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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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weiteren Dramen anzubahnen. Im Gegenteil, Elizabeth wirkte aufgedreht und fröhlich.
    »Miss Helen, das ist Mrs. Godewind«, stellte sie vor, noch bevor der Reverend etwas sagen konnte. »Sie kommt aus Schweden! Das ist ganz weit im Norden, noch weiter weg von hier als England. Den ganzen Winter liegt da Schnee, den ganzen Winter! Ihr Mann war Kapitän von einem großen Schiff, und manchmal hat er sie mitgenommen auf die Reise. Sie war in Indien! Und in Amerika! Und in Australien!«
    Mrs. Godewind lachte über Elizabeth’ Eifer. Sie hatte ein gütiges Gesicht, dem man sein Alter kaum ansah.
    Freundlich streckte sie Helen die Hand entgegen. »Hilda Godewind. Sie sind also Elizabeth’ Lehrerin. Sie schwärmt von Ihnen, wissen Sie das? Und von einem gewissen Jamie O’Hara.« Sie zwinkerte.
    Helen erwiderte des Lächeln und Zwinkern und stellte sich erst mal mit vollem Namen vor. »Verstehe ich es richtig, dass Sie Elizabeth in Dienst nehmen wollen?«, erkundigte sie sich dann.
    Mrs. Godewind nickte. »Wenn Elizabeth es möchte. Auf keinen Fall will ich sie hier herauszerren wie die Leute eben das kleine Mädchen. Das ist widerwärtig! Ich hätte sowieso gedacht, dass die Mädchen älter sind ...«
    Helen nickte. Sie hätte dieser sympathischen kleinen Frau am liebsten ihr Herz ausgeschüttet. Sie war jetzt endgültig den Tränen nahe. Mrs. Godewind blickte sie prüfend an.
    »Ich sehe schon, dass Ihnen das Ganze nicht gefällt«, bemerkte sie. »Und Sie sind ebenso übermüdet wie die Mädchen – sind Sie zu Fuß über den Bridle Path gekommen? Das ist unzumutbar! Man hätte Ihnen Maultiere schicken müssen! Und ich hätte natürlich auch erst morgen kommen sollen. Die Mädchen wären sicher gern noch eine Nacht zusammengeblieben. Aber als ich hörte, dass sie im Stall schlafen sollen ...«
    »Ich komme gern mit Ihnen, Mrs. Godewind!«, sagte Elizabeth strahlend. »Und ich kann Ihnen gleich morgen Oliver Twist vorlesen. Stellen Sie sich vor, Miss Helen, Mrs. Godewind kennt Oliver Twist nicht! Ich hab ihr erzählt, dass wir es auf der Reise gelesen haben.«
    Mrs. Godewind nickte freundlich. »Dann hol mal deine Sachen, Kind, und verabschiede dich von deinen Freundinnen. Ihnen gefällt sie doch auch, Jones, oder?« Sie wandte sich an ihren Fahrer, der natürlich beflissen nickte.
    Kurz darauf, als Elizabeth es sich mit ihrem Bündel neben Mrs. Godewind bequem machte und die beiden schon wieder in angeregte Unterhaltung verfielen, nahm er Helen jedoch kurz zur Seite.
    »Miss Helen, dieses Mädchen macht einen guten Eindruck, aber ist es wirklich vertrauenswürdig? Es würde mir das Herz brechen, wenn Mrs. Godewind enttäuscht würde. Sie hat sich so auf die kleine Engländerin gefreut.«
    Helen versicherte ihm, sich kein klügeres und angenehmeres Mädchen als Elizabeth vorstellen zu können.
    »Braucht sie das Mädchen denn als Gesellschafterin? Ich meine ... dafür engagiert man doch ältere und gebildetere junge Frauen«, erkundigte sie sich dann.
    Der Diener nickte. »Ja, aber die muss man erst mal finden. Und viel zahlen kann Mrs. Godewind auch nicht, sie hat nur eine kleine Pension. Meine Frau und ich führen ihr den Haushalt, aber meine Frau ist Maori, wissen Sie ... die kann ihr das Haar machen, kann für sie kochen und sie umsorgen, aber vorlesen und ihr Geschichten erzählen kann sie nicht. Deshalb dachten wir an ein englisches Mädchen. Es wird bei mir und meiner Frau wohnen und ein bisschen im Haushalt helfen, aber vor allem wird es Mrs. Godewind Gesellschaft leisten. Sie können sicher sein, es wird ihm an nichts fehlen!«
    Helen nickte getröstet. Wenigstens Elizabeth würde gut versorgt sein. Ein winziger Lichtblick am Ende eines schrecklichen Tages.
    »Kommen Sie doch übermorgen zu uns zum Tee«, lud Mrs. Godewind Helen noch ein, bevor die Chaise abfuhr.
    Elizabeth winkte fröhlich.
    Helen dagegen fand jetzt nicht mehr die Kraft, zurück in den Stall zu gehen und Mary zu trösten, und sie schaffte es auch nicht, weiter an Reverend Baldwins Tisch Konversation zu machen. Zwar war sie immer noch hungrig, aber sie tröstete sich damit, dass die nicht gegessenen Reste mit etwas Glück den Mädchen zugute kommen würden. Sie entschuldigte sich höflich und fiel dann in ihr Bett. Morgen konnte es kaum schlimmer kommen.

    Am nächsten Morgen schien strahlend die Sonne über Christchurch und tauchte alles in warmes, freundliches Licht. Von Helens Zimmer aus bot sich ein atemberaubender Blick auf die Bergkette

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