Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
Zeit und Muße haben würde, still auf einem Stuhl zu sitzen.
    »Ich komme, Lucas. Ich hatte nur ein ... ein kleines Problem, und Mr. McKenzie hat mir geholfen. Vielen Dank, Mr. James.« Gwyneira hoffte, nicht zu erhitzt und erregt auszusehen, doch es gelang ihr immerhin, ruhig zu sprechen und James unverfänglich anzulächeln. Wenn James seine Gefühle nur auch so gut unter Kontrolle gehabt hätte! Doch seine verzweifelte, verletzte Miene zerriss ihr das Herz.
    Lucas bemerkte es zum Glück nicht. Er sah nur das Bild vor sich, das er gleich von Gwyneira entwerfen würde.
    Am Abend berichtete sie Lucas und Gerald von ihrer Schwangerschaft.

    Gerald Warden war überglücklich. Lucas tat seiner Pflicht als Gentleman Genüge, indem er Gwyneira versicherte, hocherfreut zu sein, und sie förmlich auf die Wange küsste. Einige Tage später traf aus Christchurch ein Schmuckstück ein, ein wertvolles Perlencollier. Lucas überreichte es Gwyneira als Zeichen seiner Anerkennung und Wertschätzung. Gerald ritt nach Haldon, um zu feiern, dass er endlich Großvater wurde, und hielt den gesamten Pub eine Nacht lang aus – mit Ausnahme von Howard O’Keefe, der zum Glück nüchtern genug war, schnellstens das Feld zu räumen. Über ihn erfuhr Helen von Gwyneiras Schwangerschaft, deren öffentliche Ankündigung sie mehr als peinlich fand.
    »Meinst du, mir ist das nicht peinlich?«, fragte Gwyn, als sie Helen zwei Tage später besuchte und feststellte, dass die Freundin die Neuigkeit schon kannte. »Aber so ist er eben. Das genaue Gegenteil von Lucas! Man möchte nicht meinen, dass die beiden verwandt sind.« Sie biss sich auf die Lippen, kaum dass sie es ausgesprochen hatte.
    Helen lächelte. »Solange sie nur selbst davon überzeugt sind ...«, sagte sie vieldeutig.
    Gwyn lächelte. »Jedenfalls ist es jetzt endlich so weit. Du musst mir genau erzählen, wie ich mich in den nächsten Monaten zu fühlen habe, damit ich ja nichts falsch mache. Und ich sollte Babykleider häkeln. Glaubst du, das kann man in neun Monaten lernen?«

11

    Gwyneiras Schwangerschaft verlief ohne jegliche Zwischenfälle. Sogar die berühmte Übelkeit in den ersten drei Monaten fiel glimpflich aus. So nahm sie auch die Warnungen ihrer Mutter nicht ernst, die sie praktisch seit ihrer Eheschließung beschwor, nun doch um Himmels willen mit dem Reiten aufzuhören. Stattdessen nutzte Gwyn fast jeden schönen Tag, um Helen oder Mrs. Candler zu besuchen – und damit James McKenzie aus dem Weg zu gehen. Anfangs schmerzte jeder Blick, den sie auf ihn richtete, und soweit es eben ging, versuchten beide, sich gar nicht erst zu begegnen. Wenn sie aber doch aufeinander trafen, schauten beide betreten weg, bemüht, den Schmerz und die Trauer in den Augen des anderen nicht sehen zu müssen.
    So verbrachte Gwyn viel Zeit mit Helen und dem kleinen Ruben, lernte ihn zu wickeln und Wiegenlieder zu singen, während Helen Babyjäckchen für Gwyneira strickte.
    »Bloß kein Rosa!«, bemerkte Gwyn entsetzt, als Helen einen bunten Strampler in Angriff nahm, um Wollreste zu verbrauchen. »Es wird doch ein Junge!«
    »Woher willst du das denn wissen?«, erwiderte Helen. »Und ein Mädchen wäre doch auch nett.«
    Gwyneira graute vor der Vorstellung, den erwünschten männlichen Erben nicht liefern zu können. Sie selbst hatte sich eigentlich noch nie über ein Kind Gedanken gemacht. Erst jetzt, da sie sich um Ruben kümmerte und täglich miterlebte, dass der Winzling schon ziemlich genaue Vorstellungen davon hatte, was er mochte und was nicht, wurde ihr klar, dass sie nicht einfach den Erben von Kiward Station in sich trug. Was da wuchs, war ein kleines Wesen mit einer einzigartigen Persönlichkeit, das durchaus weiblich sein konnte – und das sie jetzt schon dazu verurteilt hatte, mit einer Lüge zu leben. Wenn Gwyneira zu viel nachdachte, spürte sie Gewissensbisse gegenüber dem Kind, das seinen wirklichen Vater nie kennen lernen sollte. Also grübelte sie besser gar nicht erst, sondern half Helen bei deren schier endloser Hausarbeit – Gwyneira konnte melken – und in der Schule der Maori-Kinder, die immer größer wurde. Helen unterrichtete jetzt zwei Klassen, und zu ihrer Verwunderung traf Gwyn drei der Nackedeis wieder, die sonst im See von Kiward Station planschten.
    »Die Söhne vom Häuptling und seinem Bruder«, erklärte Helen. »Ihre Väter wollen, dass sie etwas lernen, deshalb haben sie die Kinder zu Verwandten in das hiesige Dorf geschickt. Ein ziemlicher

Weitere Kostenlose Bücher