Im Land des Falkengottes. Echnaton
Familie im Süden der Stadt erbaute, wuchs schneller empor, als ich zunächst gehofft hatte. Echnaton achtete sehr darauf, dass auch die Häuser seiner Untertanen zügig errichtet wurden, denn sie sollten alle bewohnbar sein, wenn einst der große Umzug stattfand.
Die wirklich großen Paläste waren freilich der königlichen Familie vorbehalten. Von all den anderen Palästen aber war der, welchen ich mir erbaute, der prächtigste. Alles, was ich im Laufe meines Lebens andernorts in Ägypten und Babylon an Schönem und Nützlichem gesehen hatte, wollte ich hier verwirklichen. Ich erinnerte mich der Badezimmer im Palast meines Schwiegervaters Imresch in Babylon. Sie waren üppig bepflanzt wie kleine Palastgärten, und überall gab es Brunnen und Figuren, aus welchen warmes und kaltes Wasser sprudelte. Ich erinnerte mich der Wände und Fußböden im Palast der leuchtenden Sonne, die mit Landschaften voller Blumen und Tiere bunt bemalt waren. Und ich hatte das Haus des weisen Merire mit all seinen Möglichkeiten, die Temperatur im Inneren so angenehm wie möglich zu halten, vor Augen.
Die Außenwände ließ ich zweifach mauern, denn Merire hatte mir vorgerechnet, dass es etwa acht Stunden dauerte, ehe die Hitze durch Mauern dieser Stärke drang. So erreichte die Wärme des Tages erst gegen Abend die Innenräume, was im Sommer durch nächtliches Lüften ausgeglichen wurde und während der kühleren Jahreszeit ohnehin willkommen war. Das Dach bestand aus mehreren übereinander liegenden Schichten von Balken und Brettern, die durch seitliche Öffnungen belüftet wurden, aber durch eine ausgeklügelte Hebelvorrichtung jederzeit geschlossen werden konnten. Auch die Innenwände bestanden aus zwei Ziegellagen, damit so wenig Wärme wie möglich in die Innenhalle gelangte. In ihrer Mitte ließ ich einen gemauerten Springbrunnen aufstellen, dessen Innenseiten mit bunt glänzenden Fliesen belegt waren. Auch in den vier Ecken brachte ich kleine sprudelnde Brunnen an, deren Wasser in schmalen Kanälenin die Mitte des Raumes lief, um von dort mit dem Wasser des Springbrunnens nach draußen in einen der Fischteiche zu fließen. Alle Schlafzimmer lagen an der Nordseite des Palastes und waren von zwei Lüftungshauben bekrönt. Die Öffnung der einen zeigte nach Norden, die der anderen nach Westen, damit sie so die nächtlichen, kühlenden Winde auffingen und in den darunter liegenden Schlafraum führten, gleich aus welcher der beiden Richtungen sie kamen.
Obwohl ich auf all diese Annehmlichkeiten größten Wert legte und ihre Ausführung bis in jede Einzelheit selbst überwachte, lag mir doch die Anlage meines Gartens besonders am Herzen. Nicht, dass ich mit meinem Garten in Waset unzufrieden geworden wäre, doch die Möglichkeiten, hier auf einem völlig unberührten Flecken Erde einen Garten ausschließlich nach meinen Vorstellungen anzulegen, reizte mich über alle Maßen und ließ mich nahezu jede Anstrengung unternehmen. Ich zog alte Gärtner aus Men-nefer und Waset zurate und scheute nicht einmal davor zurück, mit Erlaubnis Pharaos den Palastgärtner von Merwer aus der Oase Fajum zu mir zu bitten. Ich hätte nicht gedacht, dass es möglich war, in kleiner Runde so heftig zu streiten, wie es diese Gärtner taten. Sie stritten, ob dieser oder jener Baum sich mit einem dritten vertrug, ob ein bestimmter Strauch nahe am Wasser stehen durfte oder nicht, oder ob sich die weißen Blüten des Jasmins mit den gelben Blüten der Akazien vertrugen. Mehrmals war ich kurz davor, sie alle hinauszuwerfen.
Es war früher Nachmittag, als wir auf der Terrasse meines Palastes saßen und darüber berieten, mit welchen Wasserpflanzen die vier künstlichen Teiche des Gartens bestückt werden sollten, da erschien mein Schreiber und hielt mir schweigend ein mehrfach gefaltetes Stück Papyrus hin. Erst wollte ich es ungelesen zur Seite legen, da ich nicht abgelenkt werden wollte. Ich hatte meine Hand bereits ausgestreckt, um das Schriftstück unter einen Krug auf dem Tisch zu schieben, da überlegte ich es miranders. Als hätte ich etwas vor den Gärtnern zu verbergen, entfaltete ich den Papyrus wie ein Schüler, der nicht entdeckt werden will, unterhalb der Tischkante auf meinem Schoß. Nicht in Schreibschrift, sondern in fein gemalten heiligen Zeichen stand auf dem Fetzen geschrieben:
«Der Gute Gott ist in Gefahr. Kommt morgen vor Sonnenaufgang allein zum Totentempel von Osiris Maat-ka-Re.»
Ich faltete den Papyrus wieder zusammen und wollte
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