Im Land des Eukalyptusbaums Roman
Kaffeeklatsch?«
Hank schüttelte den Kopf. Offenbar machte sich Nola keinen Begriff von den Entfernungen, die Nachbarn im Outback zu überwinden hatten. »Sie werden verstehen, was ich meine, wenn wir auf der Farm sind«, antwortete er.
Wieder nickte Nola. Zum ersten Mal hatte sie sich Hank genauer angeschaut. Nach herkömmlichen Vorstellungen von Eleganz und Attraktivität war er nicht gerade schön zu nennen, aber hier draußen im Outbackwäre er für eine alleinstehende Frau wohl ein ›guter Fang‹. Die sonnengebräunten Fältchen um seine Augen ließen ihn gutmütig erscheinen, und es war herzerfrischend, wenn er lächelte. Sie schätzte ihn auf Ende Vierzig oder Anfang Fünfzig. Bestimmt war es noch nicht zu spät für ihn, eine Partnerin zu finden und zu heiraten. »Sie könnten doch auch in die Stadt gehen, vor den Traualtar treten und Ihre Frau mit hierher nehmen!« schlug sie vor.
»Eine Stadtfrau würde das Leben im Busch nicht führen wollen. Wie schon gesagt, es ist viel zu einsam und rauh.« Nachdenklich musterte er Nola. »Sie wären ja wohl auch kaum gekommen, wenn Sie gewußt hätten, wie es ist.«
»Ganz im Gegenteil, Hank. Man hat es mir ausführlich geschildert, und ich wollte noch immer hierher.«
»Aber wieso?«
»Das Abenteuer vielleicht – die Herausforderung, Kinder zu erziehen, die vermutlich noch keine Schule von innen gesehen haben!«
Hank war beeindruckt von ihrem beruflichen Ehrgeiz. Aber wie lange der vorhielt, würde sich erst noch zeigen müssen.
»Jeder sollte seinen Horizont erweitern, wenn es möglich ist, Hank. Das Leben selbst ist eine große Schule, hier draußen vielleicht mehr als anderswo!«
Ein verschmitztes Funkeln in ihren Augen ließ ihn vermuten, daß noch etwas anderes dahintersteckte. »Und was war der eigentliche Grund?« erkundigte er sich leichthin. »Sie sind doch nicht etwa auf der Flucht vor den Gesetzeshütern?«
Nola tat furchtbar schockiert. »Aber nein! Nichtdoch. Im Ernst.« Sie lächelte. »Aber wenn’s unter uns bleibt, Hank, in London weint man mir keine Träne nach. Meine Ideen waren zu radikal für die feine englische Gesellschaft ...«
»Was ist denn eigentlich mit Mrs. Hartford?« erkundigte sich Nola, um das Thema zu wechseln.
Ihre direkte Frage lockte Hank aus der Reserve. »Soviel ich weiß, ist sie verstorben«, murmelte er.
»Und Mr. Reinhart? War er nie verheiratet?«
Hank fühlte sich nicht ganz wohl, wenn er über seine Arbeitgeber reden sollte. Sie waren beide eher schweigsame Zeitgenossen. »Galen kenne ich seit Jahren, aber normalerweise bin ich nicht auf der Reinhart-Farm. Ich arbeite als Treiber auf einer Farm gut dreihundert Kilometer südlich von Julia Creek.«
»Treiber?«
»Ich treibe das Vieh zusammen. Bei Reinhart sollte ich bei der Musterung aushelfen, aber dann war Galens Jüngster an einem Fieber erkrankt, und wir haben noch gar nicht angefangen. Ich weiß nur wenig über Mr. Reinhart. Von einer Ehefrau hat er nie was erzählt, und auch sonst keiner.«
»Trotz allem, Hank, finde ich das eigenartig.«
»Was?«
»Daß ein Mann freiwillig so isoliert lebt, irgendwo in der Einöde, ohne Frau und Familie.«
Hank gab keine Antwort. Nola war offenbar eine sehr feinfühlige Person. Er öffnete das Lunchpaket, das Esther ihnen mitgegeben hatte, und reichte Nola ein Sandwich. Sie hatte gar nicht gemerkt, daß es bereits Mittag war und sie eine gute Strecke zurückgelegt hatten. Außerdem bot Hank ihr die Feldflasche mit Wasser an. Kaumhatten sie das Essen ausgepackt, als ein Schwarm Buschfliegen über sie herfiel.
»Wie ist Mr. Reinhart denn so?« wollte Nola wissen, und versuchte verzweifelt, die Fliegen wegzuwedeln.
Hank verfiel in nachdenkliches Schweigen, während er an seinem Brot kaute, das mit einer dicken Bratenscheibe belegt war. Doch die Worte, mit denen sich Langford Reinhart beschreiben ließ, wollten sich nicht einstellen. »Am besten warten Sie es ab und sehen selbst«, antwortete er schließlich.
»Man hat mir erklärt, daß der neue Lehrer auch andere Arbeiten auf der Farm übernehmen soll wie Buchführung und Wäschewaschen. Wer erledigt üblicherweise die Hausarbeit, Hank, das Kochen und Putzen? Habt ihr irgendwelches Personal auf Reinhart, Stammesfrauen vielleicht?«
»Nein. Mr. Reinhart würde nicht erlauben, Ureinwohnerinnen ...« Peinlich berührt, wandte sich Hank ab. »Bei den Hausarbeiten muß jeder mit anpacken«, brummte er. »Und daran wird sich wohl auch nichts ändern.«
Der
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