Im Land der tausend Sonnen
er sah sich nach Grigg um, doch der war zur Hintertür hinaus verschwunden, anscheinend um seine Vorräte aufzustocken.
Wie auf ein Stichwort wurden Stühle geworfen, und die Horde drang auf Colley ein. Sie hoben ihn einfach hoch und übergaben ihn den wütenden Männern in den hinteren Reihen, die ihn unter grölendem Gelächter dem Klemmbrett hinterherwarfen.
Glas splitterte und Tische wurden umgestoßen, als ein paar Viehtreiber die Fremden angriffen, und was als kleine Prügelei angefangen hatte, wuchs sich zu einer regelrechten Saalschlacht aus. Stenning, der in der Schusslinie allein geblieben war, wurde unter Stößen und Tritten zu Boden befördert, und seufzend pflügte Walther durch den Mob, stieß Männer mit den Schultern aus dem Weg und zerrte den benommenen Zollbeamten zur Seite, damit er nicht totgetrampelt wurde. Er schleifte ihn in die Küche, wehrte unterwegs Boxhiebe ab, bis schließlich ein Schuss ertönte, woraufhin es sehr still wurde.
»Ich habe nichts mehr zu trinken und zu essen«, rief Grigg. »Das Pub ist geschlossen.«
Walther übergab Stenning Mrs Grigg und verließ das Hotel. Er sah ein paar Männer, die Stenning an den Beinen und Schultern packten und ihn forttrugen.
»Ist er verletzt?«, fragte er.
»Der Blödmann. Hat sich für seine Mühen eine Menge Beulen und blaue Flecken eingehandelt. Wir bringen ihn ins Krankenhaus.«
Mittlerweile streiften die Schotten wutentbrannt durch die Straßen. Einige schlugen den Weg zur Immigrantenbaracke ein, wo sie, wie Walther hoffte, sich beruhigen und ihren Ärger abklingen lassen würden, doch eine gewisse Nervosität, ein Unbehagen lag über der Stadt. Läden wurden geschlossen, die Straßen waren menschenleer, abgesehen von den Bergleuten und einigen neugierigen Aborigines.
Am Abend schlichen sich ein paar von den Geschäftsleuten der Stadt in das Hinterzimmer von Pimbleys Laden und berieten, was gegen die Bergleute zu unternehmen sei, die immer noch die Stadt durchstreiften und Zäune und Schaufenster zerstörten. Keith Dixon kam hinzu und erkannte auf Anhieb eine Gelegenheit, Vorteile aus der Situation zu ziehen. Er war immer noch verstört wegen des Debakels mit Fechner und konnte sein Glück kaum fassen, dass es kein Nachspiel gehabt hatte. Sein Vater war überzeugt gewesen, dass Fechner sein Unglück in der gesamten Stadt verbreiten würde, doch er hatte sich getäuscht. Der Dummkopf lag im Krankenhaus und hatte noch keinen Mucks von sich gegeben.
»Wie auch immer«, hatte Keith zu seinem Vater gesagt. »Er kann erzählen, was er will. Niemand wird ihm glauben.« Das allerdings war ein Irrtum, den er seiner Großspurigkeit verdankte. Fechners deutsche Freunde hätten ihm geglaubt.
»Bete, dass du Recht hast. Wir haben viel zu tun in Bundaberg, müssen Unterstützung für deine Kandidatur als Abgeordneter organisieren, und da will ich keine Probleme. Und hör zu, sorg dafür, dass man dich öfter mit Nora sieht. Sie ist sehr beliebt, kommt aus einer guten Familie, ein wichtiger Faktor. Ich verstehe nicht, warum ihr zwei nicht längst verlobt seid. Ihr kennt euch schließlich lange genug.«
Keith wand sich innerlich. Er hatte seinen Eltern nie gestanden, hatte überhaupt mit niemandem darüber geredet, dass er Nora schon zweimal einen Antrag gemacht und beide Male einen Korb bekommen hatte. Wenn sie ihm auch auf Tanzveranstaltungen und Gesellschaften nicht gerade aus dem Weg ging, machte sie sich neuerdings doch rar. War manchmal regelrecht schnippisch. Freunde behaupteten, sie hätte sich mit einem deutschen Bengel eingelassen, was ihn wütend machte, doch seinen Eltern gegenüber hatte er das nie erwähnt.
J. B. würde ihm sonst keine Ruhe mehr lassen. Ihren Eltern war er immer willkommen, und das war tröstlich. Deshalb achtete er darauf, ihnen jedes Mal, wenn er in der Stadt war, einen Besuch abzustatten.
»Wer weiß«, seufzte er. »Vielleicht kommt sie eines Tages doch noch zu Verstand.«
Er war zu spät in die Stadt gekommen, um die Prügelei im Royal Hotel zu bezeugen, und wenn er diese Rüpel jetzt auch lautstark ihres schändlichen und kriminellen Verhaltens wegen beschimpfte, bedauerte er doch, den Kampf verpasst zu haben. Sonst hätte er Grigg selbst im Eifer des Gefechts gern den einen oder
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