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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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Eifer war geweckt, und er ging sofort daran, Leevken auszufragen: »Sie haben also eine Zuckerrohrplantage in Surinam?«
    »Ja, junger Mann, genau«, antwortete Leevken knapp.
    Julie rückte unmerklich etwas näher heran. Vielleicht erfuhr sie so mehr über ihn. Surinam ... hatte sie davon nicht schon einmal gehört?
    Hendriks Gesicht hatte inzwischen einen erwartungsvollen Ausdruck angenommen. »Bewirtschaften Sie Ihre Ländereien mit Sklaven?«
    Leevken machte einen amüsierten Gesichtsausdruck und schlug lässig die Beine übereinander. »Selbstverständlich«, sagte er lächelnd und nippte an seinem Drink.
    »Was halten Sie davon, dass einige Regierungsmitglieder gedenken, sich für die Abschaffung der Sklaverei in den Kolonien auszusprechen?« Hendrik zierte sich nicht, schwierige Themen anzusprechen.
    Julie spürte die leichte Spannung, die in der Luft lag.
    Leevken schien das allerdings nichts auszumachen. »Wissen Sie, Hendrik, ich denke, dass diese Personen sich nicht darüber im Klaren sind, dass sie damit der Kolonie ihre Wirtschaftsgrundlage entziehen würden. Wir würden die Produktivität ohne die Sklaven nicht aufrechterhalten können, und solange die Regierung keine Alternative dafür hat, wird sie sich bestimmt hüten, auf die Anträge zur Abschaffung der Sklaverei einzugehen.« Er sprach ruhig, seine Stimme hatte einen tiefen, dominanten Ton. Dies war kein Mann, der sich auf Diskussionen einließ.
    »Aber glauben Sie nicht, dass es bessere Wege gibt als die der Sklavenarbeit? Man könnte doch europäische Arbeitskräfte einführen.«
    Jetzt beugte sich Leevken leicht nach vorn und fixierte Hendrik mit den Augen. »Wenn Sie sich über das Thema informiert haben, wird Ihnen nicht entgangen sein, dass dieser Versuch bereits unternommen wurde und kläglich an der Konstitution und Arbeitsbereitschaft der Europäer scheiterte.«
    Hendrik kam sichtlich ins Schwitzen, als Leevken fortfuhr: »Der Neger an sich ist von seiner körperlichen Beschaffenheit einfach zur Arbeit auf den Plantagen prädestiniert. Zumal diese Leute das Klima weitaus besser vertragen. Bei richtiger Führung, entsprechend ihren geistigen Fähigkeiten, schaffen sie wesentlich mehr als jeder hellhäutige Arbeiter.«
    Jetzt funkelte Wim Leevken mit bösem Blick an. »Aber die Sklaverei tastet die Würde des Menschen an!«
    Dieser jedoch lachte höhnisch auf. »Wo haben Sie das denn aufgegriffen? Ich empfehle den jungen Herren, sich zunächst selbst ein Bild von der Sklavenhaltung zu machen, bevor Sie sich dagegen aussprechen. Wir geben diesen Negern Arbeit, Unterkunft und Verpflegung. Überlässt man sie sich selbst, wie in anderen Ländern bereits geschehen, fallen sie sofort in ihr altes, wildes Leben zurück. Was für die meisten in Armut und Alkoholismus endet. Die Sklaverei ist durchaus eine Sicherheit für dieses Volk. Zumal man heiße Landstriche einfach am besten mit Negern bearbeiten kann.«
    Hendrik schnaubte verächtlich. Bevor er aber etwas erwidern konnte, stieß Wilhelm Vandenberg zu der Runde. Vermutlich hatte er Angst, Hendrik und Wim würden seinen Gast mit ungebührlichen Themen belästigen. »Wim, Hendrik, Mijnheer Streever würde sich gerne mit euch unterhalten, würdet ihr ihm die Ehre erweisen?«
    Julie schmunzelte innerlich über diesen taktischen Zug ihres Onkels. Mijnheer Streever besaß neben einem Handelshaus auch eine kleine Druckerei, die im Wesentlichen wirtschaftsrelevante Nachrichten verbreitete. Ohne Frage brannten Wim und Hendrik darauf, sich mit ihm zu unterhalten. Touché, Onkel Wilhelm, damit hast du Mijnheer Leevken von den beiden befreit, dachte Julie im Stillen.
    »Mijnheer Leevken, ich hoffe, die beiden haben Sie nicht belästigt?« Onkel Wilhelm ließ Leevken nachschenken.
    »Keineswegs ...« Leevken prostete dem Hausherrn zu, als zwei weitere Gäste hinzutraten und Onkel Wilhelms Aufmerksamkeit beanspruchten.
    Julie bemerkte verlegen, dass sie plötzlich mit Leevken allein dasaß. Dieser nahm einen Schluck aus seinem Glas, setzte sich bequem zurecht und wandte sich dann Julie zu: »Mejuffrouw Vandenberg, es freut mich, Sie wiederzusehen.« Julie spürte, wie ihre Handflächen feucht wurden und ihr Puls sich beschleunigte.

Kapitel 4
    Die Tage bis zum Jahreswechsel vergingen wie im Flug. Im Hause Vandenberg war der Tag des großen Balls gekommen.
    Am 31. Dezember machte sich Julie früh am Nachmittag fertig. Sorgsam kleidete sie sich an, ihr dunkelrotes Ballkleid umschmeichelte trotz des

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