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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Kurven des Mädchens. Lucas hatte noch nichts bestellt und machte sich deshalb auch nicht der Zechprellung schuldig, als er sich jetzt aus dem Lokal stahl und zunächst in den Ställen versteckte. Wie sich herausstellte, gab es einen Hinterausgang. Lucas nahm ihn, schlich über den Hof einer Schmiede, vorbei am Lager eines Sargmachers und an einigen noch unfertigen Häusern. Westport war ein Kaff, da hatte Copper schon Recht gehabt, doch es war im Aufbau.
    Der Ort lag am Ufer eines Flusses, dem Buller River. Hier, gleich an der Mündung ins Meer, war der Fluss breit und ruhig. Lucas erkannte Sandstrände, unterbrochen von felsigem Ufer. Vor allem aber begann gleich hinter Westport der Farnwald, eine sattgrüne Wildnis, die völlig unerforscht aussah und es vermutlich auch war. Lucas schaute sich um, aber er war allein hier. Anscheinend suchte sonst niemand die Einsamkeit abseits der Häuser. Er würde ungesehen flüchten können. Entschlossen lief er am Flussufer entlang, suchte Deckung zwischen den Farnen, wo immer es möglich war, und folgte dem Fluss eine Stunde lang aufwärts, bevor er die Entfernung als groß genug erachtete, um sich zu entspannen. Allzu schnell würde der Skipper ihn nicht vermissen; die Pretty Peg sollte erst am nächsten Morgen auslaufen. Copper würde ihn natürlich suchen, aber ganz sicher nicht am Fluss, zumindest nicht anfangs. Später mochte er am Ufer nachsehen, aber bestimmt würde er sich auf die Gegend rund um Westport beschränken. Trotzdem hätte Lucas sich am liebsten gleich in den Dschungel geschlagen, hätte der Ekel vor seinem besudelten Körper ihn nicht aufgehalten. Zeit für eine Reinigung musste sein. Lucas zog sich fröstelnd aus, versteckte seine schmutzigen Sachen hinter ein paar Felsen – er dachte zunächst kurz daran, sie zu waschen und mitzunehmen, schauderte aber schon bei dem Gedanken, das Blut und das Fett abzuscheuern. So behielt er nur seine Unterwäsche, Hemd und Hose musste er abschreiben. Natürlich war das bedauerlich; wenn er sich wieder unter Menschen wagte, würde er nicht mehr besitzen als das, was er am Leibe trug. Aber alles war besser als das Schlachten an Bord der Pretty Peg .
    Schließlich ließ Lucas sich fröstelnd in das eiskalte Wasser des Buller River gleiten. Die Kälte schnitt in seine Haut, aber das klare Wasser wusch alles von ihm ab, was ihn besudelte. Lucas tauchte tief darin unter, griff nach einem Flusskiesel und begann seine Haut damit zu bearbeiten. Er schrubbte seinen Körper, bis er krebsrot war und die Kälte des Wassers kaum noch spürte. Dann endlich verließ er den Fluss, zog die sauberen Kleider an und suchte sich einen Weg in den Dschungel. Der Wald war Furcht erregend – feucht und dicht, voller unbekannter, gewaltiger Pflanzen. Lucas kam hier allerdings sein Interesse an Flora und Fauna seiner Heimat zugute. Er hatte viele der riesigen Farne, deren Blätter zuweilen wie Raupen zusammengerollt und fast lebendig wirkten, in Lehrbüchern gesehen und überwand seine Furcht, indem er versuchte, sie zu bestimmen. Sie waren durchweg nicht giftig, und selbst die größte Baumweta zeigte sich weniger angriffslustig als die Flöhe an Bord. Auch die vielfältigen Tierlaute, die durch den Dschungel drangen, schreckten ihn nicht. Hier gab es nichts als Insekten und Vögel, vor allem Papageien, die den Wald zwar mit den seltsamsten Rufen erfüllten, aber gänzlich harmlos waren. Schließlich machte Lucas sich ein Lager aus Farnen und schlief nicht nur weicher, sondern auch friedlicher als in den Wochen auf der Pretty Peg . Wenngleich er alles verloren hatte, erwachte er am nächsten Morgen mit neuem Mut – erstaunlich in Anbetracht dessen, dass er eben seinem Arbeitgeber weggelaufen war, einen Vertrag gebrochen, Spielschulden angehäuft und nicht bezahlt hatte. Immerhin, dachte er fast belustigt, wird mich so schnell niemand mehr einen »Gentleman« nennen!
    Am liebsten wäre Lucas im Dschungel geblieben, aber trotz der überbordenden Fruchtbarkeit dieser grünen Höhle fand sich nichts Essbares. Zumindest nicht für Lucas – ein Maori-Stamm oder ein echter Waldläufer hätten das vielleicht anders gesehen. So aber zwang ihn sein knurrender Magen, eine menschliche Ansiedlung aufzusuchen. Nur, welche? Westport kam nicht in Frage. Da wusste jetzt garantiert jeder, dass der Skipper einen entlaufenen Matrosen suchte. Womöglich wartete die Pretty Peg sogar auf ihn.
    Dann fiel ihm ein, dass Copper gestern die Tauranga Bay erwähnt hatte.

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