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Im Land des Falkengottes. Amenophis

Im Land des Falkengottes. Amenophis

Titel: Im Land des Falkengottes. Amenophis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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Innenhöfe wurden nach Anweisung Merits üppig bepflanzt, und überall gab es wie in Babylon kleine Brunnen und wasserspeiende Figuren.
    Unser Garten war eine wundersame Mischung aus einer streng gegliederten ägyptischen Anlage und einem wuchernden babylonischen Paradies. Sessu, der Obergärtner Pharaos, vollbrachte Großartiges. Ohne in den alten Baumbestand des Gartens einzugreifen, verwandelte er ihn durch die vom Euphratmitgebrachten Bäume, Sträucher und Blumen, dass er nicht mehr wiederzuerkennen war. Anders als hier in Waset sonst üblich, stellte er die steinernen Figuren nicht auf eine freie Fläche, sondern versteckte sie unter einem weit ausladenden Ast, zwischen Sträuchern oder am Ende eines sich durch Hecken windenden Weges.
    Der Fußboden unseres Schlafzimmers bestand aus einem besonders harten, fast schwarzen Holz aus Nubien, die Wände und die Decke waren in unterschiedlichen Rottönen gestrichen.
    Ameni und Teje besahen sich alles sehr genau. Immer wieder blieben sie stehen und bestaunten die Brunnen, vor allem jedoch die Wandbilder.
    «Noch nie sah ich bisher so mutige, so neuartige Bilder», sagte Ameni und trat noch näher an die bemalte Wand meines Arbeitszimmers heran. Dort waren ein Harfenspieler und eine Tänzerin abgebildet. In meiner Vorstellung war die Tänzerin natürlich Inena, und der Maler hatte das Gesicht nach meinen Angaben recht gut getroffen. Bis heute weiß niemand davon.
    «Die Menschen sind anders dargestellt, als es bisher üblich war. Man sieht das Gesicht der Tänzerin von vorne, und ich sehe Körperhaltungen, wie sie noch kein Maler zu zeigen wagte. Aber es ist sehr schön, Eje.»
    Dann lachte er mich an und fuhr fort: «Nur eines beruhigt mich: Den Ton meiner Lieblingsfarbe, das Blau des Lapislazuli, hat dein Künstler nicht getroffen!»
    Ich lächelte ebenfalls, schwieg aber.
    Oh Amenophis!
    Man mischt gemahlenen Quarzsand, Kalk und Soda mit Kupfererz und erhitzt das Pulver gerade so weit, dass es schmilzt. Dann nimmt man einen Teil der glühenden Asche wieder weg, damit die Temperatur nicht weiter steigt und das verflüssigte Pulver seinen blauen Farbton verliert. Ich kanntedie Rezeptur schon lange von meinem Vater. Aber allein der Eitelkeit meines Freundes wegen hätte ich es nie gewagt, diese Farbe zu verwenden. Sie war wirklich nur ihm und Amun vorbehalten.
    «Die Figuren in eurem Haus sind von hoher Qualität», begann jetzt Teje, als sie die Statue einer sitzenden Hathor aus Diorit betrachtete. Die Göttin des Himmels, des Lebens und der Liebe war in jugendlicher, schlanker Gestalt abgebildet. Sie saß auf einem einfachen Thron und trug ihre Krone mit der Sonnenscheibe zwischen den Kuhhörnern auf einer langen Perücke, deren Zopfstränge weit über den Rücken und auf die Brust fielen. Das lange, eng anliegende Gewand ließ den zauberhaften Körper der Göttin durchschimmern. In der linken Hand hielt sie das Lebenszeichen Anch.
    «Ein junger Künstler namens Thutmosis hat sie und andere Figuren angefertigt», sagte ich voller Stolz, denn es war nicht zu verkennen, dass die Göttin die Gesichtszüge Merits trug.
    Amenophis sah mich mit ernstem Gesicht an, dann zog er die Augenbrauen nach oben. «Arbeitet Thutmosis noch länger für dich, oder kann ich ihn haben?»
    «Eine Arbeit, die kurz vor ihrer Vollendung steht, wollte er für mich noch fertig stellen. Lass ihn mir noch eine Woche!»
    «Zwei Wochen! Aber dann will ich ihn sehen!»
    Amenophis hatte also sein Versprechen wahr gemacht und war zusammen mit Teje unser erster Gast. Wir aßen in unserem großen Festsaal zu den Klängen einiger Musikanten und tranken einen herrlichen Wein, der unseres Herrschers würdig war. Zuletzt saßen wir auf unserer Dachterrasse und genossen die Kühle des Abends.
    Plötzlich lachte Amenophis, zeigte mit der Rechten nach Westen und sagte: «Eines Tages, wenn ich dort drüben auf der Terrasse meines Palastes sitzen werde, können wir uns zuwinken oder wie die Seeleute mit Zeichen verständigen.»
    «Wann wirst du mit den Arbeiten beginnen?», fragte Teje, und wir alle sahen Ameni neugierig an.
    «Noch nicht so bald. Ich will erst die wichtigsten Arbeiten an den beiden Tempelanlagen voranbringen. Erst danach kommt mein Haus an die Reihe. Wenn wir an zu vielen Baustellen gleichzeitig arbeiten, kommt keine von ihnen richtig voran, und die Arbeit wird nur schlampig verrichtet.»
    Merit war an diesem Abend auffällig still und zurückhaltend. Als wir im Fenster unseres Schlafzimmers

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