Im Land Der Weissen Wolke
Wollhandel einzusteigen. Er hatte seinen Vater gebeten, ihm dazu einen Vorschuss auf sein Erbe zu gewähren. Mr. und Mrs. Brewster – agile, entschlusskräftige Leute in den Fünfzigern – buchten daraufhin umgehend die Reise nach Neuseeland. Bevor er Geld locker mache, so dröhnte Mr. Brewster, wolle er sich die Gegend und vor allem die zukünftige Schwiegertochter einmal ansehen.
»Sie ist zur Hälfte Maori, schreibt Peter«, meinte Mrs. Brewster zweifelnd. »Und sie wäre so schön wie eines dieser Südseemädchen, deren Bilder man manchmal sieht. Aber ich weiß nicht, eine Eingeborene ...«
»Für den Landerwerb kann das ganz günstig sein«, meinte Gerald. »Ein Bekannter von mir erhielt mal eine Häuptlingstochter zum Geschenk – und daran hingen zehn Hektar bestes Weideland. Mein Freund hat sich sofort verliebt.« Gerald zwinkerte vielsagend.
Mr. Brewster lachte dröhnend und aus voller Brust über seinen Scherz, Gwyn und Mrs. Brewster eher gezwungen.
»Könnte übrigens seine Tochter sein, die kleine Freundin Ihres Sohnes«, überlegte Gerald weiter. »Die müsste jetzt so fünfzehn sein, ein durchaus heiratsfähiges Alter bei den Eingeborenen. Und die Mischlinge sind zum Teil wunderschön. Die reinblütigen Maoris dagegen ... also, mein Geschmack wären die nicht. Zu klein, zu gedrungen, und dann die Tätowierungen ... aber jedem das seine. Über Geschmack lässt sich nicht streiten.«
Aus den Fragen der Brewsters und Geralds Antworten erfuhr Gwyneira nun auch einiges mehr über ihr künftiges Heimatland. Bislang hatte der Schaf-Baron hauptsächlich über die wirtschaftlichen Möglichkeiten, die Viehzucht und das Weideland in den Canterbury Plains gesprochen, aber jetzt hörte sie zum ersten Mal, dass Neuseeland als Ganzes aus zwei großen Inseln bestand, wobei Christchurch und Canterbury auf der Südinsel gelegen waren. Sie hörte von Gebirgen und Fjorden, aber auch von einem dschungelähnlichen Regenwald, von Walfangstationen und Goldsuche. Gwyneira erinnerte sich, dass Lucas angeblich über die Flora und Fauna des Landes forschte, und ersetzte ihren Tagtraum vom Pflügen und Säen an der Seite ihres Gatten sogleich durch eine fast noch aufregendere Fantasie von Expeditionen in unerschlossene Gebiete der Inseln.
Irgendwann erschöpfte sich aber sowohl die Neugier der Brewsters als auch Geralds Erzählfreude. Warden kannte Neuseeland zwar offensichtlich gut, aber Tiere und Landschaften interessierten ihn nur unter ökonomischen Vorzeichen. Familie Brewster schien es ähnlich zu gehen. Ihnen war vor allem wichtig, ob die Gegend sicher war und eine mögliche Geschäftsgründung Gewinn abwarf. Bei der Erörterung dieser Fragen fielen die Namen diverser Kaufleute und Farmer, und Gwyneira nutzte die Gelegenheit, ihren lang gehegten Plan zu verwirklichen und unverfänglich nach einem »Gentlemanfarmer« namens O’Keefe zu fragen.
»Vielleicht kennen Sie ihn ja. Er soll auch irgendwo in den Canterbury Plains wohnen.«
Gerald Wardens Reaktion überraschte sie. Ihr künftiger Schwiegervater lief umgehend rot an, und seine Augen schienen vor Erregung aus den Höhlen zu treten.
»O’Keefe? Gentlemanfarmer?« Gerald spie diese Worte aus und schnaubte empört. »Ich kenne einen Halunken und Halsabschneider namens O’Keefe!«, polterte er weiter. »Abschaum, den man schleunigst nach Irland zurückschicken sollte. Oder nach Australien, in die Sträflingskolonien, da kommt er nämlich her! Gentlemanfarmer! Dass ich nicht lache! Raus damit, Gwyneira, wie kommen Sie auf den Namen?«
Gwyneira hob beschwichtigend die Hand, und Mr. Brewster beeilte sich, Geralds Glas noch einmal mit Whiskey zu füllen. Anscheinend erhoffte er sich davon eine beruhigende Wirkung. Mrs. Brewster war regelrecht zusammengezuckt, als Warden losbrüllte.
»Ich meine bestimmt einen anderen O’Keefe«, sagte Gwyneira rasch. »Eine junge Frau aus dem Zwischendeck, eine englische Gouvernante, ist mit ihm verlobt. Sie sagt, er gehöre zu den Honoratioren von Christchurch.«
»So?«, fragte Gerald misstrauisch. »Seltsam, dass mir der entgangen sein soll. Ein Gentlemanfarmer aus der Gegend um Christchurch, der mit diesem verfluchten Hundesohn ... oh, Verzeihung, Ladys ... der das Pech hat, mit diesem zweifelhaften Subjekt O’Keefe den Namen zu teilen, sollte mir eigentlich bekannt sein.«
»O’Keefe ist ein sehr häufiger Name«, begütigte Mr. Brewster. »Es kann durchaus sein, dass es in Christchurch zwei O’Keefes gibt.«
»Und
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