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Im Land der Orangenbluten

Im Land der Orangenbluten

Titel: Im Land der Orangenbluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: belago
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Pieter ein und tuschelte ihm etwas ins Ohr. Pieter hielt zwar den Kopf geneigt, als höre er ihr zu, aber Julie bemerkte, dass er sie selbst immer noch mit einem abschätzenden Blick aus den Augenwinkeln ansah. Im Salon nahmen sie Platz. Julie saß aufrecht, mit im Schoß gefalteten Händen. Dieser Pieter regte Unbehagen in ihr. Und ihr klitzekleines Gefühl, hier jetzt zu Hause zu sein, welches sich in den letzten Tagen zaghaft eingestellt hatte, wurde jäh zerstört. Martinas Ankunft machte ihr jetzt deutlich, dass dies nicht ihr Zuhause war; sie war ein Gast, ein ungeliebter Gast dazu.
    »Und, wie gefällt es Ihnen in Surinam, Juliette?«
    Julie erwog kurz zornig, diesen Pieter darauf hinzuweisen, dass »Mevrouw Leevken« wohl die angemessenere Ansprache sei. Da Karl aber ein sehr freundschaftliches Verhältnis mit diesem Kerl zu pflegen schien, verzichtete sie lieber darauf. »Danke, sehr gut«, antwortete sie stattdessen knapp.
    »Wie Sie vielleicht wissen, bekommt das hiesige Klima Europäern manchmal nicht. Falls Sie also einmal Probleme mit der Gesundheit haben ...«
    »Danke, ich erfreue mich bester Gesundheit.« Julie erschauderte innerlich bei dem Gedanken, sich im Falle einer Krankheit diesem Mann anvertrauen zu müssen. Karl kam ihr unbewusst zu Hilfe, indem er Pieter mit seinen Fragen nach Neuigkeiten aus der Stadt von Julie ablenkte.
    Julie verfolgte das Gespräch eher nachlässig. Sie kannte weder die Namen noch die Menschen dahinter und hatte keine Ahnung, worum es ging. Kurz fragte sie sich, wie es wohl Wilma und Erika ging. Sie hoffte, die beiden bald in der Stadt besuchen zu können. Ob Karl das wohl erlauben würde? Still beobachtete sie, wie Martina regelrecht an Pieters Lippen klebte, wie sie hier und da eine eifrige, aber unnütze Bemerkung einwarf und ihre Wangen vor Verliebtheit erröteten. Julie fragte sich insgeheim, was diesen Mann wohl dazu trieb, sich einem Kind anzuhängen? Julie war ja selbst gerade mal ein Jahr älter als Martina, aber wenn sie dieses Mädchen jetzt so betrachtete, fühlte sie sich schrecklich alt. Martina war zwar äußerlich eine junge Frau und bestimmt für einen gleichaltrigen jungen Mann auch nicht unattraktiv. Pieter hingegen ... war ein erwachsener Mann.
    Auch während des Essens unterhielten sich Karl und Pieter angeregt. Bevor die Männer sich anschließend in Karls Arbeitszimmer zurückzogen, beschied Karl die Frauen noch kurz: »Morgen sind wir übrigens bei den Marwijks auf Watervreede eingeladen, seid bitte pünktlich fertig.«
    Martina verschwand grußlos auf ihr Zimmer. Julie flüchtete nach draußen, sie brauchte frische Luft. Die beklemmende Stimmung im Haus hatte ihr fast die Luft zum Atmen genommen. Sie wollte nicht allein sein und schlenderte deshalb nicht wie üblich im vorderen Garten umher, sondern wählte den Weg um das Haus herum. Nico folgte ihr.
    Auf der hinteren Veranda schrubbte Amru gerade das Besteck. Sie stand erschrocken auf, als Julie die Treppe zur Veranda hinaufstieg. »Misi Juliette? Alles in Ordnung? Hat Misi gerufen ...?«
    »Nein, Amru, alles gut, keine Sorge.« Julie setzte sich neben Amru auf einen alten Stuhl.
    Amru schaute sie halb verwundert, halb belustigt an. »Misi, hier hinten ist eigentlich kein Ort für die Misi.«
    »Ach, Amru, ich weiß, dass ich hier nicht sein soll«, sagte sie und hielt nur mit Mühe die Tränen zurück. »Aber ich bin immer allein. Martina redet immer noch nicht mit mir, und Karl ist mit diesem Pieter ...«
    Bei Pieters Namen huschte ein Schatten über Amrus Gesicht. Julie schloss daraus, dass er hier auch sonst nicht sonderlich beliebt war. Ihr Gefühl trog sie also nicht. Amru wollte gerade etwas sagen, als aus der Ferne Gejohle und Schreie zu ihnen herüberklangen. Julie stand auf und schaute sich um, selbst Nico schlug nervös mit den Flügeln. Auch Amru stand auf. Im Gegensatz zu Julie überlegte sie aber nicht lange, woher der Krach kam. Sie raffte mit ärgerlichem Gemurmel ihren Rock und machte sich strammen Schrittes auf den Weg in Richtung Sklavendorf. Julie zögerte kurz, dann folgte sie ihr.
    Zielstrebig hastete Amru zu einer der hinteren Hütten, aus der das Geschrei kam. Kiris Hütte! Ohne zu zögern stürmte sie hinein, um sogleich laut schimpfend und zwei schwarze Burschen vor sich hertreibend wieder herauszukommen. Hinter ihnen stolperte Kiri aus der Hütte. Verängstigt, ihr verrutschtes Kleid dürftig richtend, suchte sie hinter Amru Deckung. Den jungen Männern schien das

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