Im Land des Eukalyptusbaums Roman
Träume. Und diese Tragödie war, wie er jetzt, nach all den Jahren erstmals erkannte, vielleicht nicht weniger schrecklich als ihr Tod.
Nola merkte, daß Langford tief in Erinnerungen versunken war, und wechselte das Thema. »Bertha glaubt, mein Ruf sei in Gefahr, wenn ich hier draußen allein unter Männern bin.«
Langford sah sie aufmerksam an. Nola Grayson, davon war er überzeugt, sorgte sich nicht mehr um ihren Ruf als um die Frage, ob das Kleid, das sie trug, zu ihrer Augenfarbe paßte. Aber er wollte herausfinden, was in ihr vorging. »Und? Wie denken Sie darüber?«
Nola blinzelte amüsiert. »Sehe ich besorgt aus?«
Die Augen des alten Mannes funkelten ebenfalls. Diese Miss Grayson war doch eine recht ungewöhnliche Person. Jeden Tag sorgte sie für neue Überraschungen.
»Wie geht es denn heute Ihrem Bein?« Nola untersuchte das verletzte Knie und stellte fest, daß die Schwellung fast völlig abgeklungen war. »Sie sollten jetzt häufiger aufstehen und ihr Bein bewegen, damit es nicht steif wird!« riet sie.
»Ich kann nicht«, gab er störrisch zurück. Er spürte, daß sein Leben in den letzten paar Tagen eine neue Wendung erfuhr, und er war sich nicht sicher, ob er bereit war zur Rückkehr in den normalen Alltag. Plötzlich merkte er, daß er sich davor fürchtete. Und verängstigt war er nicht mehr derselbe wie zuvor.
»Unsinn. Neulich habe ich Sie erst am Fenster stehen sehen!«
Diesmal war Nola ganz sicher, daß Langford sich schämte. Sie hockte sich auf die Bettkante, was ihn noch mehr verunsicherte. »Orval Hyde hat mir erzählt, daß neulich zwei Männer in der Stadt waren, die ihn über die Reinhart-Farm ausfragen wollten. Es waren offensichtlich keine Viehtreiber, und nach Arbeit suchten sie auch nicht. Glauben Sie, daß es Viehdiebe waren, oder ob sie womöglich die Kerle kennen, die es auf Ihre Rinder abgesehen hatten?«
Langford runzelte die Stirn. »Möglich wäre es, aber ich glaube kaum, daß sie den Mut haben, hier erneut aufzukreuzen.«
»Sollten wir nicht besser Vorsorge treffen? Galen hat alle Gewehre aus den Schränken im Mannschaftshaus mitgenommen.«
»Ein paar Gewehre sind in der untersten Schublade der Kommode. Dort finden Sie auch eine Schachtel Munition.«
»Wade habe ich noch nichts davon erzählt, aber er sollte Bescheid wissen, für den Fall, daß Fremde herkommen und Herumschnüffeln.«
»Ich denke, Galen wird heute abend herüberkommen«, gab Langford zurück. »Sagen Sie ihm besser nichts von der Sache. Er hat schon genug am Hals.«
»Sie haben recht. Bestimmt wagt sich keiner mehr hierher, nachdem zwei ihrer Komplizen gefangen und der Behörde übergeben wurden.«
»Glauben Sie, der Köter, den Sie neulich angeschleppt haben, würde bellen, falls sich irgendwer nachts auf dem Grundstück herumtreibt?«
Nola tat, als wäre sie beleidigt. »Er ist jung. Woher soll ich das wissen? Offenbar hat er gestern zumindest eineSchlange erwischt. Manches bringt eben der Instinkt mit sich.« Daß ihm die Schlange zum Abendessen aufgetischt worden war, wollte Nola lieber nicht erwähnen. Sie hatte selbst erst nichts essen wollen, aber schließlich hatte der Hunger gesiegt, und Wade hatte zusätzlich an ihre Abenteuerlust appelliert. Und sie mußte zugeben – es war sehr schmackhaft gewesen.
Am späten Nachmittag kehrten Galen und Hank auf das Anwesen zurück. Offenbar war der Auftrieb zuerst rasch vorangeschritten, bis sie plötzlich durcheinander gekommen waren. Daraufhin mußte alles neu durchgezählt werden, was einen ganzen zusätzlichen Tag kostete. Hank trug ein sehr junges Kalb quer über dem Sattel.
»Hier ist dein erstes Milchkalb, Nola. Ich glaube nicht, daß es das letzte sein wird. Wir haben es den Dingos gerade noch vor der Nase weggeschnappt.«
»Was ist denn aus dem Muttertier geworden?«
Die Männer wechselten bedeutungsvolle Blicke, und wollten nicht vor den Kindern mit der Wahrheit herausrücken.
»Sie hatte das Bein gebrochen«, bemerkte Galen leise.
»Wirst du es wieder heil machen, Papa?« fragte Shannon, die das Kalb streichelte.
Galen wandte sich zu Nola um, und sie wußte, es war zu spät. »Wir versuchen unser Bestes. Bis dahin hilfst du Miss Grayson, sich um ihr Baby zu kümmern. Im Mannschaftshaus findest du eine Nuckelflasche!«
»Ein schönes Tier«, lobte Nola und bückte sich, das weiche Fell zu kraulen. Das Kalb war karamelbraun und hatte riesige braune Augen. Shannon und Tilly waren sichtlich entzückt.
»Vielleicht kannst du
Weitere Kostenlose Bücher