Im Land der Orangenbluten
und machte sich auf die Suche nach Liv.
Martinas Leibsklavin saß mit Jean und den Kindern immer noch im Salon. Jean hatte über das Glück, einen Sohn zu haben, offensichtlich gänzlich die Zeit vergessen, hockte verschwitzt und dreckig von der Reise auf dem Boden und spielte mit dem Kind. Julie beobachtete die Szene liebevoll. So hatte sie sich das immer erträumt.
»Jean! Ich freue mich ja, dass ihr zwei euch so gut versteht, aber ich finde, du solltest dich mal waschen«, sagte sie zärtlich.
In diesem Moment reckte Henry die Ärmchen nach Julie. Ihr Herz machte einen Sprung, und Tränen der Freude traten in ihre Augen. Er hatte sie nicht vergessen! Sie hatte sich ernsthaft Sorgen gemacht, ihr Kind würde nach der langen Zeit fremdeln. Sie trat auf ihn zu und hob ihn in ihre Arme. Zärtlich rieb sie ihre Nase an seiner Wange. Wie gut er duftete!
»Meinst du?« Jean betrachtete die beiden liebevoll und stand auf. »Ich komme nachher wieder, kleiner Mann. Versprochen. Und dann spielen wir weiter.«
»Komm schon, Jean, reiß dich von ihm los und mach dich hübsch für deinen Sohn«, neckte Julie ihn. Es gelang ihr jedoch nicht, die Sorge ganz aus ihrer Stimme zu verdrängen.
Jean spürte sofort, dass etwas nicht stimmte. »Ist sonst alles in Ordnung? Du siehst nicht gerade zufrieden aus«, fragte er, während Julie ihn in den Flur schob.
»Kiri liegt in den Wehen, Martina liegt schwer krank oben, und ich weiß nicht, was los ist. Ich muss jetzt erst einmal herausfinden, was passiert ist.« Sie deutete auf Liv im Salon.
»Soll ich ... ich kann dabeibleiben, wenn du das möchtest.«
»Nein, ist schon in Ordnung. Ich will erst mal allein mit ihr reden«
»Gut. Aber du erzählst mir nachher alles, ja?«
»Ja, natürlich.«
Jean schritt durch die Hintertür in den Hof, wo es einen Brunnen und einen Waschzuber gab. Julie ging zurück in den Salon. Henry setzte sie auf den Boden, gab ihm etwas zu spielen in die kleinen Fingerchen und nahm dann mit ernster Miene Liv gegenüber in einem Sessel Platz. »So, Liv, jetzt erzähl mal ganz in Ruhe, was passiert ist.«
Liv machte gleich ein verschrecktes Gesicht. »Misi Juliette darf nicht böse sein, Masra Pieter schon fürchterlich böse ... wir ... ich kann nichts dafür«, stammelte das Mädchen.
»Nein, ist schon gut, Liv. Ich weiß, dass ihr nichts dafür könnt, aber jetzt erzähl bitte von Anfang an, was passiert ist, ja? Ich muss es wissen, sonst kann ich uns allen nicht helfen. Warum wollte Misi Martina unbedingt in die Stadt?«
Liv berichtete ausführlich, was sich auf Rozenburg zugetragen hatte. Von den erkrankten Sklaven, Pieters erneuten Medikamentenversuchen, den gestorbenen Männern, den vielen Streitigkeiten zwischen Masra Pieter und Misi Martina. »Masra Pieter hat die Misi sogar geschlagen«, berichtetete sie mit leiser Stimme. Und dann erzählte sie, was mit Jenk passiert war und dass Amru sich verändert habe und dann sei Misi Martina auch noch krank geworden, habe aber trotzdem befohlen, in die Stadt zu reisen. Masra Pieter sei schon aufgetaucht und habe Ärger gemacht, sogar mit der Polizei, aber Schwester Klara, Misi Valerie und Misi Erika hatten ihn ...
Julie wurde zunehmend wütender. Sie musste bei der Vorstellung, wie sich die baumhohe Klara Pieter in den Weg stellte, kurz schmunzeln, das hatte ihm sicherlich nicht gepasst, dann aber bekam der Zorn die Oberhand. Das hätte alles nicht passieren dürfen. Und die arme Amru!
»Juliette? Juliette!« Erika kam ins Haus gelaufen. »Es ist so weit!«
Julie sprang auf. »Liv, es ist alles in Ordnung, ihr habt alles richtig gemacht«, sagte sie eindringlich. »Und jetzt wird alles gut!«, versicherte sie der Sklavin und eilte hinter Erika her zu Kiris Lager.
Eine halbe Stunde später gebar Kiri ein kleines Mädchen. Es war sehr klein und schmächtig, aber es hatte eine kräftige Stimme und ganz dichtes krauses schwarzes Haar. Es war noch viel krauser als Kiris Haar.
»Was für ein hübsches kleines Mädchen.« Julie legte Kiri das frisch gewaschene Baby in den Arm. Kiri wirkte erleichtert. »Weißt du schon einen Namen?«
Kiri betrachtete das Baby ganz genau. Dann strahlte sie übers ganze Gesicht. »Ja, Misi Juliette, Karini soll sie heißen.«
»Karini! Ein schöner Name! Dany wird sich freuen über seine Tochter.«
Kurz huschte ein Schatten über Kiris Gesicht, dann murmelte sie: »Ja, Dany wird sich freuen.«
Kapitel 3
Martinas Zustand verschlechterte sich von Tag zu Tag. Auch Valerie
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