Im Land des Eukalyptusbaums Roman
Nachmittag wurde furchtbar heiß, und die Landschaft veränderte sich. Sie überquerten das dunkle Erdreich des Flachlands, vor dem sich einzelnes silbergraues Buschwerk und bräunliche, nach lebensspendender Feuchtigkeit dürstende Grasnarben deutlich abhoben. Dann gab eine Steigung den Blick frei auf ein dünn bewaldetes Gebiet; fern am Horizont konnte Nola eine blauschimmernde Hügelkette erkennen.
Völlig unerwartet setzte leichter Regen ein, dann prasselten dicke Tropfen zu Boden und hinterließenvereinzelte dunkle Flecken auf der Krume. »Ist die Trockenzeit vorüber?« fragte Nola und wunderte sich, daß Hank so unbeeindruckt blieb.
»So bald ist das leider nicht zu erwarten«, erwiderte er ruhig.
»Wie schade, Hank. Tierman Skelly meinte, das Gras könne über Nacht grün werden.«
»Stimmt schon. Aber ein verfrühter Regen reicht nicht; es muß ständig weiterregnen, damit das Gras grün bleibt. Um Kanäle und Flußbetten zu füllen, brauchen wir Dauerregen. Sie werden noch merken, wie sehr das Wetter den Alltag und das Benehmen der Menschen auf der Farm beeinflußt.«
Die schwarze Erde, aufgeweicht vom Regen, blieb an den Rädern des Zweispänners kleben und hinderte sie am Fortkommen. Nola staunte, wie wenig erfrischend der Regen war. Wenn überhaupt, schien seine einzige Wirkung darin zu bestehen, das Klima noch drückender zu machen.
»Hoffentlich schaffen wir es noch über den Short Horn River«, rief Hank über den fernen Donner hinweg, während er dicke Erdklumpen von den Rädern kratzte. »Südlich von hier haben schwere Regenfälle eingesetzt.«
»Woher wissen Sie das?« brüllte Nola zurück.
Hank deutete südwärts, wo der Himmel fast schwarz geworden war. »Der Fluß wird bald ansteigen. Kann sein, daß wir uns von der Seekiste trennen müssen. Ihr Gewicht drückt die Kutsche nach unten.«
Nola war empört. »Das geht nicht. In der Kiste sind meine Schulbücher!«
»Entweder die Kiste oder Sie«, gab Hank zurück,meinte es aber keineswegs so ernst, wie es sich anhörte. Als er ihren entgeisterten Gesichtsausdruck sah, fügte er hinzu: »Ich kann später zurückkommen und die Kiste holen.«
»Meinetwegen gehe ich zu Fuß, wenn es sein muß, aber von der Kiste trenne ich mich nicht. Sie ist unersetzlich!« Wie um es unter Beweis zu stellen, stieg sie aus, nahm eines der Pferde beim Zügel und trieb es unter anfeuernden Rufen durch den Schlamm. Hank blieb vor Schreck beinahe die Luft weg.
Nola verfluchte mehr als einmal ihr Kleid, über das sie stolperte. Im Handumdrehen waren ihre Schuhe, Strümpfe und die untere Hälfte des Rocks mit Lehm verkrustet. Als sie den Fluß erreichten, strömte er schon beängstigend schnell.
»Ans andere Ufer können wir es schaffen«, kommentierte Hank. »Der Flußlauf ist zwar breit, aber noch nicht allzu tief.«
»Gibt es denn keine andere Furt hier? Keine Brücke?«
Hank zog ein Gesicht, als hätte Nola etwas außergewöhnlich Blödes gesagt. »Brücken gibt es nur in zivilisierten Gegenden!«
Nola starrte ihn verwundert an. »Eine Gegend ist so zivilisiert wie die Leute, die dort wohnen. Die Eigentümer der Viehfarmen könnten sich doch zusammentun und eine Brücke über den Fluß bauen. Das wäre doch für alle von Nutzen!«
Hank schüttelte den Kopf. »Hören Sie auf mich und machen Sie diesen Vorschlag besser nicht in Gegenwart von anderen. Hier mag man es nicht, wenn Neulinge gute Ratschläge erteilen ...« Besonders, wenn die Ratschläge von Frauen kamen, setzte er im stillen hinzu.
»Weibliche ›Neulinge‹ dürfen erst recht nicht ins Fettnäpfchen treten, nicht wahr?« fragte Nola.
Hank verbiß sich das Lachen und wandte seine ganze Aufmerksamkeit dem Flußbett zu. »Normalerweise kämen wir trockenen Fußes hinüber«, versicherte er, um das Thema zu wechseln. »Das Wasser verschwindet so schnell, wie es gekommen ist. Das Gulf Country erlebt jetzt das fünfte Jahr der Dürreperiode. Vereinzelte Schauer schaffen keine Abhilfe. Die reichen höchstens, um die Gutsbesitzer zu frustrieren und das Vieh nervös zu machen. Schon morgen werden Sie kaum noch erkennen, daß hier überhaupt ein Flußbett ist. Wir könnten hier lagern und die Reise morgen fortsetzen!«
Nola mochte kaum glauben, was er da vorschlug. »Ich gehe jetzt hinüber«, verkündete sie. Ihr war hundeelend zumute, und für ein Bad hätte sie fast alles getan. Der direkte Weg durch den Fluß, den sie in jedem Fall überqueren mußten, schien ihrem Wunsch am ehesten zu
Weitere Kostenlose Bücher