Im Land des Falkengottes. Amenophis
erholen und um ihre Ausrüstung auszubessern. Die Offiziere überprüften die Waffen und die Wagengespanne, während die Tierpfleger die Pferde und die Maultiere versorgten. Nimuria, Merimes und einige Offiziere, zu welchen auch ich gehörte, erkundeten die Umgebung und verschafften sich anhand von Zeichnungen ein Bild von der Gegend. Durch Kundschafter erfuhren wir, dass Icheni und seine Verbündeten in einem Tal nördlich der Einmündung des Atbara in den Nil ihr Lager aufgeschlagen hatten. Dieser Platz war gut gewählt, denn so konnte der Feind unser Heer von weitem kommen sehen und auf jede unserer Bewegungen frühzeitig reagieren.
«Kennen wir die wirkliche Stärke der Feinde?», fragte Pharao in die Runde der Offiziere, die sich in seinem Zelt versammelt hatten. «Kennen wir ihre Bewaffnung und ihre Reserven?»
«Majestät, wir verfügen nur über Schätzungen, und die gehen weit auseinander. Einige meiner Kundschafter schätzen ihr Heer auf fünftausend Mann, andere auf siebentausend», musste Merimes zugeben.
«Es wäre unter keinen Umständen zu verantworten, die beiden Heere aufeinander loszuhetzen, ohne den Feind exakt einschätzen zu können.» Die Stimme Amenis klang etwas ratlos. «Unsere Streitwagen würden ihre Wirkung nahezu verlieren», gab er selbst zu bedenken.
«Nicht, wenn sie dem Feind in den Rücken fallen könnten.»
Ich hielt meine Bemerkung für sehr klug, doch alle sahen mich mit großen Augen an.
«Euer Einwand, edler Eje, ist aus der Sicht eines Soldaten nicht von der Hand zu weisen. Nur ihn auszuführen, wäre nahezu selbstmörderisch», setzte mir Merimes mit blitzenden Augen entgegen.
«Lässt er sich ausführen oder nicht?», fragte Nimuria ungeduldig.
«Unmittelbar südlich der Stromschnelle führt ein schmaler Pfad in östliche Richtung über die Hügel und stößt etwas weiter, zwischen steilen Felsen hindurch auf den alten Handelsweg, der nach Osten zum Meer und nach Westen zur Flussmündung führt. Wenn es uns gelänge, die Streitwagen unbemerkt über den Pass zu bringen, könnten wir dem Heer Ichenis von Osten her in die Flanke fallen.»
Nachdem Merimes geendet hatte, schwiegen alle.
Dann fuhr er selbst fort: «Sollte allerdings Icheni auf ein solches Manöver vorbereitet sein und in den Bergen Truppen stationiert haben, ist dieses Unterfangen ohne jede Aussicht auf Erfolg.»
So beendete Merimes seine Rede.
«Es ist Vollmond», spann Ameni den Gedanken fort. «Man findet also auch ohne Licht den Weg durch die Felsen. Schafft man den Weg in einer Nacht, selbst wenn die Wagen nur langsam vorwärts kommen?»
«Die Zeit, Majestät, es zu schaffen, ist weniger meine Sorge. Ich befürchte nur, dass wir gesehen und gehört werden», gab Merimes wieder zu bedenken.
«Reibt alles was blinkt und glänzt an den Wagen, an der Ausrüstung und an den Pferdegeschirren mit Nilschlamm ein. Sucht im Lager alles an Tuch, was ihr findet und was nicht dringend gebraucht wird. Lasst damit die Wagenräder und dieHufe der Pferde umwickeln. Wenn das Tuch nicht reicht, dann zerschneidet die Zeltbahnen und wenn es sein muss, schreckt auch vor meinem Zelt nicht zurück. Heute am späten Nachmittag werden unsere Fußtruppen unter der Führung Merimes bis zum Eingang des Tales, in dem das feindliche Lager steht, vorrücken. Dort werden sie die Schlachtaufstellung einüben. Zwanzig Streitwagen bleiben hier. Sie sollen immer wieder an verschiedenen Stellen aus dem Rücken der Fußtruppen auftauchen. Der Feind soll glauben, ihm stünden alle unsere Streitwagen gegenüber. Erst nach Sonnenuntergang beendet ihr die Übung und beschäftigt den Feind mit lautem Gesang und frechen Reden. Sobald der erste Sonnenstrahl über den Berg in das Tal fällt, greift ihr an. Entweder wir sind dann zur Stelle, oder wir gehen alle unter. Mein Vater Amun stehe uns bei!»
«Majestät, erlaubt Ihr gleichwohl, dass ich einen Späher entsende, um die Zahl der Feinde doch noch zu erfahren?»
Merimes sah Nimuria mit flehenden Augen an.
«Wer ist bereit, diesen Auftrag zu übernehmen?»
Es meldete sich Maj, ein junger und mutiger Offizier der Fußtruppen aus der Division des Amun.
«Merke dir Maj: Bei Sonnenaufgang greifen wir an, gleich, ob du da bist oder nicht!»
Die Wagenlenker und Pferdeknechte verbrachten nahezu den ganzen Tag damit, die Waffen, die Wagen und das Zaumzeug so vorzubereiten, wie Pharao es befohlen hatte, und verschmierten alle glänzenden Teile mit Schlamm. Erst kurz vor Abmarsch verbanden sie
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