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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Westport.
    »Ist noch ’n kleines Kaff, aber im Aufbau. Bislang nur Whaler und Seehundjäger, aber jetzt sind auch ein paar Goldsucher unterwegs. Sollen sogar richtige Bergleute da sein – irgendwer sagte was von Kohlevorkommen. Jedenfalls gibt’s einen Pub und ein paar willfährige Mädels! Ich hatte da mal eine Rothaarige, da war die Heuer gut angelegt, sag ich euch!«
    Copper trat von hinten an Lucas heran, der erschöpft und angewidert an der Reling lehnte.
    »Denkst du auch schon an das nächste Bordell? Oder könntest du dir vorstellen, die erfolgreiche Jagd gleich hier zu feiern?« Copper hatte Lucas die Hand auf die Schulter gelegt und ließ sie jetzt langsam, fast streichelnd seinen Arm herunterwandern. Lucas konnte die Aufforderung kaum überhören, die in Coppers Worten mitschwang – doch er war unschlüssig. Sicher schuldete er Copper etwas; der ältere Mann war nett zu ihm gewesen. Und war es nicht auch so, dass er sein Leben lang immer wieder daran gedacht hatte, das Bett mit einem Mann zu teilen? Dass Bilder von Männern vor ihm aufgestiegen waren, wenn er sich selbst befriedigte und – Gott steh ihm bei – seiner Ehefrau beilag?
    Aber das hier ... Lucas hatte die Schriften der Griechen und Römer gelesen. Damals war der männliche Körper das Schönheitsideal schlechthin gewesen; die Liebe zwischen Männern und Jünglingen galt nicht als anstößig, solange man die Knaben nicht dazu zwang. Lucas hatte die Bilder der Statuen bewundert, die man damals von männlichen Körpern anfertigte. Wie schön sie gewesen waren! Wie glatt, wie sauber und einladend ... Lucas selbst hatte vor dem Spiegel gestanden und sich damit verglichen, hatte die Posen eingenommen, welche die Jünglinge zeigten, hatte sich in die Arme eines liebenden Mentors geträumt. Nur hatte der nicht ausgesehen wie dieser gewiss freundliche und gutmütige, aber doch massige und stinkende Walfänger. Es gab keine Möglichkeit, sich heute auf der Pretty Peg zu reinigen. Die Männer würden verschwitzt, verdreckt, besudelt mit Blut und Schleim zwischen die Decken schlüpfen ... Lucas entzog sich Coppers forderndem Blick.
    »Ich weiß nicht ... Es war ein langer Tag ... ich bin müde ...«
    Copper nickte. »Geh ruhig in die Koje, Junge. Ruh dich aus. Vielleicht könnte ich dich später ... nun, ich könnte dir etwas zu essen bringen. Kann gut sein, dass sich sogar ein Whiskey findet ...«
    Lucas schluckte. »Ein anderes Mal, Copper. Vielleicht in Westport. Du ... ich ... Versteh mich richtig, aber ich brauche ein Bad.«
    Copper lachte dröhnend. »Mein kleiner Gentleman! Also gut, ich werde in Westport persönlich dafür sorgen, dass die Mädels dir ein Bad bereiten – oder noch besser uns beiden! Ich könnte auch eins gebrauchen! Würde dir das gefallen?«
    Lucas nickte. Hauptsache, der Mann ließ ihn heute erst mal in Ruhe. Voller Hass und Ekel auf sich selbst und die Männer, mit denen er sich hier gemein gemacht hatte, verzog er sich in sein flohverseuchtes Bett. Vielleicht ließen sich ja wenigstens die Flöhe von dem Gestank nach Tran und Schweiß abschrecken! Eine Hoffnung, die sich rasch als trügerisch erwies. Im Gegenteil, das schien die Biester eher anzulocken. Lucas zerdrückte Dutzende an seinem Körper und fühlte sich dabei noch besudelter. Doch während er wach lag, auf das Lachen und Rufen an Deck horchte – der Skipper hatte offenbar tatsächlich Whiskey ausgeschenkt – und schließlich die trunkenen Gesänge der Männer vernahm, reifte ein Plan in ihm. Er würde die Pretty Peg in Westport verlassen. Egal ob er damit vertragsbrüchig würde oder nicht. Das alles war nicht zu ertragen!

    Die Flucht war dann eigentlich ganz leicht gewesen. Das einzige Problem bestand daran, dass er all seine Sachen auf dem Schiff zurücklassen musste. Es hätte Verdacht erweckt, wenn er seinen Schlafsack und seine wenigen Kleidungsstücke mit auf den kurzen Landgang genommen hätte, den der Skipper seinen Männern gestattete. Immerhin nahm er ein wenig Kleidung zum Wechseln mit – schließlich hatte Copper ihm ein Bad versprochen, damit ließ sich das erklären. Copper lachte natürlich darüber, aber Lucas war das egal. Er suchte nur nach einer Gelegenheit, sich abzusetzen. Die ergab sich schnell, als Copper mit einem hübschen rothaarigen Mädchen darüber verhandelte, ob sich wohl irgendwo ein Badekessel fände. Die anderen Männer im Pub achteten nicht auf Lucas; sie hatten nur ihren Whiskey im Kopf oder starrten auf die ausladenden

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