Im Land Der Weissen Wolke
erbaut zu sein wie Gwyn.
»Wo steckt denn mein Sohn, Witi? Er könnte langsam seinen Hintern hierher bewegen und seine Zukünftige kennen lernen ... äh, ich wollte sagen ... Miss Gwyn erwartet natürlich mit Spannung, dass er ihr seine Aufwartung macht ...«
Der Diener lächelte. »Mr. Lucas ausgeritten, kontrollieren Weiden. Mr. James sagen, das muss jemand von Haus genehmigen, kaufen Material für Pferdepferch. So wie jetzt ist, Pferde nicht bleiben drin. Mr. James sehr aufgebracht. Deshalb Mr. Lucas weggeritten.«
»Statt seinen Vater und seine Braut zu empfangen? Das fängt ja gut an!«, polterte Gerald.
Gwyneira jedoch fand das verzeihlich. Sie hätte keine ruhige Minute gehabt, wäre Igraine auf einer Koppel untergebracht, die nicht sicher war. Und ein Kontrollritt über die Weiden passte viel besser zu ihrem Traummann als Lesen und Klavierspielen.
»Tja, Gwyneira, da bleibt uns nichts anderes übrig, als uns in Geduld zu fassen«, beruhigte Gerald sich schließlich. »Aber vielleicht ist das ja gar nicht so schlecht, in England wärst du deinem Zukünftigen auch nicht im Reitkleid und mit offenem Haar zum ersten Mal begegnet ...«
Er selbst fand zwar, dass Gwyneira mit ihren wieder einmal halb gelösten Locken und dem vom Reiten in der Sonne leicht geröteten Gesicht entzückend aussah, aber Lucas könnte das anders sehen ...
»Kiri wird dir jetzt deine Zimmer zeigen und dir helfen, dich frisch zu machen und zu frisieren. In einer Stunde treffen wir alle uns zum Tee. Bis um fünf sollte mein Sohn zurück sein – er dehnt seine Ausritte im Allgemeinen nicht lange aus. Dann wird euer erstes Treffen so stilvoll verlaufen, wie man es sich nur wünschen kann.«
Gwyneiras Wünsche hätten da zwar anders ausgesehen, sie fügte sich aber ins Unvermeidliche.
»Kann jemand meine Koffer nehmen?«, erkundigte sie sich mit Blick auf das Personal. »Oh nein, das ist zu schwer für dich, Moana. Danke, Hotaropa ... Hoturapa? Verzeihung, aber jetzt merke ich es mir. Was heißt eigentlich ›Danke‹ auf Maori, Kiri?«
Helen hatte sich widerwillig bei den Baldwins eingerichtet. Sosehr ihr die Familie zuwider war – bis zu Howards Eintreffen gab es keine Alternative. Also bemühte sie sich um Freundlichkeit. Sie bot Reverend Baldwin an, die Texte für das Kirchenblättchen niederzuschreiben und sie dann zur Druckerei zu bringen. Mrs. Baldwin nahm sie Besorgungen ab und versuchte, sich im Haushalt nützlich zu machen, indem sie kleine Näharbeiten übernahm und Belindas Hausaufgaben überwachte. Letzteres machte sie binnen kürzester Zeit zur meistgehassten Person im Haus. Dem Mädchen passte es gar nicht, überwacht zu werden, und sie beschwerte sich bei jeder Gelegenheit bei ihrer Mutter. Dabei wurde Helen deutlich, wie schwach die Lehrkräfte der gerade erst in Christchurch eröffneten Schule sein mussten. Sie überlegte, sich dort zu bewerben, falls es mit Howard schief ging. Vikar Chester machte ihr jedoch nach wie vor Mut: Es konnte dauern, bis O’Keefe von ihrer Ankunft erfuhr.
»Nun ja, die Candlers werden ihm wohl kaum einen Boten auf die Farm schicken. Wahrscheinlich warten sie, bis er zum Einkauf nach Haldon kommt, und auch das kann ein paar Tage dauern. Aber wenn er hört, dass Sie hier sind, wird er kommen, da bin ich sicher.«
Für Helen war das eine weitere bedenkliche Information. Sie hatte sich inzwischen damit abgefunden, dass Howard nicht unmittelbar bei Christchurch wohnte. Haldon war offensichtlich kein Vorort, sondern eine eigenständige, ebenfalls aufstrebende Stadt. Auch daran konnte Helen sich gewöhnen. Aber nun sprach der Vikar davon, dass Howards Farm auch noch außerhalb von Haldon lag. Wo also würde sie leben? Sie hätte gern mit Gwyn darüber gesprochen; vielleicht konnte die ihren Mr. Gerald ja unauffällig aushorchen. Aber Gwyn war gestern nach Kiward Station abgereist. Helen hatte keine Ahnung, wann und ob sie die Freundin wiedersehen würde.
Wenigstens hatte sie an diesem Nachmittag etwas Schönes vor. Mrs. Godewind hatte ihre Einladung förmlich wiederholen lassen, und pünktlich zur Teezeit wartete ihre Chaise mit dem Kutscher Jones auf dem Bock, um Helen abzuholen. Jones strahlte sie an und half ihr formvollendet in die Kutsche. Er schaffte es auch gerade noch, ein Kompliment für ihre adrette Erscheinung in ihrem neuen, fliederfarbenen Nachmittagskleid anzubringen. Dann erging er sich während der ganzen Heimfahrt in Lobliedern auf Elizabeth.
»Unsere Missus ist ein
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