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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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viel. Eine schlechte Presse ist schlecht fürs Business. Aber immerhin, »Unglücksfall« klingt weniger desaströs als »Nachlässigkeit«.
    Amüsanter Nachtrag: Bald griff das Volk ein bei den Ermittlungen. Plötzlich war von einem Schnellboot die Rede, das mitten im Korallenriff auf das Paar gewartet hatte. Um die zwei nach der Inszenierung ihres eigenen Todes in ein neues Leben zu befördern. Plötzlich wurden die Lonergans an hundert verschiedenen Orten im Land gesichtet. Plötzlich wollte so mancher ebenfalls für fünfzehn Minuten berühmt werden und plapperte von ominösen Anrufen bei sich. Fairerweise sei noch erwähnt, dass keiner bisher die Öffentlichkeit darüber informierte, die beiden zusammen mit Jimi Hendrix und Jim Morrison beim Autostopp durch die Sahelzone beobachtet zu haben.
    Wir kommen vollzählig in Cairns an, mit Handschlag werden wir von den fünf Boys verabschiedet. Die uns einen Tag im Wunderland geschenkt haben. Ich frage nochmals (diskret), und endlich gesteht Ethan, der Boss, dass es auch bei ihnen Dramen gab. Wobei jeder Beteiligte schuldlos blieb. Zwei Gäste mussten mit einem Infarkt aus dem Wasser gefischt werden, zwei Schnorchler. Wie die beiden Männer hinterher berichteten, waren sie von dem Gesehenen so überwältigt, dass ein Herzmuskel aussetzte. Das ist eine wunderbare Geschichte. An Schönheit erkranken. Wie Stendhal, der französische Schriftsteller, der vor 170 Jahren durch Florenz schlenderte und mittendrin ohnmächtig umfiel. Überwältigt vom Zauber der Stadt. Die Glücklichen.
    Ins Café hetzen, zur Verabredung. Ich flitze und bin trotzdem zu spät, über eine Stunde. Die kluge Hübsche sitzt nicht mehr an ihrem Platz. Ich muss mich bescheiden, man kann nicht zwei Schönheiten am selben Tag genießen. Ich hole mein Gepäck und wandere vor zur Esplanade, der Straße, die am Strand entlang führt. Da es den Raffgierigen noch immer nicht gelungen ist, das Meer zu verbauen, ist hier die Aussicht am feinsten. Ich folge den Anweisungen und setze mich vier Meter von einem Café entfernt auf ein paar Stufen. Ab hier ist das Rauchen erlaubt. Ich sehe, dass Autos und Auspuffe um die Hälfte näher ran dürfen. Das macht Sinn, Kohlendioxid schmeckt einfach besser als Nikotin, zudem scheint es um Längen nahrhafter. Vor Kurzem las ich den Werbespruch einer Anti-Tabak-Kampagne über einem Restaurant: »Alkohol konsumieren in gesunder Umgebung!« Ich werde mich immer für das Lebensrecht der Schwachsinnigen einsetzen, denn sie sind ein steter Quell von Heiterkeit.
    Statt Catherine aus New York treffe ich Norman aus »somewhere far away«. Auf Reisen sollte man lernen, loszulassen. Um sich mit einer leichten Drehung den anderen Chancen zuzuwenden. Dann eben dem 53-Jährigen, der aussieht wie 73 und seine schönen Tage schon geraume Zeit hinter sich hat. Ich rücke zu ihm, die Stufen reichen für uns beide. Er ist anders als alle anderen, die an uns vorbeikommen. Er ist ein bagman , hat sich mit seinen Tüten hier eingerichtet. Im Winter wärmt ihn die Sonne in Cairns, im Sommer zieht er um auf ein Trottoir in Sydney, der Hitze wegen, denn dort ist es kühler. Ich frage ihn, warum er auf der Straße gelandet ist und der Superdicke hat sich folgende Geschichte zurechtgelegt: dass er einst 900 000 Dollar besaß, sie investierte und – verlor. Norman, unaufgeregt: »I was fucked.« Irgendwie ist die Story – die wahre?, die fiktive?, selbst der Erzähler weiß es wohl nicht mehr – symptomatisch. Ich kenne ähnliche aus Paris. Nicht vier, fünf Schicksalsschläge machen obdachlos, meist reicht einer, damit der Mensch zum Obdachlosen mutiert und zu kämpfen aufhört. Wie ein Sturm, der das Haus wegreißt. Und anschließend lässt man die Ruine stehen und lebt ohne Haus weiter. Und gewöhnt sich daran, schneller als man ahnt. Norman scheint einverstanden, hat die verloren gegangene Kiste Geld verkraftet.
    Ich frage ihn, was er sich kaufen würde, wenn er die vielen Scheine noch besäße. Na was, »a woman, a mansion, a boat, some surfboards«, fügt noch hinzu, dass er ein einziges Mal im Leben eine Frau hatte. Und mit ihr kam die Enttäuschung, »she played games on me«, das genügte. Ich weise ihn auf den Widerspruch hin, gerade sagte er, von Frauen habe er genug, aber shoppen will er sich trotzdem eine.

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