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Im Land Der Weissen Wolke

Im Land Der Weissen Wolke

Titel: Im Land Der Weissen Wolke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Christchurch. Deshalb halte ich sonntags für uns und das Hauspersonal nur eine kleine Andacht. Aber ob die Leute dorthin kommen, weil sie Christen sind oder weil ich sie dazu auffordere ... ich habe keine Ahnung.«
    »Aber wenn er doch George heißt ...«, beharrte Gwyn.
    »Ach, Kindchen, den Namen habe ich ihm gegeben. Die Sprache dieser Leute werde ich nie lernen. Allein schon ihre Namen sind unaussprechlich. Und ihm scheint’s nichts auszumachen, nicht wahr, George?«
    Der Mann nickte und lächelte.
    »Richtige Name Tonganui!«, sagte er dann und wies auf sich, als Gwyneira immer noch bestürzt wirkte. »Heißt ›Sohn von Meeresgott‹.«
    Sehr christlich klang das nicht, aber unaussprechlich fand Gwyneira den Namen auch nicht. Sie beschloss, ihr eigenes Personal auf keinen Fall umzutaufen.

    »Woher können die Maoris eigentlich Englisch?«, fragte sie Gerald auf der Weiterreise am nächsten Tag. Die Beasleys hatten sie nur ungern gehen lassen, sahen aber ein, dass Gerald nach der langen Reise auf Kiward Station nach dem Rechten sehen wollte. Von Lucas hatten sie nicht viel erzählen können – abgesehen von den üblichen Lobreden. Während Geralds Abwesenheit schien er die Farm nicht verlassen zu haben. Zumindest hatte er die Beasleys nicht mit seinem Besuch beehrt.
    Gerald wirkte an diesem Morgen schlecht gelaunt. Die beiden Männer hatten dem Whiskey wohl reichlich zugesprochen, während Gwyneira sich mit Hinweis auf die langen Ritte, die vor und hinter ihr lagen, früh verabschiedet hatte. Mrs. Beasleys Monolog über Rosen hatte gelangweilt, und dass Lucas ein kultivierter Mensch und begnadeter Komponist war, der obendrein stets die neuesten Werke von Mr. Bulwer-Lytton und vergleichbar genialen Schriftstellern zu verleihen hatte, wusste sie auch schon seit Christchurch.
    »Ach, die Maoris ...«, griff Gerald ihre Frage unwillig auf. »Man weiß nie, was sie verstehen und was nicht. Sie schnappen bei ihren Dienstherren immer etwas auf, und die Frauen geben es dann an ihre Kinder weiter. Sie wollen sein wie wir. Das ist sehr hilfreich.«
    »Zur Schule gehen sie nicht?«, erkundigte sich Gwyneira.
    Gerald lachte.
    »Wer soll die Maoris denn unterrichten? Die meisten Siedlerfrauen sind froh, wenn sie es schaffen, ihrer eigenen Brut ein bisschen Zivilisation einzutrichtern! Es gibt allerdings ein paar Missionsstationen, und die Bibel ist auch in Maori übersetzt. Wenn es dich also drängt, ein paar schwarzen Bälgern Oxford-Englisch zu vermitteln – ich leg dir da keine Steine in den Weg!«
    Gwyneira drängte es eigentlich nicht, aber vielleicht tat sich hier ja für Helen ein neues Betätigungsfeld auf. Sie lächelte, als sie an ihre Freundin dachte, die nach wie vor bei den Baldwins in Christchurch festsaß. Howard O’Keefe hatte sich bislang nicht gerührt – aber Vikar Chester versicherte ihr jeden Tag, dass dies nicht bedenklich sei. Es war keineswegs sicher, dass die Nachricht von Helens Ankunft ihn überhaupt schon erreicht hatte, und dann musste er ja auch abkömmlich sein.
    »Was heißt ›abkömmlich‹?«, hatte Helen gefragt. »Hat er denn kein Personal auf der Farm?«
    Der Vikar hatte sich nicht dazu geäußert. Gwyn hoffte, dass ihrer Freundin da keine unangenehme Überraschung bevorstand.

    Gwyneira selbst war zunächst sehr zufrieden mit ihrer neuen Heimat. Nun, da sie den Alpen näher kamen, wurde die Landschaft hügeliger und abwechslungsreicher, war aber nach wie vor lieblich und ideales Schafland. Gegen Mittag teilte Gerald ihr freudestrahlend mit, dass sie eben die Grenze nach Kiward Station überschritten hatten und sich von nun an auf eigenem Land bewegten. Für Gwyneira glich dieses Land dem Garten Eden: Gras im Überfluss, gutes, sauberes Trinkwasser für die Tiere, ab und zu ein paar Bäume und sogar ein schattenspendendes Wäldchen.
    »Wie gesagt, es ist noch nicht alles gerodet«, erklärte Gerald, als er den Blick über die Landschaft schweifen ließ. »Aber einen Teil des Waldes kann man stehen lassen. Ist zum Teil edles Holz, viel zu schade, um es abzubrennen. Das kann sogar mal wertvoll werden. Möglicherweise lässt sich der Fluss zum Flößen nutzen. Vorerst aber lassen wir die Bäume stehen. Schau, da haben wir die ersten Schafe! Fragt sich allerdings, was das Viehzeug hier macht. Sollte längst ins Hochland getrieben sein ...«
    Gerald runzelte die Stirn. Gwyneira kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass er nun über schreckliche Strafen für den Schuldigen

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