Im Land des Falkengottes. Amenophis
Wirtschaftsgebäude, ehe wir zu unseren Wagen zurückkehrten.
«Wirst du auch mein erster Gast sein, Ameni?»
Nimuria stand bereits auf seinem Wagen und rief mir unter dem Knall seiner Peitsche zu: «Wenn du mich einlädst – gerne!»
Nach meiner Rückkehr in den Palast ging ich zuerst in unsere Gemächer. Merit war gerade mit dem Ankleiden fertig und wurde von ihrer Hofdame geschminkt.
«Und was war das große Geheimnis Seiner Majestät?», fragte mich Merit zur Begrüßung.
Ich küsste sie auf die Stirn und sagte: «Es muss noch eine kleine Weile ein Geheimnis bleiben, meine Liebe. Aber wenn du hier fertig bist und mit mir kommst, können wir das Geheimnis lüften.»
Merit war von dem weiträumigen Garten ebenso begeistert wie ich, und auch sie konnte unser Glück kaum fassen. Wir schritten den Grundriss des Gebäudes ab, zeichneten kleine Entwürfe in den Sand und dachten schon jetzt darüber nach, welches Zimmer in welche Himmelsrichtung zeigen sollte. Wir durchliefen den Garten in alle Richtungen und überlegten, wo noch Teiche anzulegen und Bäume aus Merits Heimat einzupflanzen wären. Zuletzt saßen wir auf den Stufen, dort, wo sich einmal der Haupteingang befunden hatte, und blickten über den vor uns liegenden Garten hinab auf die Stadt,den Fluss, das Westufer mit den Totentempeln und das Gebirge.
«Hast du dir unser Zuhause einmal so schön vorgestellt?»
Merit drehte ihren Kopf kurz nach hinten und sagte dann: «Noch sehe ich von unserem Zuhause nicht sehr viel. Aber es kann ja noch werden!»
Auf dem Weg in den Palast beschlossen wir, den Baumeister Suti mit der Anfertigung der Baupläne zu beauftragen.
Nimuria willigte ein, und so dauerte es nur wenige Wochen, bis mit dem Wiederaufbau des Palastes begonnen wurde. So oft es meine Arbeit zuließ, fuhr ich mit Merit zu unserem Haus, um den Baufortschritt zu beobachten und um Anweisungen zu erteilen.
Zum königlichen Tross, der von Men-nefer nach Waset zog, gehörte auch Hebi, der Sohn des Wesirs Ramose. Hebi war achtzehn Jahre alt, und ich kannte ihn noch von der Palastschule in Men-nefer. Er war mit Prinz Amenemhet, dem verstorbenen Bruder Nimurias, befreundet gewesen. Hebi wurde nach unserem Eintreffen erst Vorlesepriester im Tempel Amuns und sollte darüber hinaus Tahuti bei der Verwaltung der Tempeldomänen unterstützen. Ich konnte Ameni davon überzeugen, dass es besser ist, wenn Hebi erst einige Jahre auf meinem Landgut Erfahrungen sammelt, um später als unser Mann in die Domänen des Amun überzuwechseln.
Die Pläne für mein Landgut waren ehrgeizig. Ich wollte allen zeigen, dass die Erträge auf den Gütern unseres Landes bei gewissenhafter Bewirtschaftung deutlich zu steigern waren. Ich fertigte für meinen neuen Verwalter Skizzen von einem Scharduf an, jener Hebevorrichtung, mit welcher die Babylonier Wasser schöpften. Wir entwarfen ausgeklügelte Pläne für Bewässerungskanäle und Deiche, die, je nach Wasserstand, geöffnet und geschlossen werden konnten, um die bestmögliche Bewässerung der Felder zu gewährleisten. Schon im erstenJahr konnten wir sechs der neuartigen Schöpfarme einsetzen, und sie erwiesen sich als sehr wirkungsvoll. Mit nur einem Arbeiter konnte in kurzer Zeit deutlich mehr Wasser in die höherliegenden Wasserkanäle geschöpft werden, als dies bisher möglich war. Vor dem Eintritt der Nilschwemme wurden meine Wassergräben auf das Peinlichste gereinigt und alle Deiche und deren Verschlüsse überprüft. War genug Wasser in die Gräben gelaufen, konnten die Deiche schnell geschlossen und das Wasser am Ablaufen gehindert werden, ehe die Flut wieder sank.
Hebi war ein über die Maßen gewissenhafter Verwalter, und es dauerte nicht lange, da legte ich die Leitung meines Landgutes vollständig in seine Hände. Schon nach der zweiten Ernte konnte ich Nimuria stolz unser Ergebnis melden. Bezogen auf eine Arure Ackerland lagen die Erträge meines Landgutes um mehr als ein Drittel über den Erträgen anderer Güter ähnlicher Beschaffenheit. Rechtzeitig mit dem Einbringen dieser Ernte war auch unser Palast fertig gestellt. Merit hatte großen Einfluss auf die Planung genommen, und so war in unserem Haus viel Fremdes zu sehen und erinnerte mich Vieles an den Palast Imreschs.
Auch Suti versuchte manch Neues. Die Säulen fielen sehr schlank aus, was ihnen und den Räumen insgesamt mehr Eleganz verlieh. Die Wände zeigten Abbildungen ganzer Gärten, des Schilfes mit Vögeln, Katzen und anderen Tieren. Die
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