Im Land des Falkengottes. Amenophis
Topas, Rubine, Diamanten, Saphire, Lapislazuli und alles, was es an kostbaren Edelsteinen sonst gibt. Amenophis war ebenso wie Acha und ich sprachlos.
«Wie viel davon seid Ihr bereit herzugeben?», fragte Nimuria mit einem milden Lächeln.
Ramose verneigte sich erneut demütig, dann sprach er mit leiser Stimme: «Sagten wir Euch nicht zu, dass unser Anteil ebenso groß sein wird wie der Eure, Majestät. Steht es nicht so geschrieben? Dann sei es auch so, Herr Beider Länder!»
Die Antwort Pharaos war wieder ein mildes Lächeln. Er ergänzte: «So steht es geschrieben, und so sei es. Ich wusste, dass ich mich auf die Diener Amuns verlassen kann.»
Anschließend begaben wir uns in das Heiligtum. Nimuria ging mit Ramose zum heiligen Schrein, brach das königliche Siegel, schob die Riegel beiseite und öffnete die goldenen Türen. Er nahm das Bildnis Amuns aus dem Schrein, reinigte es mit heiligem Wasser, verehrte es mit Weihrauch und stellte das Bildnis zurück. Der Schrein wurde geschlossen und wieder versiegelt. Amun war zufrieden.
Amenophis kehrte in der königlichen Sänfte zum Palast zurück. Er war auffallend ruhig und machte einen sehr nachdenklichen Eindruck. Nachdem wir sein Arbeitszimmer erreicht hatten, legte er zuerst den Stirnreif ab, zog sich den Nemes vom Kopf und raufte sich die Haare. Ich glaube, es war das erste Mal, dass Acha seinen Herrscher ohne Kopfbedeckung sah.
«Weißt du eigentlich, was meine Abmachung mit dem Priester für dich bedeutet, Acha? Wenn alle geplanten Tempelbauten errichtet sind, werde ich keinen Schatzmeister mehr brauchen. Ich werde arm sein wie eine Pyramidenrennmaus. Wenn ich die Hälfte meines Schatzes zur Verfügung stelle, ist dies gerade der achte Teil dessen, was Ramose in seinen Kammern hortet!»
Ich musste mich räuspern, denn Nimuria hatte maßlos übertrieben. Auch wenn der Schatz Amuns beachtlich war, der Reichtum Pharaos war und blieb unerreicht.
«Majestät», begann nun Acha. «Zu keinem Zeitpunkt wird der Schatz Amuns auch nur annähernd so groß sein wie das, was Ihr an Reichtum besitzt. Wir werden Grabungsmannschaften in die östliche Wüste entsenden und neue Minen anlegen lassen, wir werden die Tribute anheben, und wir werden dem elenden Kusch alles an Gold wegnehmen, was es besitzt.»
«Das elende Kusch! Das elende Kusch!», wiederholte Ameni gereizt. «Niemand weiß so recht, wie viel es besitzt. Glaubt ihr denn, dass Nubien noch mehr Gold fördern kann, als es ohnehin schon an mich abliefert?»
«Lasst es darauf ankommen und überzeugt Euch selbst davon, Majestät.»
«Was meinst du damit, Acha?»
«Berichtet Merimes nicht schon seit Wochen von Übergriffen aufständischer Nubier im Süden des Reiches? Nehmt dienächste Meldung einer feindlichen Handlung zum Anlass, um eine Armee zu entsenden, welche die Aufständischen bestraft.»
Ich sah Amenophis verwundert an, doch Acha setzte nach: «Im fünften Jahr deiner Herrschaft kann es nur gut sein, wenn Pharao den Völkern der Erde seine Stärke zeigt und als Sieger vom Schlachtfeld heimkehrt. Es wird überall Eurem Ansehen dienen und Euren Ruhm fördern.»
«Alle meine Vorgänger haben Kusch wie den Hinterhof Ägyptens behandelt und nach Belieben ausgeplündert. Ich muss euch gestehen, dass mir das nicht gefällt. Aber wenn es wirklich Übergriffe gibt, muss ich handeln. So sei es denn. Sobald Merimes einen weiteren Überfall meldet, schlage ich zurück.»
Ich wusste, dass Nimuria im Grunde seines Herzens so dachte wie ich, und Krieg nur um des Goldes Willen nicht guthieß. Andererseits war es schon seit urewigen Zeiten so, dass viel von dem Ansehen Pharaos davon abhing, dass er sich einmal in einem Feldzug als Held erwies. Und so beugte sich Ameni zum einen dieser Einsicht, zum anderen sah er freilich mit großen Augen auf den Reichtum Nubiens.
In den folgenden Wochen hielt sich Amenophis häufiger als sonst in der Division des Amun, die etwas weiter südlich von Waset stationiert war, auf. Wenn es zu einem Feldzug gegen nubische Stämme käme, würden ohnehin nur Streitwageneinheiten nach Kusch ziehen. Die übrigen Truppen würde Nimuria erst später im Süden des Landes ausheben lassen.
Wie auch in Men-nefer, gab es in der Division des Amun ein weiträumiges Gelände, auf welchem die Streitwagentruppen übten. Da es von Anfang an keinen Zweifel daran gab, dass ich Ameni begleiten würde, nahm auch ich an den Übungen teil. Die Rennen, die sich Nimuria und ich lieferten, waren
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