Im Land der tausend Sonnen
anderen Stuhl über den Schädel geschlagen. Keith hatte die Beleidigungen des neuen Wirts durchaus nicht vergessen. Im Augenblick allerdings sah er eine gute Chance, seine politischen Ambitionen voranzutreiben, hier das Wort zu ergreifen und die Führung zu übernehmen, während die anderen ratlos umhertappten.
»Sie sitzen hier endgültig fest«, sagte Pimbley. »In den nächsten Tagen fährt kein einziges Schiff. Wie sollen wir sie bloß loswerden?«
»Wir können sie nicht loswerden«, sagte Dr. Strauss. »Und ich schlage vor, diese Versammlung aufzulösen … und die Männer in Ruhe zu lassen.«
»Wieso sind Sie dann hier?«, fuhr Keith ihn an. »Welcher Idiot kommt zu einer Versammlung, um sie aufzulösen?«
Das brachte ihm einen Lacher ein, und so fuhr er fort: »Vermutlich haben Sie mit dem Zusammenflicken der Kerle mehr verdient als sonst das ganze Jahr über. Hoffen Sie für morgen auf eine neue Prügelei?«
»Ich hoffe auf Ihr Verständnis für ihre Zwangslage. Bevor ich hierher kam, habe ich mit einigen von ihnen gesprochen. Sie wissen, dass sie über die Stränge geschlagen haben, und es tut ihnen Leid. Sie sind dankbar für die Unterbringung in der Baracke …«
»Oh ja«, schrie jemand dazwischen. »Und deswegen haben sie Stenning zusammengeschlagen, als er nur seine Arbeit tun wollte.«
»Stenning?«, fragte Keith. »Was ist mit Jules?«
»Nur ein paar Kratzer und blaue Flecken«, antwortete der Arzt knapp. »Er wird's überleben. Ich meine immer noch, wir sollten die Burschen erst einmal in Ruhe lassen …«
»Und zulassen, dass sie unsere Stadt plündern? Sie treiben sich da draußen herum; wer weiß, wen sie als Nächsten überfallen?«
Les Jolly trat vor. »Der Doktor hat Recht …« Doch Keith brüllte ihn nieder und verlangte, dass man unverzüglich in Maryborough Polizeiverstärkung anforderte.
»Verstehen Sie denn nicht?«, schrie er. »Diese Kerle gehen nicht fort, und unsere Frauen sind in Gefahr. Soll unsere Stadt die erste in der Geschichte unseres Landes sein, die nicht für die Sicherheit der Frauen auf den Straßen garantieren kann? Weil wir zu zimperlich sind, unsere Rechte zu verteidigen? Ich sage, wir telegrafieren jetzt gleich und fordern Verstärkung an, während wir jeden kampftüchtigen Mann in der Stadt im Schutz der Nacht bewaffnen. Wenn der Morgen graut, werden diese ausländischen Clowns was erleben …«
»Sie werden die Schotten doch nicht als Ausländer bezeichnen!« Jock McAvoy, ein Neuankömmling, der einen Laden für Schiffsausrüstungen in der Quay Street eröffnet hatte, war empört, und das bot Les Gelegenheit zum Eingreifen.
»Wir kennen uns noch nicht«, sagte er und reichte ihm die Hand. »Aber, Sir, ich finde, Sie sind genau der Mann, den wir jetzt brauchen. Begleiten Sie mich und lassen Sie uns mit den Burschen reden. Mal sehen, was wir ausrichten können.«
»Wir wissen, was wir ausrichten können«, sagte Keith mit einem Blick auf die Zauderer. »Wir holen unsere Gewehre, unsere Pferde und unsere Peitschen und treiben sie bei Tagesanbruch aus der Stadt, genau in die Arme der Polizei aus Maryborough.«
Das brachte ihm Applaus ein, einen gedämpften Applaus, aus Angst, der Feind draußen auf der Straße könnte ihn sonst hören. Die Gemüter waren erhitzt, alle freuten sich auf das Abenteuer, selbst Jim Pimbley, der Gerüchten zufolge seinerzeit ein großartiger Scharfschütze gewesen war. Les Jolly ergriff seinen Arm. »Was sagst du da? Du willst auf sie schießen? Allmächtiger Gott, Jim, reiß dich zusammen. Wir hatten auch früher schon mit Kneipenschlägereien zu tun …«
»Aber nicht mit fünfzig Rüpeln, die unsere Stadt einnehmen wollen«, schoss Keith zurück. »Wenn sie nun beschließen, hier zu bleiben? Sie sind beinahe in der Überzahl. Jemand sagte, sie sitzen hier fest. Aber sie haben Beine, sie können doch laufen. Nach Norden, nach Süden, nach Westen oder meinetwegen ins Meer. Hauptsache, sie richten keinen weiteren Schaden in unserer Stadt an. Ich gehe jetzt auf der Stelle zum Telegrafenamt.«
Mr Hackett, der Lehrer, war es, der ihn darauf aufmerksam machte, dass nicht jeder x-Beliebige Verstärkung anfordern könne. Das musste die ortsansässige Polizei erledigen, und deren
Weitere Kostenlose Bücher