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Im Land des Eukalyptusbaums Roman

Titel: Im Land des Eukalyptusbaums Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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entsprechen.
    Anfangs bestand Hank darauf, daß Nola während der Überquerung auf der Kutsche blieb. Weil sie aber wußte, daß er sie zum Führen der Pferde brauchte, widersetzte sie sich eisern. Da der Fluß rasch anschwoll, gab Hank schließlich nach – wider sein besseres Wissen. Merkwürdigerweise war es ihre Körpergröße, die seinen Meinungswechsel bewirkte. Ein zarter gebautes Wesen hätte keine Chance gehabt gegen die Fluten.
    Gemeinsam führten sie die Pferde ins Wasser. Nola merkte sofort, daß die Strömung viel heftiger war als erwartet. Die bräunliche Flut schoß ihr zwischen den Oberschenkeln hindurch und machte es fast unmöglich, aufrecht zu stehen. Die Pferde rissen die Augen auf undwieherten angstvoll; Hank redete beruhigend auf sie ein. Nola folgte ihm und tat es ihm gleich.
    Langsam näherten sie sich dem anderen Ufer und waren beinahe in Sicherheit. Doch als die Pferde die schlüpfrige Böschung erklommen, gab die lockere Erde unter ihren Hufen nach, und die Kutsche kippte in Nolas Richtung. Sie schrie auf in der Angst, erschlagen zu werden. Verzweifelt brüllte Hank die Pferde an, weiterzuziehen, und die Kutsche kam von selbst wieder ins Gleichgewicht, allerdings rutschte zuvor Nolas Koffer aus dem Heck. Wenn Hank nicht die Seekiste festgehalten hätte, wäre diese ebenfalls herabgeglitten.
    Ohne zu bemerken, was mit ihrem Gepäck geschah, kletterte Nola die rutschige Steigung hinauf. Ihr Rock behinderte sie, und sie raffte ihn in ihrer Not hoch. Immer mehr Erdschollen brachen weg und fielen ins Wasser. Als der Boden unter Nolas Füßen nachgab und sie rückwärts glitt, suchte sie Halt an einem Ast und merkte erst in letzter Sekunde, daß es sich dabei um ein schlammverkrustetes Reptil handelte. Sie schrie auf und spürte, wie sie von den wirbelnden Fluten mitgerissen wurde. Sie trieb im Kielwasser ihres Koffers dahin, der sich vor ihr wieder und wieder überschlug.
    Panisch kraulte Nola dem Ufer entgegen, an dem sie mit erschreckendem Tempo vorübertrieb. Aststümpfe und Treibgut schlugen ihr an Arme, Beine und ins Gesicht. Ihre Finger klammerten sich an alles, was Rettung aus der Sturzflut zu bieten schien, die sie zu verschlingen drohte.
    Zwischen japsenden Atemzügen prustete sie und spuckte fauligen Schlamm aus. Ein oder zweimal gelang es ihr, nach Hank zu rufen. Leblose Tiere trieben ihr insGesicht, Schlangen und Eidechsen glitten durchs Wasser und das Hinterbein eines Känguruhs hob sich aus seinem nassen Grab.
    Sekunden vergingen, die Nola wie eine Ewigkeit erschienen. Ihrem Gefühl nach mußte sie schon kilometerweit fortgespült worden sein, und allmählich verließen sie ihre Kräfte. Erst der Anblick der Kutsche, die in rasendem Tempo auf der Böschung entlangpreschte, flößte ihr wieder Mut ein, und sie begann erneut um ihr Leben zu kämpfen.
    An der nächsten Flußbiegung sah Nola über sich einen riesigen Eukalyptusbaum ins Wasser ragen. Er barst mit gewaltigem Lärm, und die Gischt flog hoch empor. Seine verkrüppelten uralten Äste ragten fast bis ans andere Ufer. Nur wenige Augenblicke später stieß Nola gegen den Baumstumpf, der sich noch immer dem reißenden Fluß widersetzte. Der Aufprall nahm ihr die Luft, und ein stechender Schmerz durchfuhr ihre Rippen. Verzweifelt klammerte sie sich an das Holz, während die Strömung an ihrem erschöpften Körper zerrte.
    »Festhalten, Nola!« hörte sie Hank rufen. Ein Lasso sirrte heran, aber bevor sie die Kraft aufbringen konnte, es zu ergreifen, war es auch schon verschwunden.
    »Fangen Sie das Seil!«
    Wieder streifte es bloß ihren Arm und war weg.
    »Noch mal versuchen!« befahl Hank.
    Diesmal bekam Nola es zu fassen.
    »Schlingen Sie es sich um den Leib!« schrie Hank.
    Nola wagte nicht, sich zu rühren, aus Angst, sie könne wieder mitgerissen werden – diesmal in den Tod.
    »Schnell! Die Wurzel hält nicht mehr lange!«
    Sie spürte ein Beben unter sich und schrie auf, als der Baum sich bewegte. Dieselbe Angst, die sie vorhin gelähmt hatte, veranlaßte sie jetzt zu tun, was Hank sagte. Sie wickelte sich das Seil um die Taille. Kaum hatte sie den Mut gefaßt, den Baumstumpf loszulassen, als das Wasser sie auch schon weiterstieß. Doch das Seil spannte sich und beendete ihre gefährliche Fahrt; sie spürte, daß sie an Land gezogen wurde. Sekunden später kippte der gewaltige Eukalyptusbaum und wurde vom anschwellenden Strom flußabwärts getragen.
    Nola lag eine ganze Weile reglos, erschöpft und ungläubig den festen

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