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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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dunkelgrüne Augen. »Mijnheer Leevken! Es freut mich ...«
    Er stand jetzt dicht vor ihr. »Mejuffrouw Vandenberg«, sagte er eindringlich und deutete dann demonstrativ auf das Gewächs neben sich, »bei uns werden die viel größer, aber da wachsen sie natürlich im Freien. In diesem Klima geht das nicht.«
    Julie zwang sich aus den Fängen seines Blickes, der unendlich tief in ihr zu ruhen schien. Ihr war kalt, dann wurde ihr schlagartig warm. Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Sag was!, schoss es ihr durch den Kopf. Sie suchte nach Worten. »Oh, ist das Klima in Ihrer Heimat denn so anders als hier?«, brachte sie über die Lippen.
    Leevken lächelte Julie an und trat neben sie an das Fenster.
    »Mejuffrouw Vandenberg, Surinam liegt in den Tropen, es ist das ganze Jahr warm bei uns.«
    »Sagen Sie doch Juliette zu mir ...« Julie war froh, ihm nicht mehr ins Gesicht schauen zu müssen, gleichzeitig kamen ihr Zweifel: War es zu früh, ihm den Vornamen anzubieten? Der Blick dieses Mannes richtete in ihrem Kopf ein nie da gewesenes Durcheinander an. Verstohlen betrachtete sie jetzt sein Profil von der Seite. Seine Haut war sonnengebräunt und nur von wenigen Falten durchzogen, obwohl er wohl deutlich älter war als sie selbst. Er strahlte eine natürliche Selbstsicherheit und eine beeindruckende Präsenz aus. Julie schaute schnell wieder hinaus auf den glitzernden Schnee. »Dann gibt es wohl keinen Schnee in Surinam, oder?« Sie hörte selbst, wie töricht die Bemerkung klang, er hatte schließlich von den Tropen gesprochen, und schalt sich im gleichen Moment. Sie versuchte, ihre Unsicherheit hinter einem gespielten Lächeln zu verbergen.
    »Nein«, wieder lachte er kurz auf, »aber dafür gibt es unzählige andere Naturschönheiten, die sich ein, Sie verzeihen mir, Europäer gar nicht vorstellen kann, wenn er sie noch nicht selbst gesehen hat.« Er sprach leise und betont.
    Julie musste etwas fragen, irgendetwas in ihr wollte unbedingt, dass er weitersprach. »Wo haben Sie denn den schwarzen Mann gelassen, der neulich bei Ihnen war?«
    »Den schwarzen Mann?« Leevken lachte kurz auf. »Der schwarze Mann ist Aiku, mein Hausdiener. Es ist wohl nicht nötig, ihn zu einer solchen Veranstaltung mitzubringen.« Er wandte sich wieder Julie zu, immer noch lächelnd. »Oder denken Sie, Ihr Onkel hätte nicht genügend Personal im Haus? Kommen Sie, wir suchen uns einen bequemeren Platz, dann erzähle ich Ihnen noch ein bisschen aus meiner Heimat.« Er bot Julie seinen Arm, und noch bevor sie überlegen konnte, ob es schicklich war oder nicht, ließ sie sich von ihm in ein ruhigeres Zimmer führen.
    Nach zwei weiteren Gläsern Champagner hatte sich auch der Knoten in Julies Kopf gelöst, und sie konnte sich etwas unbefangener mit Leevken unterhalten.
    Er erzählte ihr, nicht ohne einen Anflug von ehrlichem Stolz, von seiner Plantage Rozenburg am Surinam-Fluss.
    »Aber dort gibt es doch bestimmt gefährliche Tiere?«
    »Ja, natürlich, im Dschungel gibt es einige, aber von den Häusern halten sie sich fern.«
    »Sind Sie eigentlich verheiratet?« Julie rutschte die Frage ganz unvermittelt heraus, und als ihr die Ungebührlichkeit bewusst wurde, senkte sie errötend den Blick.
    Das Grün seiner Augen schien einen Moment lang eine Nuance dunkler zu werden. »Meine Frau starb vor fünfzehn Jahren.«
    »Oh ... das tut mir leid.« Die Worte kamen unweigerlich – aber eigentlich musste Julie sich eingestehen, dass sie keineswegs Bedauern empfand. Was war nur mit ihr los?
    Leevken schaute sie forschend an. »Das muss Ihnen nicht leidtun, Juliette, das ist lange her. Und Surinam ... dieses Land hat seine Widrigkeiten, das gebe ich zu. Aber ein Blick in den klaren Sternenhimmel dort entschädigt für vieles.«
    »Und was bauen Sie auf Ihrer Plantage an?« Julie fand es an der Zeit, das Thema zu wechseln. Leevken berichtete auch gleich anschaulich vom Leben auf der Plantage und dem Zuckerrohranbau.
    Die Zeit verging wie im Fluge. Schließlich führte Leevken Julie zurück in den Wintergarten, wo sich jetzt mehrere Paare zum Klang der Musik bewegten. »Versprechen Sie mir noch einen Tanz, Juliette?«, fragte er ernst.
    Julie kicherte leicht beschwipst. »Ja, gerne, aber ich habe meinem Cousin und seinem Freund bereits auch je einen versprochen. Da müssen Sie sich hinten anstellen.«
    »Na, wenn ich mir das so ansehe«, sagte Leevken und ließ seinen Blick über die trinkenden, plaudernden und tanzenden Gäste schweifen,

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