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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Haus der Thornes wirkte das gelb gestrichene Holzgebäude
ärmlich, aber die Kirche nebenan war kaum repräsentativer.
Immerhin zierte die Haustür ein schöner Messing-Türklopfer
in Form eines Löwenkopfes. Daphne betätigte ihn beherzt.
    Zunächst geschah nichts. Dann erschien ein breitgesichtiges,
mürrisches Mädchen im Türrahmen.
    Â»Was wollt ihr denn?«, fragte sie unfreundlich.
    Alle Mädchen außer Daphne wichen erschrocken zurück.
Helen schob sich vor.
    Â»Zuerst einmal möchten wir Ihnen einen guten Abend
wünschen, Miss!«, erklärte sie resolut. »Und
dann würde ich gern Reverend Baldwin sprechen. Mein Name ist
Helen Davenport. Lady Brennan muss mich in einem ihrer Briefe erwähnt
haben. Und das sind die Mädchen, die der Reverend aus London
angefordert hat, um sie hier in Stellung zu geben.«
    Die junge Frau nickte und gab sich jetzt etwas freundlicher. Einen
Gruß rang sie sich jedoch noch immer nicht ab, sondern warf den
Waisenkindern weitere missbilligende Blicke zu. »Ich glaub,
meine Mutter hat Sie erst morgen erwartet. Ich sag mal Bescheid.«
    Die junge Frau wollte gehen, doch Helen rief sie zurück.
    Â»Miss Baldwin, die Kinder und ich haben eine Reise von
achtzehntausend Meilen hinter uns. Meinen Sie nicht, dass es die
Höflichkeit gebietet, uns erst einmal hereinzubitten und uns
eine Sitzgelegenheit anzuweisen?«
    Das Mädchen verzog das Gesicht. »Sie können ja
reinkommen«, bemerkte sie. »Aber die Bälger nicht.
Wer weiß, was für Ungeziefer die nach der Reise auf dem
Zwischendeck einschleppen. Das will meine Mutter bestimmt nicht im
Haus haben.«
    Helen kochte vor Wut, zügelte sich aber.
    Â»Dann warte ich auch hier draußen. Ich habe mit den
Mädchen eine Kabine geteilt. Wenn sie Ungeziefer haben, dann
habe ich es auch.«
    Â»Wie Sie wollen«, meinte das Mädchen
desinteressiert, schlurfte zurück ins Haus und zog die Tür
hinter sich zu.
    Â»Eine richtige Lady!«, sagte Daphne grinsend.
»Irgendwas an Ihrem Unterricht, Miss Davenport, muss ich falsch
verstanden haben.«
    Helen hätte sie eigentlich rügen müssen, doch es
fehlte ihr an Energie. Und falls die Mutter sich ähnlich
christlich aufführen würde wie die Tochter, brauchte sie
noch ein wenig Kampfkraft.
    Immerhin erschien Mrs. Baldwin sehr schnell und bemühte sich
auch um ein freundliches Auftreten. Sie war kleiner und nicht ganz so
füllig wie ihre Tochter. Vor allem besaß sie nicht deren
Pfannkuchengesicht. Stattdessen wirkten ihre Züge eher
habichthaft, mit kleinen, eng zusammenstehenden Augen und einem Mund,
der sich zum Lächeln zwingen musste.
    Â»Das ist ja eine Ãœberraschung, Miss Davenport!Aber Mrs.
Brennan hat Sie tatsächlich erwähnt – und sehr
positiv, wenn ich mir die Bemerkung gestatten darf. Bitte kommen Sie
doch herein, Belinda richtet bereits das Gästezimmer für
Sie her. Tja, und die Mädchen werden wir wohl auch eine Nacht
unterbringen müssen. Obwohl ...« Sie überlegte kurz
und schien im Geist eine Namensliste durchzugehen. »Die
Lavenders und Mrs. Godewind wohnen in der Nähe. Da kann ich
gleich noch jemanden hinschicken. Vielleicht möchten sie ihre
Mädchen ja heute noch in Empfang nehmen. Die verbleibenden
Kinder können dann im Stall schlafen. Jetzt kommen Sie aber erst
mal herein, Miss Davenport. Es wird kalt hier draußen!«
    Helen seufzte. Sie wäre der Einladung gern gefolgt, aber so
ging es natürlich nicht.
    Â»Mrs. Baldwin, auch den Mädchen ist kalt. Sie haben
einen Fußweg von zwölf Meilen hinter sich und brauchen ein
Bett und eine warme Mahlzeit. Und bis sie ihren Dienstherren
übergeben werden, trage ich die Verantwortung für sie. Das
war mit der Leitung des Waisenhauses vereinbart, und dafür wurde
ich bezahlt.Also zeigen Sie mir bitte zuerst die Unterkunft der
Mädchen, danach will ich Ihre Gastfreundschaft gern auch für
mich in Anspruch nehmen.«
    Mrs. Baldwin verzog das Gesicht, äußerte sich aber
nicht weiter. Stattdessen wühlte sie einen Schlüssel aus
den Taschen der weiten Schürze, die sie über einem teuren
Hauskleid trug, und führte die Mädchen und Helen um die
Hausecke. Hier gab es einen Stall für ein Pferd und eine Kuh.
Das Heulager daneben roch würzig und war mit ein paar Decken
wohnlich einzurichten. Helen ergab sich in das

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