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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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das auszuhalten. Der Masra ist sehr böse auf die Misi, ich weiß nicht genau ... aber ich kann’s mir denken. Kümmere dich um sie, sei für sie da.« Sie erhob mahnend den Finger. »Aber nie darfst du etwas dazu sagen. Wenn der Masra das rausbekommt, schlägt er dich tot.«
    Kiri traute ihm das durchaus zu, daher beherzigte sie Amrus Rat. Julie selbst wusste nicht, wie ihr geschah. Tagsüber lag sie grübelnd im abgedunkelten Zimmer, abends erstarrte sie vor Angst, sobald sie Karls Schritte hörte. Das, was dieser Mann ihr jede Nacht antat, ließ ihre Lebensgeister erlöschen. Sie wollte das Zimmer nicht verlassen, wollte nicht nach draußen, wollte nichts essen und vor allem niemanden sehen.
    Eines Morgens, als Karl auf den Feldern war, klopfte es an Julies Tür. Sie war verwundert, rang sich aber ein kaum hörbares »Ja?« ab.
    Herein kam Aiku. Julie, die am Fenster stand, wich einen Schritt zurück. Schickte Karl jetzt etwas schon seinen Leibdiener?
    Aiku senkte den Blick. Eine Geste, die sein Bedauern und Entschuldigung ausdrückte. Sein Auftreten war zögerlich, fast ängstlich, er machte nicht den Eindruck, als wäre er im Auftrag von Karl hier. Julie riss sich zusammen. Vor Aiku brauchte sie keine Angst zu haben. Er hatte ihr schließlich noch nie etwas Böses gewollt.
    »Aiku?« Sie fand ihre Stimme wieder. Aiku hob seine rechte Hand, in der er ein kleines Säckchen hielt und deutete Julie damit an, er habe ihr etwas mitgebracht. »Was hast du da? Für mich?« Er nickte eifrig und löste die Schnüre des Säckchens. Heraus fiel ein empört schnatternder Nico, der sich sofort hilfesuchend in Richtung Julie orientierte. »Nico!« Über Julies Gesicht huschte ein Lächeln. Ihren gefiederten Freund hatte sie in den letzten Tagen fast vergessen. »Danke, Aiku.«
    Jetzt zeigte auch das ansonsten so ausdruckslose Gesicht des Sklaven die Regung eines Lächelns, und er verschwand schnell wieder aus dem Raum der Misi.
    Julie setzte sich ans Fenster. Nico flatterte auf die Armlehne des zierlichen Damensessels und beäugte Julie neugierig mit schief gelegtem Kopf. »Na? Hast du mich vermisst?«, schien er zu sagen. Julie strich ihm zärtlich über die Brustfedern, die er wohlig aufplusterte.
    Nicos Gesellschaft brachte ihre Gedanken in eine neue Richtung. War Karl mit Felice gar ebenso umgegangen wie mit ihr in letzter Zeit? Er wollte sie für sich allein besitzen ... die Tatsache, dass sie mit einem anderen Mann getändelt hatte, hatte ihn in Rage versetzt. Jean! Jedesmal, wenn sie an ihn dachte, versetzte es ihrem Herzen einen Stich. Was würde jetzt aus ihm werden?
    Karl hatte sich nie sonderlich für sie interessiert, sie vermutlich eher als Spielzeug angesehen. Aber als ihm das jetzt jemand streitig gemacht hatte, war er offensichtlich in seinen Grundfesten erschüttert.
    Julie war sich der Aussichtslosigkeit ihrer momentanen Situation durchaus bewusst. Sie war hier auf der Plantage gefangen. Was konnte sie schon machen?
    Gerade als sie sich wieder in Gleichmut verlieren wollte, kniff der Papagei sie unsanft in den Finger.
    »Au!«
    Er blinzelte sie scheinbar belustigt an und wackelte mit dem Kopf.
    Und in diesem Moment, als Julie in die Augen des kleinen Vogels schaute, der sie so gut zu kennen schien, fasste sie einen Entschluss. Nein! Sie würde sich nicht sang- und klanglos ihrem Schicksal hier fügen! Karl konnte sie nicht auf ewig so behandeln. Sie würde nicht enden wie Felice, sie würde sich von Karl nicht brechen lassen. Und ihre selbst auferlegte Isolation konnte nur sie selbst brechen.
    Julie stand auf und betrachtete sich im Spiegel. Die blauen Flecken verblassten langsam. Wenn sie sich nicht wehrte, schlug Karl sie auch nicht. Und alles in allem verlor er bereits wieder das Interesse an ihr, seine Besuche wurden seltener und waren meist aus einer Alkohollaune heraus getrieben. Sie beschloss, das Zimmer zu verlassen.
    Kiri und Amru war die Erleichterung anzusehen, als Julies Lebensgeister wieder zu erwachen schienen. Julie hatte das Gefühl, als würde ihr jeder Wunsch von den Lippen abgelesen. Sie fand bald wieder Gefallen daran, sich auf der Veranda aufzuhalten, war aber immer darauf bedacht, eine Zeit zu wählen, in der Karl nicht in der Nähe des Plantagenhauses war und auch Martina und Pieter sich nicht blicken ließen. Gänzlich konnte sie den anderen jedoch nicht aus dem Weg gehen. Als Karl bemerkte, dass Julie ihre Räume verließ, herrschte er sie an, dann auch wieder an den Mahlzeiten

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