Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
Vom Netzwerk:
Ich verdiene dich gar nicht. Das alles tut mir schrecklich Leid.« Verschämt wollte er sich abwenden.
    »Vom Leidtun werde ich nicht schwanger!«, sagte Gwyneira schroff. »Stell dir lieber etwas vor, das dich erregt.«
    Lucas versuchte es. Doch als tatsächlich ein Bild vor ihm entstand, das ihn erregte, war er dermaßen entsetzt, dass der Schreck ihn schlagartig ernüchterte. Das durfte nicht sein! Er konnte nicht mit seiner Frau schlafen und dabei an den schlanken, gut gebauten George Greenwood denken ...

    Die Situation eskalierte an einem Abend im Dezember, einem glutheißen Sommertag, an dem kein Lüftchen wehte. Das war selten in den Canterbury Plains, und die Schwüle zerrte an den Nerven aller Bewohner von Kiward Station. Fleur quengelte, und Gerald war schon den ganzen Tag unausstehlich. Morgens fuhr er die Arbeiter an, weil die Mutterschafe noch nicht in den Bergen waren – und das, obwohl er James vorher die Weisung erteilt hatte, die Herde erst auszutreiben, wenn auch das letzte Lamm geboren war. Am Nachmittag schimpfte er darüber, dass Lucas mit Fleurette im Garten saß und zeichnete, statt sich in den Ställen nützlich zu machen – und stritt sich anschließend mit Gwyneira, die erklärte, dass es bei den Schafen zurzeit nichts zu tun gab. In der Mittagshitze ließ man die Tiere am besten in Ruhe.
    Alle sehnten sich nach Regen, und ein Gewitter war unzweifelhaft zu erwarten. Doch als die Sonne unterging und zum Dinner gerufen wurde, zeigte sich noch immer kein Wölkchen am Himmel. Gwyneira ging seufzend in ihre glutheißen Zimmer, um sich umzuziehen. Sie war nicht hungrig; am liebsten hätte sie sich auf die Veranda im Garten gesetzt und darauf gewartet, dass die Nacht ein wenig Erleichterung brachte. Vielleicht hätte sie sogar die ersten Gewitterwinde gespürt – oder herbeigeführt –, denn die Maoris glaubten an Wetterzauber, und Gwyneira lief heute schon den ganzen Tag mit dem seltsamen Gefühl herum, ein Teil von Himmel und Erde zu sein, Herrin über Leben und Tod. Ein Hochgefühl, das sie immer erfasste, wenn sie bei der Ankunft neuen Lebens dabei sein und helfen konnte. Sie erinnerte sich genau, dass sie es zum ersten Mal bei Rubens Geburt gespürt hatte. Heute war Cleo die Ursache. Die kleine Hündin hatte am Morgen fünf prachtvollen Welpen das Leben geschenkt. Nun lag sie in ihrem Korb auf der Terrasse, säugte die Babys und hätte Gwyneiras Gesellschaft und Bewunderung sicher begrüßt. Doch Gerald bestand auf ihrer Anwesenheit bei Tisch – drei lange Gänge in der gedrückten Stimmung ständiger Unsicherheit. Gwyneira und Lucas hatten längst gelernt, ihre Worte im Umgang mit Gerald auf die Goldwaage zu legen; deshalb wusste Gwyn, dass sie besser nicht von Cleos Welpen sprach und dass Lucas nicht die Sendung Aquarelle erwähnen sollte, die er gestern nach Christchurch gesandt hatte. George Greenwood wollte sie an eine Galerie in London schicken; er war sicher, Lucas würde dort Anerkennung finden. Andererseits musste das Tischgespräch irgendwie in Gang gehalten werden, sonst suchte Gerald sich selbst Themen – und die waren zweifellos unangenehm.
    Gwyneira schälte sich mürrisch aus ihrem Nachmittagskleid. Sie war das ständige Umziehen zum Dinner leid, und das Korsett drückte in der Wärme. Aber das konnte sie nun wirklich weglassen – sie war schlank genug, um in das locker sitzende Sommerkleid zu passen, das sie für heute ausgewählt hatte. Ohne den Panzer aus Fischgrät fühlte sie sich gleich besser. Sie richtete noch kurz ihr Haar und lief die Treppe hinunter. Lucas und Gerald warteten bereits vor dem Kamin, beide ein Glas Whiskey in der Hand. Wenigstens war die Stimmung noch friedlich. Gwyneira lächelte den beiden zu.
    »Ist Fleur schon im Bett?«, erkundigte sich Lucas. »Ich habe ihr noch gar nicht Gute Nacht gesagt ...«
    Das war eindeutig das falsche Thema. Gwyneira musste es möglichst schnell wechseln.
    »Sie war halb tot vor Müdigkeit. Eure Malstunde im Garten war zwar anregend, aber auch anstrengend bei der Hitze. Und mittags konnte sie nicht schlafen, weil es so heiß war. Na ja, und natürlich die Aufregung um die Welpen ...«
    Gwyn biss sich auf die Lippen. Das war erst recht die falsche Fährte. Wie erwartet sprang Gerald sofort darauf an.
    »Hat das Hundetier also wieder geworfen«, brummte er. »Und wieder ohne Schwierigkeiten, was? Wenn sich die Herrin da mal eine Scheibe von abschneiden würde! Wie schnell das immer geht bei dem Viehzeug! Läufig,

Weitere Kostenlose Bücher