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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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wird nicht eifersüchtig, wenn man nach einem anderen greift – Bier wird nicht zickig, wenn man nach Bier riecht – Der Bierliebhaber ist immer der Erste, der eine Dose öffnet – Bier ist immer feucht, ja, ein frigides Bier ist ein gutes Bier . Und, Gipfel der Holzfäller-Poesie: Hat man es ausgetrunken, ist es immer noch fünf Cent wert .
    Auf dem zweiten Plakat steht ein einziger Satz. Beer? – Helping ugly people have sex! Das ist ein geistreicher Spruch, den das Leben jeden Tag, jede Nacht millionenfach bestätigt. Auch das imponiert bei den Aussies: ohne Prüderie verkünden sie Einsichten, auch die wahren und knallharten.
    Am Nachmittag darf man zurück nach Cairns. In einem Café spreche ich eine Frau an, die Milan Kunderas Book of Laughter and Forgetting liest. Ein Buch ist wie eine Visitenkarte, hat man Glück, dann funktioniert es als Einladung. Unverfänglicher, als über Kundera zu sprechen, kann man einander nicht kennenlernen. Zudem garantiert die Nähe eines Buches, dass sein Besitzer sich auf der geistigen Flughöhe der Lektüre befindet (klar, auch hier sind Blender unterwegs). Man muss also keine Angst haben, dass der andere den Mund aufmacht und den Offenbarungseid leistet, sprich, sein leer stehendes Hirn zum Vorschein kommt. Catherine studiert an der New York University »literature and creative writing«. Das sind zwei solide Beweggründe, uns für morgen zu verabreden. Auch will ich endlich wissen, wie man »kreatives Schreiben« lernt.
    Am frühen Morgen zwitschern die Vögel durch Cairns, ein Lieblingstag fängt an, die nächtlichen Saufbolde grölen nicht mehr, die plärrenden Pubs haben den Geist aufgegeben, eine warme Brise weht, die Farben des Himmels ziehen auf. Ein Laden verkauft Kaffee und Sandwiches, ich sitze im Freien und will von nichts anderem träumen als von der Gegenwart.
    Um 8 Uhr zum Hafen und die Neptun betreten, ein Boot, das jeden Tag etwa drei Dutzend Frauen und Männer ins Glück fährt. Wie Hunderte andere Schiffe. Bevor wir ablegen, werden Zettel verteilt, eine lange Liste mit allen vorstellbaren und unvorstellbaren Gefahren, die heute auf uns lauern. Atemlosigkeit, Sonnenbrand, Erschöpfung, Hautverletzungen, geistige Umnachtung, platzende Lungen, Epilepsieanfälle, Stiche vom Jellyfisch (dem gifttödlichsten aller Fische). Das ist ein seltsamer Anfang für einen Glückstag, aber so ist er. Wir alle müssen unterschreiben, dass der Veranstalter nie und keinesfalls für etwaige Schrammen oder weggerissene Waden regresspflichtig gemacht werden kann. Von niemandem, auch nicht von »Blutsverwandten und Erben«. Ich bekomme die safety number 32.
    Aber die Crew ist sympathisch, mit Witz wird die Prozedur erledigt, jeder bekommt eine Kotztüte, »a rough sea« steht an, zwei Gruppen werden eingeteilt, die Taucher, die ein Zerifikat vorlegen müssen, und die Schnorchler. Wir lernen die paar Handzeichen für den Fall, dass es Probleme geben sollte.
    Fahrt Richtung Great Barrier Reef , entlang der Ostküste Australiens. Größer als England, 2000 Kilometer lang, bis zu 80 breit, der gewaltigste Artenreichtum der Welt, schätzungsweise zwischen 600 000 und 40 Millionen Jahre alt. Zudem eine 4,5-Milliarden-Australien-Dollar-Goldgrube, 50 000 Arbeitsplätze, Millionen Neugierige pro Jahr. Ach, die lächerlichen Ziffern, auch endlos Mal multipliziert sagen sie nichts über das Staunen und Wundern, das jeden niederstreckt, der ihm nah kommt.
    Die Neopren-Anzüge liegen bereit, hineinschlüpfen, sagen wir, hineinzwängen. Denn wir sind im 21. Jahrhundert angekommen, und hier scheinen die wohlbeleibten 25-Jährigen in der Überzahl. Das ist um so beachtlicher, da die Jungen ganz cool mit ihren Fettschwarten umgehen. Niemand versucht, etwas zu verheimlichen, sich zu beeilen, um die »Peinlichkeit« hinter sich zu bringen. Warum? Weil die Maßlosigkeit wohl Mainstream geworden ist. Die Minderheit ist dünn und die dicke Mehrheit gibt heute den Ton an. Sie traut sich jetzt. Noch verwirrender. Einige der Kugeligen führen ihren Leib lässig spazieren, ganz mühelos. Während andere, manche mit einem strahlenden Body, stelzen und ihn ausstellen. An ihren Gesichtern lässt sich erkennen, dass sich die Leichten mehr Sorgen um ihren Auftritt machen als die Schweren.
    Nach knapp 70 Kilometern dürfen wir in den Pazifik, ein Teil der

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