewaffneten
Männern zu wehren, die ihn im Schlaf überrascht und jetzt auch noch gefesselt
hatten. Heulend wie ein Tier krümmte er sich auf dem Boden, als Schlag auf
Schlag des Bambusstocks seinen Hintern und seine Oberschenkel traf. Wieder
wurde er gefragt, wieder konnte er nur brüllen, er wisse nichts von der Sache.
Der alte Mann, der der Anführer der Gruppe zu sein schien, griff mit
einem bösartigen Grinsen nach der Whiskyflasche und goss die scharfe
alkoholische Flüssigkeit über das wund geschlagene Fleisch. Richard drohte in Ohnmacht
zu fallen, es war, als hätte ihn der Alte mit Säure übergossen, so grausam war
der Schmerz. Er fühlte, wie etwas Warmes an seinen Schenkeln entlanglief,
wusste aber nicht, ob es Urin oder Blut war.
Erneut gab der Alte ein Zeichen. Richard wurde auf den
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