Im Land der weissen Rose
war betrunken genug, um sich unter dem
Tisch nach Sideblossom umzusehen. Beasley warf noch einen Blick in
den Salon, aber da saß nur Paul – anscheinend in ein Buch
vertieft, tatsächlich wartend. Irgendwann mussten Fleur und
Sideblossom schließlich wiederkommen. Und hier bot sich noch
eine weitere Chance, seine Schwester zu kompromittieren.
»Suchen Sie Mr. Sideblossom?«, fragte er höflich
und mit so klangvoller Stimme, dass es auch ja niemandem im
Herrenzimmer entgehen konnte. »Der ist mit meiner Schwester im
Stall.«
Gerald Warden stürmte aus dem Herrenzimmer, erfüllt von
so heiliger Wut, wie eigentlich nur der Whiskey sie hervorbringt.
»Diese verdammte kleine Hure! Erst tut sie, als könnte
sie kein Wässerchen trüben, und dann verschwindet sie mit
Johnny im Heu! Wo sie genau weiß, dass so was die Mitgift
hochtreibt. Wenn er sie jetzt überhaupt noch nimmt, dann nur,
wenn er meine halbe Farm dazu kriegt!«
Beasley folgte ihm kaum weniger empört. Seine Werbung hatte
sie abgelehnt. Und jetzt wälzte sie sich mit Sideblossom im
Stroh?
Die Männer schienen zunächst unschlüssig, ob sie
den Haupteingang oder die Küchentür nehmen sollten, um das
Paar in der Scheune zu stellen, sodass für Sekunden Stille
herrschte, in die das Geräusch der Küchentür drang:
Fleurette schob sich in den Salon – und stand erschrocken ihrem
Großvater und seinen Zechkumpanen gegenüber.
»Du kleines verruchtes Flittchen!« Gerald verpasste
ihr die zweite Ohrfeige dieses Abends. »Wo hast du deinen
Liebhaber, hm? Wo ist Johnny? Ein Teufelskerl ist er ja, dich hier
halb vor meinen Augen ins Heu zu zerren!Aber so benimmt man sich
nicht, Fleurette, so nicht!« Erstieß sie gegen die Brust,
aber sie blieb auf den Beinen.Allerdings gelang es ihr nicht, die
Fetzen ihrer Bluse weiter festzuhalten. Sie schluchzte auf, als der
dünne Stoff ihre Brüste den Blicken aller Männer
preisgab.
Immerhin schien der Anblick Gerald zu ernüchtern. Wäre
er allein gewesen, hätte sich hier zwar sicher anderes gerührt
als sein Schamgefühl, aber nun regte sich vor allem sein
gesundes Geschäftsinteresse. Nach dieser Geschichte würde
er Fleurette niemals an einen anständigen Mann loswerden.
Sideblossom musste sie nehmen, und das hieß, dass ihre Würde
halbwegs gewahrt bleiben musste.
»Bedeck dich jetzt, und geh in dein Zimmer!«, befahl
er, während er den Blick abwandte. »Wir werden morgen
deine Verlobung bekannt geben, und wenn ich den Kerl mit
vorgehaltener Waffe vor den Traualtar zwingen muss. Und dich auch!
Jetzt wird nicht weiter herumgezickt!«
Fleurette war zu erschrocken und erschöpft, um etwas zu
antworten. Sie raffte ihre Bluse zusammenund floh die Treppe hinauf.
Gwyneirafand sie eine Stunde später, schluchzend und bibbernd
unter ihrer Bettdecke. Gwyn selbst zitterte ebenfalls, allerdings
eher vor Wut. Zunächst auf sich selbst, weil sie sich zuerst
Sideblossom vorgenommen und dann die Pferde in Sicherheit gebracht
hatte, statt Fleurette zu begleiten.Andererseits hätte das auch
nicht viel gebracht. Die beiden Frauen hätten sich Geralds
Ausbrüche bloß gemeinsam anhören können, statt
in einstündigem Abstand. Denn die Männer hatten sich
natürlich auch jetzt noch nicht zurückgezogen. John
Sideblossom hatte sich nach Gwyns Standpauke im Stall zu ihnen
gesellt und ihnen wer weiß was erzählt.Auf jeden Fall
wartete Gerald nun bereits auf Gwyneira, um mehr oder weniger
dieselben Vorwürfe und Drohungen auf sie niederprasseln zu
lassen wie vorhin auf Fleur. An einer andersartigen Darstellung des
Falles war er deutlich nicht interessiert, ebenso wenig wie seine
»Zeugen«. Morgen, darauf bestand er, würden Fleur
und John sich verloben.
»Und das... das Schlimmste ist, er hat Recht ...«,
stammelte Fleur. »Mir wird ... wird doch jetzt keiner mehr
glauben. Die ... die erzählen das im ganzen Landkreis herum.
Wenn ich jetzt Nein sage, vor dem ... dem Pfarrer, lachen sie mich
aus.«
»Dann sollen sie doch lachen!«, meinte Gwyneira fest.
»Du wirst diesen Sideblossom nicht heiraten, so wahr ich hier
stehe!«
»Aber ... aber Großvater ist mein Vormund. Er wird
mich zwingen.« Fleurette schluchzte.
Gwyneira fasste einen Entschluss. Fleur musste hier weg. Und sie
würde nur gehen, wenn sie ihr die Wahrheit enthüllte.
»Hör zu,
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