Im Land des Eukalyptusbaums Roman
eingemischt hatte. Eigentlich wollte er sie auf der Stelle wegschicken. Er hat es zwar nicht weiter ausgeführt, aber er hat erwähnt, daß einmal zwei seiner Viehtreiber aus Rache getötet worden sind, weil er in Konflikte mit den Stammesgesetzen geraten ist.«
Galen nickte. »Stimmt schon. Ich war damals erst ein paar Monate auf Reinhart, als Langford einen Aborigine daran gehindert hat, eine Frau mit seinem Langspeer zu durchbohren, von der es hieß, sie sei ihrem Mann untreu geworden. Langford hatte die Situation nicht richtig eingeschätzt. Seiner Meinung nach hatte er einen kaltblütigen Mord verhindert. Die Frau, die lautstark ihre Unschuld beteuerte, war offenbar vom Stamm zum Tode verurteilt worden, und sie nahmen es uns sehr übel, daß wir ihre Rechtsprechung angezweifelt haben. Die Farmer haben sich zusammengetan und wollten sie anreifen, aber Langford suchte einen friedlichen Ausgleich. Er fühlte sich für den Tod der beiden Viehtreiber verantwortlich und wollte weiteres Blutvergießen verhindern. Mit Jack als Dolmetscher überzeugte er den Stamm, die Frau am Leben zu lassen, und versprach ihnen, wenn sie auf seine Wünsche eingingen, würden sie nicht mehr von den Weißen angegriffen. Die Frau wurde nie mehr gesehen. Jack hat Langford später dann erzählt, sie sei zwar nicht umgebracht, aber von ihrem Stamm verbannt worden.«
»Kein Wunder, daß er sich derart aufgeregt hat, weil ich im Wana-Mara-Lager gewesen bin. Aber ich konnte ihn überzeugen, daß ich den Segen des Stammesältesten hatte, als ich die Frauen mitnahm. Trotzdem wollte er keine Frauen im Haus haben. Ich hab’ ihn daraufhin gefragt, wie ich seiner Meinung nach sonst mit diesem riesigen Haushalt fertigwerden und dabei auch noch die Kinder unterrichten sollte? Außerdem habe ich ihn daran erinnert, wie glücklich Shannon ist, eine Spielgefährtin gefunden zu haben. In den ersten Tagen hat er mich mit seinem ständigen Gezeter über alles und jeden zur Weißglut getrieben, und mehr als einmal ist mir wirklich der Geduldsfaden gerissen. Der Wendepunkt kam wohl, als ich ihm klarmachen konnte, wie Wade überall mit anpackt, ohne einen Laut der Klage über seine Verletzung. Er mußte begreifen, daß wir mehr brauchen als nur weise Ratschläge. Wir brauchen dringend jemanden, der mit anfaßt!« – Nola sah auf ihre Uhr und erhob sich. »Kommen Sie mit?«
»Wohin gehen Sie?«
»Zu den Stallungen. Das ›Baby‹ wird hungrig sein!«
Noch bevor sie den Stall erreicht hatten, hörten sie das Kalb schon brüllen. »Klingt, als wäre es sogar sehr hungrig«, bemerkte Nola. Das Kalb war in einer Box untergebracht, die dem Verschlag mit den Ziegen gegenüberlag. »Shannon hat ihm die Flasche gegeben, aber das ist schon ein paar Stunden her. Will doch mal sehen, ob Nanny das Kleine bei sich trinken läßt. Würden sie mir helfen?«
Auch Hank war im Stall, am anderen Ende der Boxen. Er wandte ihnen den Rücken zu und reinigte Zaumzeug.
Galen führte Nanny in die Box mit dem Kalb undNola führte sie an Nannys Euter heran. Das Kalb roch die Milch und begann sofort zu saugen. Nanny wandte den Kopf und sah zu, rührte sich aber nicht von der Stelle. Nola lächelte, Freudentränen in den Augen. Auch Galen mußte lächeln, aber sein Blick war von Trauer umwölkt. Er mußte daran denken, daß Emily mit den Tieren nie zurechtgekommen war. Immer hatte sie behauptet, sie zu mögen, war ihnen aber möglichst ferngeblieben. Merkwürdig, aber mit Ellen war es dasselbe gewesen. Nola war ein ganz anderer Mensch. Wieder wurde ihm bewußt, wie ungeeignet Emily für das Leben im Outback gewesen war.
Während sie noch dastanden und zuschauten, wie Nanny das Kalb trinken ließ, bemerkte Galen: »Sie können gut mit Tieren umgehen, sie reagieren auf Sie.«
»Tiere reagieren wie Menschen, auf Liebe.«
»Aber bei Tieren ist das nicht selbstverständlich«, wandte Galen ein.
»Bei Menschen auch nicht.«
Eine Zeitlang schwieg Galen. Er warf einen Blick ans andere Ende der Stallungen, aber Hank schien sie gar nicht bemerkt zu haben.
»Meine Frau hatte immer den Ehrgeiz, Schauspielerin zu werden. Obwohl wir uns liebten, waren wir uns im Grunde fremd.«
Nola wußte nicht, was sie daraufhin sagen sollte.
»Ich hätte sie nie hier herausbringen dürfen«, seufzte Galen.
»Wie haben Sie sich kennengelernt?«
»Ich sollte Vieh auf den Märkten von Sydney ankaufen. Dort traf ich Emilys Vater, einen sehr interessanten Mann. Er besaß mehrere Zuchtfarmen in England.
Weitere Kostenlose Bücher