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Im Land der Regenbogenschlange

Im Land der Regenbogenschlange

Titel: Im Land der Regenbogenschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Altmann Andreas
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vorbeikommen. Beim Abschied zeigt er mir seine star charts . Damit wird er jetzt irgendwo in der Wüste haltmachen, die Sternentabelle auf Datum und Uhrzeit einstellen, sich auf die Ladefläche des Pickups legen und nach oben starren. Wird Pollux und Castor entdecken, Hydra, den kleinen Löwen, den großen Bären. Und weil das Leben so schön sein kann in diesen Augenblicken, hat er noch ein Dutzend Dosen eingepackt. Zur Sicherheit. Denn hier in der Gegend macht auch glücklich sein durstig, auch nachts unterm Himmelszelt.
    Als ich am nächsten Morgen in Alice Springs aussteige, überkommt mich plötzlich der irrsinnige Gedanke, dass ich jetzt für die guten Tage bezahlen muss. Dass eben Glück ohne Strafe nicht sein darf, nicht sein kann. Ich wehre mich noch gegen die abstruse Idee, zu spät, jetzt ist sie da. Jetzt ist Zahltag.
    Als ich mich unter den Kofferraumdeckel bücke, um dem Fahrer beim Herausholen meines Rucksacks zu helfen, bellt er: »Step back, it's none of your business.« Wie mich meine Hilfsbereitschaft ärgert. Sie scheint bisweilen so uncool, regelrecht zudringlich. Ich führe mich auf wie einer, der noch immer nicht in den modernen Zeiten angekommen ist. Ich dachte, ich erleichtere ihm die Anstrengung. Ganz falsch gedacht. Hier spielt jemand sein Powerplay, will beweisen, dass nur einer anschafft. Der Mann ist vielleicht sechzig und hat mit 16 aufgehört zu wachsen.
    Ich irre durch die Stadt, auf der Suche nach einem freien Bett. Im Melankas Backpackers finde ich eines, endlich. An der Tür steht: »Must be showered«. Als ich (ungeduscht) eintrete – ich habe vor zehn Minuten hier angerufen –, ist das Zimmer zu dem angekündigten Preis vergeben. Ich verlange, den Manager zu sprechen. Er ist sensibel und hört meinen gereizten Unterton, o.k., das Zimmer ist wieder verfügbar. Aus dem Office vernehme ich einen scharfen Wortwechsel, offenbar versuchte die Rezeptionistin, mit einem Zuschlag ihren Nebenverdienst aufzubessern.
    Ein Bett für Dromedare, so durchgelegen, daneben ein schmutziges Waschbecken, draußen versaute Toiletten, Sprüche an den Wänden, der fetteste: »I will suck for 20 AU $ your dick and take your loath in my mouth.« Man ist sofort versucht, Tyler, den Freelance-Sucker, zum Rendezvous einzubestellen. Auf dem Gang hängen mehrere Hinweise mit der Frage, ob uns Gästen bewusst ist, dass »hier einer der besten Unterkünfte Australiens entsteht«. Daneben das Angebot »of any assistance«. Ich grinse jetzt, es geht mir sofort besser, Absurdität beflügelt die Lebensgeister.
    Der weltberühmte Ort mit seinen 25 000 Einwohnern gilt als gewöhnungsbedürftig. Der Kern ist eher klein, wie überall ein viereckiges Straßennetz, gleichförmig und alles zu Fuß erreichbar. Würden der hiesige Bürgermeister und sein Kollege in Cairns über Nacht ihre Städte austauschen, es fiele wohl keinem auf. Dieselben Shops, dieselben Malls, dieselben Supermärkte. Was auffällt, sind die vielen Aborigines, über 5000 gibt es hier. Bei ihrem Gesamtanteil an der australischen Bevölkerung von knapp vier Prozent ist das viel. Ich wandere die paar Schritte zur Todd Street, der Hauptader, der Fußgängerzone. Und hier, unter einem makellosen Himmel, gehen die meisten nicht, nein, sie schlurfen, tippeln, torkeln, stehen wie gestorbene Bäume an den Ecken. Oder sitzen, die Bierdose unterm Hemd versteckt, sabbern, flezen sich auf einer öffentlichen Bank, dösen. Oder liegen da, auf einer Grasnarbe, vollgetankt für die nächsten 48 Stunden. Mancher von ihnen mit einer Wunde im Gesicht oder an den Armen, an den Füßen, bedeckt mit einem schmutzigen Verband. Wie die Nachhut einer vernichtend dezimierten Armee sehen sie aus, in kleinen Grüppchen, abgeschlagen, besiegt. Überwältigt von ihrer Geschichte und dem Gifttrank, den die Sieger so reichlich an sie ausschenkten. Und noch immer ausschenken.
    Dazwischen die Weißen, aufrecht, eher gut gekleidet, gut gelaunt, shopping, man gewinnt den Eindruck, dass die beiden Lager sich verstehen. Keiner kümmert sich um den anderen. Manchmal rufen die Armen den Reichen etwas zu, meist ein Bettelgruß. Der eher selten gehört wird. Ein paar der Schwarzen sind nüchtern und haben auf einem Wiesenstück ihre Bilder ausgelegt. Aborigines gelten als begabte, bisweilen sehr begabte Maler.
    Auf Seite eins der

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