Im Land der weissen Rose
zusammengepfercht werden
mussten. Die Schur selbst wurde dadurch zur Akkordarbeit für
Spezialisten. Die besten Arbeitstruppsschafften 800 Tiere pro Tag.Auf
großen Betrieben wie Kiward Station gab es auch immer einen
Wettbewerb – und James McKenzie war in diesem Jahr auf dem
besten Weg, ihn zu gewinnen! Er lag dicht auf mit einem
Spitzenscherer aus Schuppen eins, und das, obwohl er nicht nur selbst
mitarbeitete, sondern auch noch die anderen Scherer in Schuppen zwei
beaufsichtigte. Wenn Gwyneira vorbeikam, nahm sie es ihm ab und hielt
ihm den Rücken frei. Ihre Anwesenheit schien ihn zu beflügeln;
die Schere bewegte sich so schnell und gleitend über die Körper
der Schafe, dass die Tiere kaum dazu kamen, blökend gegen diese
rüde Behandlung zu protestieren.
Lucas fand den Umgang mit den Schafen barbarisch. Er litt mit,
wenn die Tiere gepackt, auf den Rücken geworfen und blitzschnell
geschoren wurden, wobei es durchaus auch zu Schnitten in die Haut
kam, wenn ein Scherer noch unerfahren war oder das Schaf zu sehr
zappelte. Dazu konnte Lucas den durchdringenden Geruch nach Lanolin
nicht ausstehen, der in den Scherschuppen herrschte, und ließ
immer wieder Schafe entwischen, statt sie nach der Schur durch ein
Bad zu treiben, das kleine Wunden reinigen und Schädlinge
vernichten sollte.
»Die Hunde hören nicht auf mich«, verteidigte er
sich gegen einen erneuten Wutanfall seines Vaters. »Auf
McKenzie reagieren sie, aber wenn ich rufe...«
»Diese Hunde ruft man nicht, Lucas, man pfeift nach ihnen!«,
explodierte Gerald. »Es sind nur drei oder vier Pfiffe. Die
solltest du langsam gelernt haben. Du bildest dir doch so viel auf
deine Musikalität ein!«
Lucas zog sich beleidigt zurück. »Vater, ein Gentleman
...«
»Sag jetzt nicht, ein Gentleman pfeift nicht! Diese Schafe
hier finanzieren deine Malerei, dein Klavierspiel und deine so
genannten Studien ...«
Gwyneira, die das Gespräch zufällig mitbekommen hatte,
floh in den nächsten Schuppen. Sie hasste es, wenn Gerald ihren
Mann vor ihren Augen herunterputzte – und noch schlimmer wurde
es, wenn auch noch James McKenzie oder die anderen Farmarbeiter
Zeugen der Auseinandersetzungen wurden. Das Ganze war Gwyneira
peinlich und schien sich obendrein negativ auf Lucas und ihre
nächtlichen »Versuche« auszuwirken, die immer öfter
scheiterten. Gwyneira versuchte inzwischen, ihre gemeinsamen
Bemühungen nur noch unter dem Aspekt der Fortpflanzung zu
betrachten, denn letztlich lief die Sache nicht anders ab als
zwischen Hengst und Stute, doch sie gab sich keinen Illusionen hin:
Der Zufall musste schon sehr auf ihrer Seite sein.Allmählich
dachte sie über Alternativen nach, wobei ihr immer wieder der
alte Widder ihres Vaters einfiel, den er wegen mangelnder
Deckleistung ausgemustert hatte.
»Versuch mit andere Mann«, hatte Matahorua gesagt.
Doch sobald Gwyn diese Worte in den Sinn kamen, verspürte sie
Gewissensbisse. Es war völlig undenkbar für eine Silkham,
ihren Gatten zu betrügen.
Und nun also das Gartenfest. Lucas ging ganz in den Vorbereitungen
auf.Allein die Planung des Feuerwerks erforderte Tage, die er über
entsprechenden Katalogen verbrachte, um dann die Bestellung in
Christchurch aufzugeben. Er übernahm auch die Ausgestaltung des
Gartens sowie der Tische und Sitzgelegenheiten.Auf ein großes
Bankett wurde diesmal verzichtet, stattdessen wurden Lämmer und
Hammel an Feuern gegart, ebenso Gemüse, Geflügelfleisch und
Muscheln auf Steinen nach Maori-Tradition. Salate und andere Beilagen
standen auf langen Tafeln bereit und wurden den Besuchern auf Wunsch
vorgelegt. Kiri und Moana beherrschten diese Aufgabe inzwischen gut;
sie würden auch wieder die hübschen Uniformen tragen, die
ihnen zur Hochzeit angemessen worden waren. Gwyneira beschwor sie,
Schuhe anzuziehen.
Ansonsten hielt sie sich aus den Vorbereitungen heraus; es war ein
Hochseilakt, über Vater und Sohn hinweg Entscheidungen zu
treffen. Lucas genoss die Planung des Festes und sehnte sich nach
Anerkennung. Gerald dagegen empfand die Bemühungen seines Sohnes
als »unmännlich« und hätte lieber alles Gwyn
überlassen.Auch die Arbeiter wussten Lucas’ häusliche
Beschäftigungen nicht zu würdigen, was natürlich weder
Gwyneira noch Gerald verborgen blieb.
»Der Schlappschwanz faltet Servietten«, bemerkte Poker
auf McKenzies Frage, wo Mr.
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