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Im Land des Falkengottes. Echnaton

Im Land des Falkengottes. Echnaton

Titel: Im Land des Falkengottes. Echnaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schramek
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tote Frau hinüber begleitete in die kleine Zeltstadt, wo die Balsamierer ihr ungeliebtes, aber unerlässliches Werk taten.
    Ich ging nicht zurück in meinen Palast. Ich nahm mir ein Schiff und befahl dem Kommandanten, mich vier Stunden lang flussaufwärts zu fahren. Nur Ipu hatte mich zu begleiten, Nacht fuhr zurück zu meinem Palast und hatte sich dort bereit zu halten, um sich den bohrenden Fragen meiner Töchter zu stellen und sich geduldig deren wütende Vorwürfe über mein Verhalten anzuhören. Er wusste, was auf ihn zukam, aber er wusste auch, dass ich es ihm angemessen vergelten würde.
    Die Fahrt auf dem Schiff war angenehm. Der Kommandant war unaufdringlich, stellte keine Fragen und führte das Schiff sicher durch Herden von Flusspferden und Klippen hindurch nach Süden. Ich suchte mir einen Platz am Bug des Schiffes, genoss die Aussicht und den Fahrtwind und wäre am liebsten so in einem Stück bis Waset gefahren. Ohne mit irgendjemandem reden zu müssen, hatte ich Zeit, die Vogelschwärme zu beobachten, die von uns aufgeschreckt in die Luft stiegen, über uns einige weite Kreise zogen, um wenige hundert Ellen weiter wieder in das Schilfdickicht einzufallen. Hier und da sah ich in Ufernähe die kugeligen Glotzaugen lauernder Krokodile und weiterunten, nach etwa zwei Stunden Fahrt, eine ganze Löwenfamilie, die im Schatten des Ufergebüschs neben den blutigen Resten ihres Mahles Mittagsschlaf hielt. Nach knapp vier Stunden erreichten wir ein kleines Dorf, dessen Namen ich längst vergessen habe. Dort legten wir an.
    Es gab nicht viel zu sehen, nicht einmal einen kleinen Tempel, und so war ich froh, dass ich in der einzigen Schänke des Ortes etwas zu essen und einen Becher Bier bekam. Die Bewohner des Dorfes hielten mich wohl für einen Steuereintreiber, der ihnen durch einen Überraschungsbesuch Angst einjagen wollte. Ich gab vor, ein harmloser Reisender zu sein, und verließ nach einer Stunde diesen so bedeutungslosen Ort.
    Auf der Rückfahrt begann ich, mich mit den bevorstehenden Trauerfeiern und der Beisetzung vertraut zu machen. Das Grab, das für mich und meine Familie vorgesehen war, war noch lange nicht vollendet, und so blieb mir – wie schon bei Merit – nichts anderes übrig, als dass ich mich um ein anderes, fertig gestelltes Grab für Ti bemühen musste.
     
    Mein Schreiber Nacht bestätigte mir nach meiner Rückkehr, dass er sich stellvertretend für mich fürchterliche Vorwürfe einer über die Maßen aufgebrachten Mutnedjemet anhören musste, während Nafteta einfach nur traurig gewesen sei. Ich nahm es mit einem Achselzucken zur Kenntnis, bedankte mich bei ihm mit zwei Goldstücken für seinen treuen Dienst und zog mich zurück. Ich badete mich, ließ mich von meinem Diener massieren, von lästigen Haaren befreien und mit Duftölen einreiben. Es war jetzt später Nachmittag, und so nutzte ich das verbleibende Tageslicht, um meinem Freund Ameni einen langen Brief zu schreiben und ihm von all dem zu berichten, was sich hier ereignet hatte. Zuletzt stellte ich ihm in Aussicht, dass ich nach der Bestattung meiner Frau für längere Zeit nach Waset und zu ihm in den Palast der leuchtenden Sonne kommen würde.
    Schon zehn Tage später erhielt ich seine Antwort. In gefühlvollenWorten sprach er mir sein Beileid aus, riet mir, dass ich mit meinen Töchtern wieder meinen Frieden machen sollte, und schrieb zuletzt: «Zögere nach Erfüllung deiner traurigen Pflicht nicht, dein Versprechen einzulösen! Eile so schnell du kannst! Ich sehne mich danach, dich wieder zu sehen. Ameni.»
    Der Brief war einer Holzschatulle beigefügt, die einen kostbaren Uschebti barg, eine vergoldete Arbeiterfigur, wie man sie den Toten mit in das Grab gibt, damit sie ihnen im Jenseits zu Diensten sind. Sie war für Ti bestimmt.
     
    Amenophis hatte Recht, ich musste mich mit meinen Töchtern wieder vertragen. Mutnedjemet kam regelmäßig nach Hause, ging mir aber so gut sie konnte aus dem Weg, um abends wieder in den Nordpalast zu ihrer Schwester zurückzukehren.
    «Wie lange meinst du, soll dieser Zustand noch andauern?», fragte ich sie, als sie schweigend neben mir auf der Terrasse stand und auf den Offizier wartete, der sie im Auftrag Nofretetes wieder abholen sollte.
    «Ich bin für diesen Zustand nicht verantwortlich, Vater. Vielleicht solltest du die Frage an dich selbst richten», gab sie schnippisch und rechthaberisch zurück.
    «Willst du mir nicht sagen, was ich getan haben soll, wenn du mich für das

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