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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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bereitstand. Martina und Pieter richteten es sich gerade unter der Plane bequem ein.
    Julie versuchte, sich mit ausreichend Abstand zu Karl, Pieter und Martina zu setzen. Die erzwungene Nähe bereitete ihr Unbehagen, und Nachbarschaft bedeutete, wie Julie nun erfuhr, eine Bootsfahrt von fast einer Stunde.
    Die Ankunft bei den Marwijks barg für Julie erneut eine Überraschung. Nicht nur, weil die Marwijks ein recht pompöses Anwesen bewohnten, sondern auch, weil Karl, sobald er den Fuß auf festen Boden gesetzt hatte, wie verwandelt erschien. Da war er wieder, dieser charmante, wortgewandte Mann, den Julie in Amsterdam kennengelernt hatte, verschwunden das sauertöpfische Gehabe der vergangenen Wochen. Julie wusste nicht, ob sie sich freuen sollte oder ob sie sich Sorgen um seinen Geisteszustand machen musste. Auf jeden Fall traute sie diesem Frieden nicht.
    »Juliette, wie schön, Sie wiederzusehen!« Marie Marwijk stürzte sich sogleich auf Julie und nahm sie in Beschlag. »Meinen Mann Davis kennen Sie ja bereits?« Julie vermochte sich nicht daran zu erinnern, ob sie diesem hochgewachsenen, mageren Mann auf der Gesellschaft neulich bereits vorgestellt worden war. Sein Anblick erinnerte Julie jetzt spontan an einen Pastor, der früher im Internat die Sonntagsmesse gelesen hatte. Marie Marwijk ergriff Julies Hand und tätschelte diese freundschaftlich. »Wissen Sie, es ist ja doch manchmal recht einsam auf diesen Plantagen, da ist es ausgesprochen erfreulich, dass sich wieder eine Frau in der Nachbarschaft befindet.«
    Julie blieb nicht verborgen, dass Marie dabei einen linkischen Seitenblick auf Martina warf. Martina schien also bisher nicht in der Rolle der Nachbarin geglänzt zu haben. Gut, was sollte so eine ältere Dame auch mit einem Mädchen wie Martina gemein haben? Aber ob Julie da eher in Frage kam?
    Die Marwijks führten ihre Gäste in den Speisesalon. Der Tisch war mit erlesenem Tafelsilber gedeckt, und adrett gekleidete Sklavenmädchen servierten Getränke und kleine Vorspeisen. Julie musste fast lachen, denn die weißen Schürzchen und Häubchen auf den krausen Haaren bildeten einen großen Gegensatz zu den schwieligen, schuhlosen Füßen der Dienstmädchen.
    Auf Rozenburg war es den Hausmädchen gestattet, einfache Alltagskleidung zu tragen. Diese, das hatte Julie bereits gelernt, setzte sich bei den Frauen aus dem pangi , einem Wickelrock, und der angisa, dem Kopftuch zusammen. Die Männer trugen ebenfalls einen pangi oder einfache Hosen. Blusen oder Hemden trugen die Sklaven nur im Einflussbereich der Weißen. In ihren Dörfern und auf den Feldern verzichteten die Männer darauf. Frauen hingegen schienen sich zumindest gegenüber den Aufsehern und den männlichen Weißen immer zu verhüllen. In der Stadt trugen sie sogar recht aufwändige Kleider. Wohingegen Julie sich bei ihren Besuchen im Dorf daran gewöhnen musste, die meisten Frauen barbusig vorzufinden.
    Julie wusste nicht, ob es auch festlichere Kleidung für die Haussklaven auf Rozenburg gab, aber so konnte sie sich weder Amru noch Kiri vorstellen.
    »Und, Juliette, wie gefällt es Ihnen auf Rozenburg?«
    Marie Marwijk rückte etwas näher an Julies Seite. Die Männer waren bereits in Fachgespräche über Plantagenbewirtschaftung vertieft, und Martina beschränkte sich darauf, Pieter anzuhimmeln.
    »Es gefällt mir ausgesprochen gut auf Rozenburg.« Julie bemühte sich um ein Lächeln, und zumindest die Aussage, dass ihr die Plantage gut gefiel, war nicht einmal gelogen.
    »Es ist ja auch ein sehr schönes Anwesen«, pflichtete Marie ihr bei. »Allerdings fehlt seit ein paar Jahren die Handschrift einer Frau im Haushalt, man munkelt, die Sklavenfrauen machen dort, was sie wollen«, fügte sie flüsternd hinzu, nicht ohne erneut einen Blick auf Martina zu werfen.
    Julie runzelte die Stirn, sie wusste nicht recht, ob sie etwas erwidern sollte. Bisher schien ihr der Haushalt gut gepflegt zu sein.
    Marie Marwijk bemerkte Julies Zögern, deutete es aber falsch. »Nun, es ist ja nicht gerade förderlich, so ein Kind ganz unter der Aufsicht seiner ehemaligen Amme aufwachsen zu lassen«, erklärte sie. Julie hatte keine Ahnung, wovon Marie sprach, vermutete aber, dass es um Amru ging. Sie wollte gerade zur Verteidigung der schwarzen Haushälterin von Rozenburg ansetzen, von deren Gutherzigkeit sie absolut überzeugt war, doch Marie wechselte bereits das Thema. »Werden Sie denn auch zum Ball des Gouverneurs kommen? Ach, ich freue mich schon sehr

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