Im Land der Sehnsucht
verbergen.
„Es geht Sie zwar nichts an, doch ich reise tatsächlich ab“, antwortete Marissa ruhig. „Da Sie Georgy mitnehmen, gibt es hier nichts mehr für mich zu tun.“
„Das stimmt“, bestätigte Georgy, nachdem sie sich lautstark geräuspert hatte.
„Sie nehmen ihre Tochter doch mit?“, vergewisserte sich
Marissa, die sich Taras seltsames Verhalten nicht erklären konnte.
„Natürlich tut sie das.“ Holt war hereingekommen, ohne dass es jemand bemerkt hatte. „Alles ist vorbereitet, Tara. Wir können jederzeit aufbrechen.“
Tara war vorübergehend sprachlos. Dann griff sie wütend nach einer kleinen Porzellanfigur, die auf der Kommode stand, und schmetterte sie auf den Boden.
„Bravo!“ Holt nahm den Ausbruch gelassen hin, doch Georgina stürzte sich, die Hände zu Fäusten geballt, auf ihre Mutter.
„Du bist die widerlichste Frau, die ich kenne!“, schrie sie in höchster Erregung.
Taras Gesicht verzerrte sich noch mehr.„Du kleine Hexe!“, stieß sie hervor und hob die rechte Hand zum Schlag.
„Hört auf!“, befahl Holt. „Alle beide. Du hast recht, Tara, Georgy braucht in der Tat eine starke Hand. Ich trenne mich nur schweren Herzens von ihr, doch wir sind, was sie betrifftt, am Ende unserer Weisheit. Du wirst besser für sie sorgen, bis … nun ja, bis sie dich nicht mehr braucht. Georgy?“ Er wandte sich an das Mädchen. „Erinnerst du dich daran, was ich dir gesagt habe?“
Georgina stand mit gesenktem Kopf da. „Ja, Dad.“
„Ja, Dad“, äffte Tara sie nach.
„Dann wollen wir nicht länger warten.“ Holt nahm die beiden Koffer. „Komm, Tara. Georgy möchte sich bestimmt noch von Marissa und Riley verabschieden.“
„Was ist los, Georgy?“, fragte Marissa, nachdem Holt mit ihrer Mutter verschwunden war.
„Schsch!“ Georgina legte einen Finger auf den Mund.
„Ich verstehe nicht …“
„Haben Sie nur noch etwas Geduld.“ Olly schlich zur Tür und spähte in den Korridor. „Hören Sie?“ Sie winkte Marissa an ihre Seite.
„Ich bitte dich ja nicht, ihr Vater zu sein“, erklang Taras Stimme von der Treppe her. „Ich bitte dich nur, sie zu behalten.“
Marissa drängte die Kinder zurück ins Zimmer. „Das ist nichts für eure Ohren“, sagte sie energisch.
„Vielleicht doch“, widersprach Georgina. Als Marissa hart blieb, fuhr sie fort: „Also gut. Wir bleiben mit Olly hier, aber du musst unbedingt hören, was die beiden sagen.“
Marissa war entsetzt. „Ich soll sie belauschen?“
„Ja, gehen Sie“, drängte auch Olly. „Es kann nicht mehr lange dauern, doch wir müssen wissen, was los ist.“
Marissa schlich die Treppe hinunter. Lieber Gott, hilf uns allen, betete sie, während sie eine Stufe nach der anderen nahm. Die Stimmen klangen nur noch gedämpft zu ihr, denn Holt hatte sich mit Tara in sein Arbeitszimmer zurückgezogen, ohne die Tür zu schließen.
Plötzlich war es mit der trügerischen Stille vorbei. „Wenn du wüsstest, wie sehr ich dich hasse!“, schrie Tara. Wahrscheinlicher war es jedoch, dass sie ihn noch immer liebte.
„ Und ich verabscheue deine seelische Kälte“, erwiderte Holt, dessen Stimme bis in die Halle drang.
„Wirst du es Jack sagen?“, fragte Tara ängstlich.
„Georgy wird es eines Tages erfahren müssen, bis es so weit ist, hältst du gefälligst den Mund. Und erspare mir die Krokodilstränen. Der einzige Mensch, der dir jemals etwas bedeutet hat, bist du selbst. Georgy soll deinetwegen nicht noch mehr leiden. Du hast dich nie um sie gekümmert. Sie war dir immer nur lästig.“
Marissa war auf der untersten Treppenstufe zusammengesunken. Es war grausam, das alles mit anzuhören, wenngleich es viel erklärte.
„Wenn sie nicht so hässlich gewesen wäre“, verteidigte sich Tara. „Dann hätte ich sie hübsch anziehen und herumzeigen können …“
„Georgy mag nicht schön sein, trotzdem besitzt sie etwas, das mehr wert ist: Charakter und Verstand. Ich dulde nicht, dass sie noch mehr traumatisiert wird. Notfalls erzähle ich die ganze Geschichte deiner Familie, die sicher längst vieles ahnt, und Jack Garner. Warum er dich heiraten will, ist mir rätselhaft, vielleicht ändert er jedoch seine Meinung, wenn ich mit ihm gesprochen habe. Er hat drei erwachsene Söhne und hat bestimmt keine Lust, noch einmal von vorn anzufangen.“
„Das habe ich auch nicht!“, rief Tara leidenschaftlich.
„Du hast verloren“, stellte Holt unerbittlich fest. „Und zwar auf der ganzen Linie. Akzeptierst du
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