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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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saßen, fragte ich sie: «Ist etwas mit dir, meine Liebe? Du bist heute so nachdenklich.»
    Merit lächelte und sah schweigend in den Garten. Dann blickten mich große, fröhliche Augen an.
    «Ich bin einfach sehr glücklich mit dir. Nie in meinem Leben hätte ich gedacht, dass ich in einem fremden Land so gerne lebe.»
    Wir umarmten uns und küssten uns leidenschaftlich. Es wurde eine der schönsten Nächte, die wir zusammen verbrachten.
     
    Zwei Wochen waren seit dem Besuch Pharaos vergangen, da ging ich mit Merit zu ihm. Es war schon Abend, und die Sonne erstrahlte gerade in ihrem schönsten goldenen Licht.
    «Ameni, der Bildhauer Thutmosis erwartet dich im Garten neben dem Schattenhaus», begann ich meine ungewöhnliche Rede.
    «Ich bitte dich, uns dorthin zu begleiten, denn Merit und ich möchten dir etwas zeigen.»
    «Gottesvater Juja», sagte er zu meinem Vater, «dann gehen wir eben in den Garten, um den Bildhauer Thutmosis kennen zu lernen!»
    Amenophis war über dieses Ansinnen nicht nur überrascht, sondern auch sichtlich erheitert, denn es war ansonsten undenkbar, dass Pharao zu demjenigen geht, der ihm vorgestellt werden soll.
    Die Statue war aus seltenem rötlichen Quarzit, welcher von feinen weißen und schwarzen Gesteinsadern durchzogen war. Vor einer stelenförmigen Rückenplatte stand Pharao in Schrittstellung, kraftvoll, jugendlich wie er war, mit Doppelkrone und dem Königsbart. Seine Arme waren eng an den Körper gepresst, in beiden Händen hielt er Schriftrollen. Die insgesamt fünf Ellen hohe Figur ruhte auf einer rechteckigen Standplatte mit abgerundeter Vorderseite.
    Lange Zeit stand Nimuria schweigend vor seinem Abbild, umrundete es langsam, um erneut nachdenklich davor stehen zu bleiben.
    «Merit und ich möchten uns damit bei Euch bedanken. Ich glaube, wenn Ihr gestattet, es ist das Schönste, was ich bisher von Thutmosis gesehen habe.»
    Ameni bestaunte noch immer die Figur und sagte schließlich: «Die Überraschung ist euch gelungen, wahrhaftig! Steh auf, Thutmosis! Ich möchte den Mann sehen, der solches vollbringt.»
    Der junge Bildhauer, der neben seinem Werk vor Pharao im Sand lag, erhob sich zaghaft und starrte mit gesenktem Haupt angstvoll zu Boden.
    «Sieh mich an, Thutmosis!»
    Zum ersten Mal in seinem Leben durfte der Bildhauer Thutmosis in das Antlitz des Guten Gottes sehen. Ich konnte die Erregung des Künstlers gut nachempfinden und erinnerte mich der Stunde, als ich Amenis Vater gegenüberstand.
    «Du hast meine Augen, den Gesichtsausdruck insgesamt, gut getroffen, obwohl du mich vorher nie gesehen hast. Bedientest du dich einer Vorlage?»
    Nur zögerlich begann Thutmosis zu antworten. «Majestät, der ehrwürdige Eje, der Einzige Freund Eurer Majestät, war mir behilflich. Er beschrieb mir die Stellung Eurer Augen, die Form Eures Gesichtes.»
    «Bist du mit deiner Arbeit zufrieden, jetzt, wo ich vor dir stehe und du mein Antlitz mit seinem Abbild vergleichen kannst?»
    «Majestät, das Antlitz des Guten Gottes abzubilden kann immer nur ein Versuch sein. Das vollkommene Abbild Amuns lässt sich nicht in Stein meißeln, sodass es noch immer vollkommen wäre.»
    Die Worte des Künstlers waren weise, denn so entzog er sein Werk jeder Kritik, sei sie nun berechtigt oder nicht. Nimuria war mit der Arbeit des Bildhauers zufrieden.
    Seit diesem Tag arbeitete Thutmosis über viele Jahre hinweg nur noch für die Herrscher Ägyptens.
     
    Die Betriebsamkeit in Waset war berauschend. Voller Stolz ließ Nimuria ausländische Gesandte und die Mächtigen der Beiden Länder, vor allem diejenigen, welche aus dem Norden, aus Men-nefer und dem Fajum zu uns kamen, über die Baustellen der Tempelanlagen führen. Auch Fürst Imresch war unter ihnen, denn er reiste für einige Wochen aus Men-nefer zu uns, um vor allem Merit zu sehen. Er überbrachte Grüße von Fürstin Scharruwa und von König Kurigalzu und hatte Vieles mit Nimuria und dem Wesir zu besprechen.
    «Ich freue mich», sagte er eines Abends auf unserer Dachterrasse, «ich freue mich, dass es euch so gut geht. Du bist ein erfolgreicher Beamter Seiner Majestät, und auch im entfernten Men-nefer weiß man, dass das Land einen großen Teil seines Wohlstands dir verdankt. Nimuria ist sich dessen bewusst. Er hat erst gestern lange mit mir darüber gesprochen.»
    Dann fuhr Imresch fort: «Ihr lebt in einem herrlichen Palast, der so wundersam gestaltet ist, wie ich es noch nie sah. Und dass ihr beide verliebt seid wie am ersten Tag, ist

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