Im Land der weissen Rose
irgendeine Vorstellung?«
»Rochford hat Gold am Lyell Creek und am Buller Gorge
gefunden. Lyell Creek ist vierzig Meilen flussaufwärts...«
»Und da treten die Goldgräber sich wahrscheinlich schon
auf die Füße«, meinte Lucas skeptisch.
»Wir müssen ja nicht da suchen! Wahrscheinlich gibt es
überall Gold, wir brauchen sowieso unseren eigenen Claim! Komm,
Luke, sei kein Spielverderber! Ein Wochenende!« David verlegte
sich aufs Bitten – und Lucas fühlte sich geschmeichelt.
DerJunge hätte sich schließlich auch irgendeinem
Goldgräbertrupp anschließen können, aber
offensichtlich wollte er mit ihm zusammen sein. Trotzdem schwankte
Lucas. Das Abenteuererschien ihm allzu gewagt. Die Gefahren eines
Rittes in den Regenwald, auf unbekannten Pfaden fernab der nächsten
Siedlung standen dem von Natur aus vorsichtigen Lucas zu deutlich vor
Augen. Vielleicht hätte er nie zugestimmt, aber dann tauchten
Norman und ein paar andere Seehundjäger im Mietstall auf.
Vergnügt begrüßten sie Lucas – wobei sie nicht
versäumten, sich selbst und ihn lautstark an seine Nacht mit den
Zwillingen zu erinnern. Norman schlug ihm vergnügt auf die
Schultern. »Mann, und wir hatten schon gedacht, du hast keinen
Mumm in den Knochen! Was machste denn jetzt? Hab gehört, du bist
auf ’m Bau ’ne ganz große Nummer! Schön für
dich.Aber reich wirste da nich’ bei. Hör zu, wir gehen den
Buller rauf, Gold suchen! Magst du nicht mitkommen? Auch dein Glück
versuchen?«
David, der eben die Maultiere mit Sätteln und Packtaschen
versah, die Normans Gruppe gemietet hatte, schaute den alten Mann mit
leuchtenden Augen an. »Haben Sie das schon mal gemacht? Gold
waschen, meine ich?«, erkundigte er sich aufgeregt.
Norman schüttelte den Kopf. »Ich nicht.Aber Joe hier,
irgendwo in Australien. Der kann’s uns zeigen. Soll nicht
schwer sein. Pfanne ins Wasser halten, und die Nuggets schwimmen
rein!« Er lachte.
Lucas dagegen seufzte. Er ahnte bereits, was gleich auf ihn zukam.
»Siehst du, Luke, alle sagen, es ist leicht!«, kam
auch schon die unvermeidliche Bemerkung Davids. »Lass es uns
versuchen, bitte!«
Norman sah den Eifer in seinen Augen und lachte Lucas und Dave
gleichermaßen zu. »Na, der Junge hat Feuer! Den hält’s
hier nicht mehr lange, Luke! Was ist jetzt, kommt ihr mit uns, oder
denkt ihr noch nach?«
Wenn Lucas etwas ganz sicher nicht anstrebte, so eine Goldsuche
mit der ganzen Gruppe. Einerseits war es zwar reizvoll, die
Organisation der Angelegenheit auf andere abzuwälzen oder doch
mindestens auf mehrere Schultern zu verteilen. Einige der Männer
mochten sicher mehr Erfahrung als Waldläufer haben.Aber von
Mineralogie hatten sie bestimmt keine Ahnung. Wenn sie Gold fanden,
so allenfalls durch puren Zufall, und dann waren Streitigkeiten
vorprogrammiert. Lucas winkte ab.
»Wir können hier nicht von einem Augenblick zum anderen
weg«,erklärte er. »Aber über kurz oder lang ...
Man sieht sich, Norm!« Norman lachte und verabschiedete sich
mit einem Händedruck, der Lukes Finger noch minutenlang
schmerzen ließ. »Man sieht sich, Luke! Und womöglich
sind wir dann beide reich!«
Sie brachen am Samstag vor Tau und Tag auf. Mr. Miller, der
Mietstallbesitzer, hatte Dave tatsächlich ein Pferd geliehen,
allerdings war wirklich nur eins verfügbar. So warf Dave dem
Tier nur die Packtaschen auf den blanken Rücken und saß
dann hinter Lucas auf. Das würde sie nicht eben schneller
vorwärtskommen lassen, aber das Pferd war kräftig, und der
Farnwald ohnehin schon bald so dicht, dass man kaum traben und
galoppieren konnte. Lucas, der zunächst unwillig aufgesessen
war,begann den Ritt bald zu genießen. In den letzten Tagen
hatte es geregnet, aber jetzt schien die Sonne. Ãœber dem
Dschungel stiegen Nebelschwaden auf, verdeckten die Berggipfel und
hüllten das Land in ein seltsam unwirkliches Licht. Das Pferd
war trittsicher und ruhig, und Lucas genoss es, Daves Körper
hinter sich zu spüren. Der Junge saß zwangsläufig
dicht an ihn geschmiegt und hatte die Arme um ihn gelegt. Luke fühlte
sein Muskelspiel, und der Hauch seines Atems im Nacken verursachte
ihm eine wohlige Gänsehaut. Schließlich döste der
Junge sogar ein, und sein Kopf sank auf Lucas’ Schulter. Die
Nebel hoben sich, und der Fluss funkelte in
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